zum Hauptinhalt
Gute Worte für den Kanzler. Bischof Georg Bätzing, Bundeskanzler Olaf Scholz und Gastgeber Karl Jüsten auf dem Weg zu wegweisenden Impulsen.

© PR/Ewelina Sowa

Traditioneller St.-Michael-Empfang in Berlin: Mit Bundeskanzler und Bischöfen über Nächstenliebe und KI

Unter den Gästen des St.-Michael-Empfangs des Kommissariats der deutschen Bischöfe war in diesem Jahr auch Bundeskanzler Olaf Scholz. Ein wichtiges Thema war der Mitgliedermangel.

Für Politiker, die sich in all den stressigen Auseinandersetzungen mal nach guten Worten sehnen, ist der jährliche St.-Michael-Jahresempfang ein Muss. Trotz der schwindenden Zahl der Kirchenmitglieder konnte sich Gastgeber Karl Jüsten, der Leiter des Kommissariats der deutschen Bischöfe, am Montagabend über eine hohe Teilnahmequote freuen.

Gelebte Wertschätzung

Bundeskanzler Olaf Scholz wurde für seine Teilnahme in herausfordernder Zeit besonders gelobt. Gelebte Wertschätzung spielt bei diesem Empfang immer eine große Rolle. Auf die Teilnehmer, darunter Friedrich Merz, Wolfgang Thierse und kirchliche Würdenträger wie Kardinal Reinhard Marx, Nuntius Nicola Eterovic sowie die Bischöfe Heiner Koch und Franz-Josef Overbeck, warteten gleich zwei wegweisende Impulsvorträge.

Der Nuntius bei der Europäischen Union und frühere Bischof von Belfast, Noël Treanor, sprach über die Kunst des Kompromisses und Gefahren und Chancen künstlicher Intelligenz. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, begann den Abend mit der Frage, ob die im Niedergang begriffenen Kirchen noch in der Lage sind, die christliche Botschaft wirklich zu vermitteln. Um dann darzulegen, dass die Kirche sich nicht im Abbruch befinde, sondern im Umbruch.

Nachwuchs nicht mehr selbstverständlich

Bätzing markierte auch die Hürden sehr realistisch, allen voran das Glaubwürdigkeitsproblem, das die Kirche im Missbrauchsskandal durch Beschönigen, Wegschauen und Vertuschen bekommen habe. Auch könne man auf Nachwuchs nicht mehr durch automatische Bindung an die Kirche zählen, was beispielsweise auch Ehrenämter betreffe.

„Die Freiheit der individuellen Entscheidung ist gut“, sagte er. „Wir wollen gar nicht in frühere Zeiten zurückfallen.“ Er sei besonders dankbar für die Menschen, die im Haupt- und Ehrenamt und in ihrem alltäglichen Leben der frohen Botschaft ein Gesicht gäben. Es ging dann noch um das Streben nach Transparenz und Partizipation und um die Notwendigkeit, Verantwortung zu tragen angesichts der gesellschaftlichen Erosionsprozesse. Auch der Schutz des Lebens, besonders am Anfang und am Ende, kam zur Sprache.

Praktische Ideen zur Nächstenliebe

Die Kirche stehe für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung, allerdings würden viel mehr Taten gebraucht. „Unsere Anliegen sind die Anliegen vieler Menschen“, sagte Bätzing. Die Kirche könne mit ihren praktischen Ideen zur Nächstenliebe dazu beitragen, die Gesellschaft zusammenzuhalten.

Ob man auch künstlicher Intelligenz Nächstenliebe beibringen kann? Die Frage sparte der irische Bischof Noël Treanor aus. Ihm ging es eher um praktische Hinweise für Frieden statt Polarisierung. Sein Plädoyer galt vor allem der Bedeutung und Wirkungsmacht der Fakten, die derzeit immer wieder von Stimmungsmache überrollt würden.

Verführende Algorithmen

Algorithmen seien auch eine Versuchung, nur Informationen zu konsumieren, die ins eigene Weltbild passen. Wie wichtig es ist, auf Fakten zu bauen statt auf Gerüchte und Gefühle, hat er im Friedensprozess in Nordirland erfahren. Auch wenn der Austausch von faktenbasierten Argumenten zeitraubend und mühsam sei, gebe es aus seiner Sicht dazu keine Alternative. Das gilt gerade auch für die hohe Kunst, vernünftige Kompromisse zu finden und zu respektieren.

„Wir alle stehen in der Verantwortung, mit unserer Demokratie achtsam umzugehen“, sagte Treanor. Künstliche Intelligenz sei weder gut noch böse, sondern verhalte sich so, wie es Menschen ihr beigebracht haben. „Dies kann und sollte uns ein großer Ansporn sein – in der Konzeption von künstlicher Intelligenz“, sagte der Bischof weiter. Eingerahmt wurde das Programm vom rumänischen Roma Brass Band Orchestra. Eines der Mitglieder hatte vor Jahren auf der Straße gelebt und mit Hilfe der Kirche eine Wohnung gefunden. So kamen am Anfang und am Ende die Taten auch zu Gehör.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false