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Parents Circle Mütter

© Parents Circle-Families Forum

Ein Lichtstrahl in finsterer Zeit: Es geht auch anders in Nahost, ganz anders

Im „Parents Circle“ haben sich Israelis und Palästinenser zusammengeschlossen, die durch die Gewalt Angehörige verloren haben. Sie treten für Versöhnung ein und gegen die Gewalt.

Es ist ein Dokument, das heraussticht, sich abhebt von all den routinierten Stellungnahmen des Verurteilens, Mahnens und Verdammens. „Unsere Herzen sind zerbrochen“, heißt es, unterzeichnet von der Palästinenserin Nadine Quomsieh und dem Israeli Yuval Rahamim. Sie sind Ko-Direktoren des „Parents Circle-Families Forum“ (PCFF). Der Kernsatz heißt: „Es muss sich etwas ändern.“

In der vor fast 30 Jahren gegründeten Organisation haben sich mehr als 600 israelische und palästinensische Familien zusammengeschlossen. Sie alle haben in dem Konflikt mindestens einen Angehörigen verloren. Eine Tochter, einen Sohn, eine Mutter, einen Vater, eine Großmutter, einen Großvater. Sie eint die Trauer und der Wille, die Gewalt zu überwinden und ihre Völker zur Versöhnung aufzurufen.

Das mag in diesen Tagen naiv und weltfremd klingen. Es lässt sich aber auch anders verstehen – als eine Mini-Insel der Hoffnung in einem Meer aus Gewalt, Hass, Depression. „Der endlose Kreislauf des Blutvergießens bringt Schmerz und Leid über unschuldiges Leben“, heißt es in der PCFF-Erklärung aus der vergangenen Woche. „Die sichtbaren und die unsichtbaren Opfer verdienen unsere unbeirrbare Unterstützung und unser Mitgefühl, da sie mit dem tiefen Trauma ringen, das sie auf immer begleiten wird.“

Barack Obama lobte den PCFF in seiner legendären Grundsatzrede

Ins Licht der Weltöffentlichkeit geriet der PCFF im Mai 2011 in der legendären Grundsatzrede von US-Präsident Barack Obama zur Lage im Nahen Osten. Obama erinnert an den Gründungsgedanken: „Wir sehen diesen Geist in dem israelischen Vater, dessen Sohn von der Hamas getötet worden war und der dann half, eine Organisation zu gründen, die Israelis und Palästinenser zusammenbrachte, die Angehörige verloren hatten.“

Im Juli 1994 war der 19-jährige israelische Soldat Arik Frankenthal von der Hamas entführt und ermordet worden. Ein Jahr später gründete Ariks Vater, Yitzhak Frankenthal, gemeinsam mit anderen Familien von Opfern den PCFF. Sie seien die einzige Organisation der Welt, die keine neuen Mitglieder haben will, sagen sie über sich selbst.

„Worte können Wunden nicht heilen oder verlorene Leben zurückbringen

Seitdem sind diverse Friedens- und Menschenrechtspreise an die Organisation verliehen worden. Sie traf sich sowohl mit Jassir Arafat als auch mit Schimon Peres, dem jordanischen König Abdullah und Papst Benedikt. Angeregt durch den PCFF lief im israelischen Fernsehen zur Hauptsendezeit eine Serie in zehn Folgen, in deren Mittelpunkt das Leben und die Familien von zwei Köchinnen stand – einer Israelin und einer Palästinenserin. Die Dialoge waren auf Hebräisch und Arabisch mit Untertiteln in beiden Sprachen.

„Auch wenn Worte Wunden nicht heilen können oder verlorene Leben zurückbringen, können sie doch als Mahnung an unsere gemeinsame Verantwortung dienen, diesen Teufelskreis der Gewalt zu beenden“, schreibt der PCFF in seiner Erklärung zu den aktuellen Ereignissen. „Wir müssen unermüdlich für eine Zukunft arbeiten, in der die Menschen dieser Region ohne Angst leben können, in der Kinder sicher aufwachsen können und in der die Saat der Hoffnung gedeihen kann.“  

Die Mitglieder des PCFF treffen sich regelmäßig, organisieren Seminare, halten Vorträge und veranstalten gemeinsame Gedenkfeiern. Sie besuchen ehemalige palästinensische Dörfer ebenso wie das Yad Vashem Holocaust Museum. Das gefällt nicht jedem. Sie würden gemeinsame Sache mit dem Feind machen, wird ihnen vorgehalten – von beiden Seiten.

In Hamburg, in der Christuskirche in Othmarschen, fand am Mittwoch ein jüdisch-arabisches Konzert für Frieden in Nahost statt. Yuval Rahamim und Wajih Tmaiza vom PCFF wurden per Video zugeschaltet. Ein Lichtstrahl in finsterer Zeit.

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