zum Hauptinhalt
Finanzsenator Stefan Evers (CDU). (Archiv)

© dpa/Paul Zinken

Update

Versorgung von Geflüchteten: Berliner Senat plant Mehrausgaben von 600 Millionen Euro

Kurz vor der Verabschiedung des Haushalts für die Jahre 2024 und 2025 legt der Senat dem Parlament eine teure Projektliste vor. Die Finanzierung ist unklar.

| Update:

Der Berliner Senat plant in den kommenden beiden Jahren deutlich mehr Ausgaben als bisher bekannt. CDU und SPD legten dem Abgeordnetenhaus im Zuge der aktuellen Haushaltsberatungen eine sogenannte „Nachschiebeliste“ mit Projekten vor, die die Koalition in den kommenden Jahren umsetzen will. Zuerst hatte der RBB darüber berichtet.

Demnach belaufen sich die Mehrausgaben für 2024 und 2025 insgesamt auf rund 670 Millionen Euro. Der mit Abstand größte Teil davon soll mit 600 Millionen Euro für die Unterbringung von Geflüchteten ausgegeben werden. „Die aktuell stark gestiegenen Zugangszahlen machen einen Bedarf an 8000 weiteren Unterbringungsplätzen (...) erforderlich“, heißt es in dem Papier der Finanzverwaltung. Ein Teil der Plätze wurde bereits in diesem Jahr errichtet.

Dazu kommen Mehrausgaben im niedrigen zweistelligen Millionenbereich für die Umsetzung der Maßnahmen aus dem Sicherheitsgipfel, die Organisation der Fußball-EM in Berlin und für die Träger der freien Schulen, um Tariferhöhungen bei den Beschäftigten zu refinanzieren. Da der Senat nach der jüngsten Herbst-Steuerschätzung auch mit weniger Steuereinnahmen für die kommenden beiden Jahre rechnet, beläuft sich das zusätzliche Haushaltsdefizit auf insgesamt 882 Millionen Euro. Diese Summe kommt zu dem ohnehin bereits bestehenden Defizit von drei Milliarden Euro dazu.

Gegenfinanzierung ist offen

Wie der Senat die Mittel konkret gegenfinanzieren will, ist offen. In dem Schreiben der Senatsfinanzverwaltung heißt es: „Der verursachte Finanzierungsbedarf kann nur durch eine Erhöhung der konsumtiven pauschalen Minderausgaben erfolgen.“ Das bedeutet, dass das Defizit durch geplante, aber am Ende nicht benötigte Mittel finanziert werden muss. Dies kann über verschiedene Wege, wie zum Beispiel ein nicht ausgeschöpftes Förderprogramm, erfolgen.

Überlegungen dazu, wie in Zukunft Geld gespart werden soll, präsentierten CDU und SPD vor rund zwei Wochen. Unter anderem soll die Finanzierung der Personalkosten umgestellt werden. Geld soll es in Zukunft nur für tatsächlich eingestelltes Personal und nicht wie bisher für jede geplante Stelle geben.

Insbesondere die Bezirke äußern deutliche Kritik an diesem Vorhaben und drohen mit einem Scheitern der geplanten Verwaltungsreform. Derzeit nutzen die Bezirke überschüssige Personalmittel, um damit andere Projekte zu finanzieren. Von CDU und SPD hieß es, die Neuregelung könne pro Bezirk jährlich bis zu 18 Millionen Euro einbringen.

Grüne und Linke kritisieren unseriöse Haushaltspolitik

Der Grünen-Haushaltsexperte André Schulze kritisiert das Vorgehen der schwarz-roten Koalition wenige Tage, bevor das Parlament den Haushalt verabschieden soll. „Der Senat setzt mit der vorliegenden Nachschiebeliste seinen unseriösen haushaltspolitischen Kurs fort“, sagte Schulze dem Tagesspiegel. „Statt eine solide Gegenfinanzierung vorzulegen, wird die Einsparvorgabe in Form der Pauschalen Minderausgabe weiter erhöht.“ Diese Einsparvorgabe entspricht laut Schulze etwa sieben bis acht Prozent der Ausgaben aller Senatsverwaltungen.

Durch die Nachschiebeliste werde ein Problem noch weiter verschärft, das der Haushalt ohnehin habe, sagt auch der haushaltspolitische Sprecher der Linksfraktion, Steffen Zillich. „Das vereint in sich die Tücken der gesamten Haushaltsplanaufstellung.“ Die Mehrausgaben für Geflüchtete könne man in der Sache rechtfertigen, sagte der Linken-Politiker. Allerdings sorge die unklare Finanzierung von nun insgesamt fast vier Milliarden Euro für „Unsicherheit in die Stadt“. Vor allem Sozialangebote sieht Zillich damit unter dem „Damoklesschwert der Auflösung der Pauschalen Minderausgaben“.

Die AfD-Fraktion kritisiert unterdessen, dass das Parlament am Freitagmorgen mehr als einhundert weitere Änderungsanträge zum Haushalt erreicht hätten, die noch am gleichen Tag im Hauptausschuss beschlossen werden sollten. „Ein solches Vorgehen hat mit seriöser Politik nichts mehr zu tun“, sagte Fraktionschefin Kristin Brinker. Es sei schlicht unmöglich, derart viele Änderungsanträge in kurzer Zeit vernünftig zu bewerten „Schwarz-Rot offenbart mit dieser Überrumpelungstaktik eine erschreckende Missachtung des Parlaments“, sagte Brinker.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false