zum Hauptinhalt
Baustelle Museumsinsel: Im Jahr 2027 soll der erste Bauabschnitt des Pergamon-Museums  abgeschlossen sein.

© imago/Stefan Zeitz

Die Stiftung Preußischer Kulturbesitz reformiert sich: Entlassen in die Freiheit im neuen Jahr

Ab 1. Januar erhalten die Staatlichen Museen eigene Budgets, die Generaldirektion gibt es dann nicht mehr. Erstmals dürfen sie über Personal und Ausstellungsvorhaben selbst entscheiden.

Drei Jahre ist es her, dass der Wissenschaftsrat der Stiftung Preußischer Kulturbesitz sein Gutachten vorlegte und deutliche Strukturreformen verlangte. Ab Januar 2024 soll es endlich werden, erste Änderungen greifen dann. Was nach Schneckentempo klingt, ist für einen der größten Museums- und Forschungsverbünde der Welt ein gewaltiger Schritt.

Den Museen werden dann eigene Budgets gewährt, damit sie stärker Verantwortung tragen und Entscheidungen bei Personal oder Ausstellungsvorhaben selbstständig fällen können. Jedes Haus soll sich dadurch direkter nach den Bedürfnissen seiner unterschiedlichen Publika richten können: Das Neue Museum und seine Nofretete spricht anders an als etwa das Münzkabinett. Die Häuser sind damit ein großes Stück   in die Freiheit entlassen, denn ab 1. Januar gibt es die Generaldirektion nicht mehr, über die bisher alles abgewickelt werden musste. Eine neue Ära beginnt.

Zwischen 150.000 und 400.000 Euro stehen den Museen dann zur Verfügung, welche durch eingeworbene Mittel aufgestockt werden können. Als Anreiz erhalten die Häuser die akquirierte Summe noch einmal in gleicher Höhe. Wie schon bei den Universitäten wird dann die leistungsbezogene Mittelvergabe auch bei den Museen Praxis. Der Wettbewerb untereinander biete zusätzlichen Anreiz, zeigte sich Stiftungspräsident Hermann Parzinger im Gespräch mit dem Tagesspiegel überzeugt.

400 Millionen Euro
standen der Stiftung Preußischer Kulturbesitz als Summe im Haushalt 2023 zur Verfügung. Für die Reform braucht sie mehr.

Lange bestand darüber Unklarheit, ob und was sich hinter den Stiftungsmauern tut, seitdem der Wissenschaftsrat im Sommer 2020 sein vernichtendes Urteil fällte und gar eine Auflösung des Verbunds wegen Ineffizienz empfohlen hatte. Mit dem seit 2008 amtierenden Stiftungspräsidenten Hermann Parzinger als oberstem Reformer war die geforderte Zerschlagung der Strukturen kaum zu erwarten.

Baustelle Kulturforum: Für das neue Museum des 20. Jahrhunderts, das nun unter dem Namen berlin modern firmiert, sind eine halbe Milliarde Euro einkalkuliert. Grundsteinlegung ist im Februar.
Baustelle Kulturforum: Für das neue Museum des 20. Jahrhunderts, das nun unter dem Namen berlin modern firmiert, sind eine halbe Milliarde Euro einkalkuliert. Grundsteinlegung ist im Februar.

© IMAGO/Ralf Pollack / IMAGO/Ralf Pollack

Und doch hat der von ihm geleitete neue Interimsvorstand – bestehend aus drei Vertretern der Staatlichen Museen, einer Vertreterin der kleineren Einrichtungen, dem Generaldirektor der Staatsbibliothek und Parzingers Vize – dem Stiftungsrat nun einen Fahrplan vorgelegt, der bis zum Ende 2025 einen Umbau vorsieht, wenn auch weiterhin unter dem Dach der Staatlichen Museen zu Berlin.

Bis zum Ende des Jahrzehnts will sich die Stiftung vollständig reformiert haben, Vision „SPK 2030“ lautet das Ziel. Wenn das neue Setting steht und man weiß, wie das „Kind“ aussieht, soll wieder über einen neuen Namen nachgedacht werden, über den zuletzt heiß diskutiert wurde.

Vor einem Jahr nahm der Interimsvorstand seine Arbeit auf, seit dem Sommer beraten durch die Agentur Partner Deutschland, die vom Bundeskulturministerium an die Seite gestellt worden war, um ein neues Organisationsmodell zu entwickeln. Zu den größten Änderungen neben den eigenen Budgets gehört die Verlagerung der bisher zentralisierten Bereiche Bildung und Vermittlung ab Sommer an die einzelnen Häuser.

Außerdem sollen eigene Teams für Kommunikation, Ausstellungsvorbereitung und Hausdienste an den sogenannten Museumsclustern entstehen, um bei Bedarf schneller reagieren zu können: jeweils eins für die Museumsinsel, für den Hamburger Bahnhof und Dahlem, für die Neue Nationalgalerie und ihre Gebäude sowie das übrige Kulturforum. Das berühmte von der Decke hängende Modul im Direktionsbüro der Neuen Nationalgalerie, über das sich Klaus Biesenbach monatelang an seinem neuen Arbeitsplatz ärgerte, dürfte dann zügiger repariert werden.

Eine Voraussetzung für die Transformation ist allerdings die Erhöhung des Anteils der Länder am Budget um zehn Prozent. Stiftungspräsident Parzinger gibt sich optimistisch, schön hätten der Bund und die Länder Bereitschaft signalisiert, die Stiftung besser auszustatten. 2023 belief sich der Etat auf 400 Millionen Euro. Allerdings weiß er um den ungünstigen Zeitpunkt angesichts einer angespannten Haushaltslage.

Außerdem müssen sich die Ministerpräsidenten und der Kanzler auf ein neues Stiftungsgesetz einigen, um die Anteile von Bund, Ländern und Berlin zu modifizieren. Gespräche laufen. Um die Notwendigkeit auch einer finanziellen Veränderung zu demonstrieren, macht die Stiftung nun am 1. Januar ihren ersten großen Schritt. Die Träger sollen vorgeführt bekommen, dass es sich lohnt zu investieren, so lautet die Hoffnung von Parzinger. Knapp 2000 Mitarbeiter gehen ihn mit. Für viele von ihnen verspricht es ein spannendes neues Jahr zu werden.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false