zum Hauptinhalt
Heikle Baustelle: Bei den Rückkaufplänen der Koalition geht es um viel Geld - und um die Frage, ob das Land es wirklich besser kann als private Betreiber.

© dpa

Betrieb der Versorgungsnetze: Strom, Wasser, Gas: Berlin will alles

Wasser, Strom, Gas – alles im Fluss. Denn in den nächsten Monaten stehen große Entscheidungen zur Versorgung der Stadt bevor. Der Senat plant millionenschwere Rückkäufe von Energienetzen und Wasserbetrieben.

Am Donnerstag debattierte das Abgeordnetenhaus auf Antrag der Linksfraktion über die Rekommunalisierung von Strom- und Gasnetz. Für beide läuft das Vergabeverfahren unter Regie der Finanzverwaltung – und um beide konkurriert das Land mit privaten Betreibern. Zugleich rückt der komplette Rückkauf der Berliner Wasserbetriebe (BWB) näher. Ein Überblick:

WASSER

Erstmals bestätigen Finanzverwaltung und Veolia Verhandlungen über den kompletten Rückzug des französischen Konzerns. Der hält 24,95 Prozent an den BWB und sieht sich nicht als Finanzinvestor, sondern als Fachunternehmen, das unternehmerische Entscheidungen treffen will. Das unterscheidet Veolia vom RWE-Konzern, der seinen ebenso großen Anteil Ende 2012 für 618 Millionen Euro ans Land verkauft hat. Was aus Sicht der SPD ein guter Preis war, will die CDU möglichst nicht noch einmal bezahlen. Auf welche Summe es hinausläuft, wird sowohl vom Ausgang eines seit Jahren laufenden Schiedsverfahrens zwischen den BWB-Teilhabern und dem Land um mehr als 300 Millionen Euro als auch von der Gerichtsentscheidung über die Berliner Wassertarife abhängen. Sollten die Richter – wahrscheinlich im Herbst – die dauerhafte Senkung der Preise erzwingen, würde das die Gewinne der BWB und damit auch den Wert des Veolia-Anteils schmälern. Bezahlt hatten RWE und Veolia nach der Teilprivatisierung 1999 insgesamt rund 1,7 Milliarden Euro. Finanzsenator Ulrich Nußbaum sagte am Donnerstag im Abgeordnetenhaus, er wolle zügig mit Veolia verhandeln und sei für den Rückkauf, sofern sich ein angemessener Preis vereinbaren lasse.

STROM

Zum Jahresbeginn 2015 wird die zurzeit von einer Vattenfall-Tochter gehaltene Konzession fürs Stromnetz – eine Art Betriebserlaubnis – neu vergeben. Das Land Berlin ist einer von acht Bewerbern, wobei auch eine Partnerschaft zwischen öffentlicher Hand und privatem Betreiber infrage kommt. Da eine Direktvergabe ans Land nicht erlaubt ist, kann der Senat nur mit dem besten Angebot gewinnen. Dabei bekommt die verantwortliche Stadtentwicklungsverwaltung Druck von der Initiative „Energietisch“, die ein Volksbegehren betreibt. Rund die Hälfte der benötigten knapp 200 000 Unterschriften sind beisammen; die Frist endet am 10. Juni. Der „Energietisch“ lehnt eine Kooperation mit Platzhirsch Vattenfall ab.

Sollte das Land gewinnen, müsste es grob geschätzt eine knappe Milliarde Euro an Vattenfall zahlen. Man sei bereit, das notwendige Geld im nächsten Doppelhaushalt einzuplanen, erklärte SPD-Energieexperte Daniel Buchholz am Donnerstag im Parlament. Die Investition soll während der Laufzeit – bisher waren es 20 Jahre – refinanziert werden. Dank staatlicher Regulierung sind die Einnahmen einigermaßen berechenbar, zugleich ist die politisch mögliche Einflussnahme begrenzt. Weniger sicher ist, ob die Mannschaft, die das Netz seit Bewag-Zeiten solide betreibt, komplett zum neuen Betreiber wechseln würde. Die Sicherheit dieser Arbeitsplätze war bei der Debatte am Donnerstag ein Thema im Parlament. In der Debatte warfen Linke, Grüne und Piraten dem Senat vor, das Konzessionsverfahren ohne Not unter Ausschluss der Öffentlichkeit zu betreiben. Die Finanzverwaltung halte die Kriterien für die Vergabe geheim und verhindere so, dass Parlament und Öffentlichkeit die künftige Energiepolitik beeinflussen.

GAS

Der Betrieb des zurzeit von der Gasag-Tochter NBB gemanagten Gasnetzes wird bereits Ende dieses Jahres neu vergeben. Auch darum hat sich das Land beworben – und konkurriert mit vier Mitbietern, die auch zu einer teilprivaten Variante bereit wären. Zwei würden das Netz auch allein betreiben. Politisch ist die Vergabe weniger brisant, was sowohl an den fehlenden Spielräumen beim Betrieb als auch an den Akteuren liegen dürfte. Der wegen Atomkraft und Braunkohle umstrittene Vattenfall-Konzern ist hier nicht im Rennen.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false