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She adds organic carrots to her grocery basket

© Getty Images/Ascent/PKS Media Inc.

Niemand gibt so viel Geld für Öko-Essen aus: Berlin ist Spitzenreiter bei Bio

Die Flaute ist vorbei. Berliner kaufen wieder mehr Bio-Lebensmittel. Die Brandenburger Landwirte ziehen mit, immer mehr Bauern stellen auf Öko um.

Der typische Bio-Kunde sieht so aus: Er ist 44 Jahre oder jünger, er hat Familie. Das Haushaltsnettokommen liegt bei 3500 Euro oder mehr. Er lebt in Berlin und ist bereit, einen größeren Teil seines Einkommens in Bio-Lebensmittel zu investieren, als es Menschen in anderen deutschen Bundesländern tun. Knapp zwölf Prozent der Ausgaben für Lebensmittel stecken Berliner in frische Bio-Milch, in Biobrot, Gemüse, Fleisch oder andere frische Nahrungsmittel aus ökologischer Erzeugung. Im Bundesschnitt sind es gerade einmal acht Prozent.

Michael Wimmer freut das. Er ist Geschäftsführer der Fördergemeinschaft Ökologischer Landbau Berlin-Brandenburg (FÖL). Der Verband ist das Sprachrohr der Bio-Branche in Berlin und Brandenburg. „Die Entwicklung ist positiv“, sagt er, die Umsätze steigen wieder. „Die Schockwelle ist einigermaßen verdaut“, berichtet Wimmer. Über 90 Prozent der Betriebe hätten sich erholt.

Erst top, dann Flop

Selbstverständlich ist das nicht. Denn die Bio-Branche hat eine steile Berg- und Talfahrt hinter sich. Sie profitierte wie keine andere von dem Bedürfnis der Menschen, sich während der Corona-Jahre etwas zu gönnen. Im ersten Corona-Jahr 2020 legte der Bio-Markt um 28 Prozent, ein Jahr darauf noch mal um acht Prozent zu. Doch dann kam der Absturz: 2022 sanken die Umsätze um 3,5 Prozent, die Bio-Erfolgsstory schien beendet. Angesichts der hohen Inflation war Sparen angesagt.

Doch die Flaute scheint vorüber zu sein. Dafür kann sich die Bio-Branche bei der Hauptstadtregion bedanken. In den ersten drei Quartalen des vergangenen Jahres haben Berliner und Brandenburger knapp fünf Prozent mehr für frische Bio-Lebensmittel ausgegeben als im Vorjahreszeitraum, das ist fast doppelt so viel wie der Bundestrend, haben die Konsumforscher der GfK herausgefunden. Nach Erhebungen der FÖL hat der Naturkostfachhandel in Berlin-Brandenburg, zu dem Bio-Supermärkte, -Lieferdienste, handwerklich arbeitende Bio-Betriebe und Bio-Direktvermarkter gehören, seinen Umsatz im vergangenen Jahr um 2,7 Prozent auf 668 Millionen Euro gesteigert.

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Prozent der Lebensmittelausgaben sind in Berlin Bio

Bio im Supermarkt

Nirgendwo gibt es mehr Bio-Fachhändler als in Berlin. Zwei Berliner Unternehmen, die Bio Company und die LPG, gehören zu den größten Anbietern in der Stadt. Doch viele Verbraucher kaufen ihre Bio-Lebensmittel woanders: im Supermarkt oder beim Discounter in der Annahme, dort weniger Geld ausgeben zu müssen.

„Die gefühlte Erwartung überstrahlt aber die Realität“, sagt Wimmer. Denn viele Öko-Produkte seien beim Discounter bestenfalls geringfügig billiger, betont er und erinnert an die Preisausschläge aus dem Jahr 2022. Damals hatte Aldi die frische Bio-Milch um 55 Cent pro Liter verteuert, und die Konkurrenz hatte innerhalb eines Tages nachgezogen. Nicht so die Bio-Supermärkte: „Monatelang war die frische Bio-Milch dort 30 bis 40 Cent billiger“, gibt Wimmer zu bedenken.

Immer mehr Bauern stellen um

Viele Bio-Lebensmittel können Berlinerinnen und Berliner inzwischen aus der Region kaufen. Vor allem beim Brot (Fahrland, Bio-Backhaus, Beumer& Lutum), aber auch bei Milchprodukten hat Brandenburg viel zu bieten. „Die größten Milchverarbeitungsbetriebe sind Bio-Betriebe“, berichtet Wimmer und nennt die Gläserne Molkerei, die Milchmanufaktur Luisenhof, das Ökodorf Brodowin und Lobetal.

Schwieriger sei die Verarbeitung von Fleisch und Wurst. Auch Bio-Hafermilch, Konserven, Marmelade oder Zerealien sind knapp. Allerdings stellen immer mehr Landwirte in Brandenburg auf Öko um, gegen den Bundestrend. 7,5 Prozent waren es 2022, im vergangenen Jahr dürften es noch einmal rund zehn Prozent sein, die umgestellt haben. Das Ziel der Landesregierung, den Ökoflächenanteil bis 2024 auf 20 Prozent zu steigern, ist zum Greifen nah.

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