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Pro-Palästinensiche Demonstration in Neukölln, 2021.

© imago images/Future Image

Update

Nach Verbot von israelfeindlicher Demonstration: Berliner Verwaltungsgericht weist Eilantrag der Veranstalter zurück

Erneut wollten pro-palästinensische Gruppierungen in Neukölln demonstrieren. Die Polizei hat die Veranstaltung verboten, das Verwaltungsgericht bestätigte dies.

| Update:

Das Berliner Verwaltungsgericht hat das Verbot einer für Mittwochnachmittag in Neukölln geplanten israelfeindlichen Demonstration bestätigt. Das teilte ein Gerichtssprecher dem Tagesspiegel am frühen Mittwochabend mit. Zuvor hatten die Anmelder der Demo versucht, diese per Eilantrag vor Gericht durchzusetzen. Das Gericht begründete die Entscheidung mit einer Gefahr von Straftaten, wie beispielsweise Gewalt gegen Beamte oder antisemitische Äußerungen.

Der Rechtsexperte der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus, Sebastian Schlüsselburg, begrüßte den Gerichtsbeschluss. „Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts ist richtig. Wer auf vorherigen Versammlungen ‚Bombardiert Tel Aviv’, ‚Juden gleich Kindermörder’ und ‚Tod den Juden’ skandiert, hat die rote Linie unseres sehr liberalen Versammlungsgesetzes überschritten“, sagte er. „Demonstrationen dürfen und sollen kritisch sein. Aber sie müssen immer friedlich sein und dürfen erst recht nicht zu Gewalt oder Mord aufstacheln.“

Die Demonstration war bereits am Dienstag von der Polizei verboten worden. Auch eventuelle Ersatzveranstaltungen an anderen Orten waren untersagt worden. Auf X begründete die Polizei die Maßnahme damit, dass die Demo „eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt“.

Die Versammlungsbehörde nehme in ihrer Begründung sowohl Bezug auf die aktuelle Lage in Nahost und Straftaten bei vergleichbaren Versammlungslagen in der Vergangenheit als auch den Ereignissen am letzten Wochenende in Berlin, hatte eine Polizeisprecherin erklärt.

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Vor dem polizeilichen Verbot hatte auch Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) dafür plädiert, die Demo zun untersagen. „Wir prüfen, was möglich ist“, sagte der CDU-Politiker bei der Senatspressekonferenz am Dienstag und ergänzte, er wünsche sich ein Verbot „sehr“. 

Verschiedene pro-palästinensische Initiativen wie „Palästina spricht“ und das „Palästinensische Aktionskomitee“ hatten zu der Demonstration in Berlin aufgerufen, die sich auf das aktuelle Kriegsgeschehen im Nahen Osten bezieht.

Eine weitere Palästinenser-Demo wurde vom Veranstalter abgesagt

Mobilisiert wurde unter dem Motto „Für ein freies Palästina“ zu 16 Uhr zum Neuköllner Richardplatz, enden sollte der Protest am Kottbusser Tor. Angemeldet waren bei der Versammlungsbehörde 250 Teilnehmer.

Die Veranstalter werfen der Polizei in einer Kampagne im Internet rassistische Motive für das Verbot der Demonstration vor. Die „angeblichen Aktionen einer Minderheit“ würden benutzt, „um einer ganzen Gemeinschaft das Recht auf freie Meinungsäußerung zu verweigern“, hieß es in einer Mitteilung. Das Verbot der Polizei verstoße gegen das Grundgesetz. „Wir werden rechtliche Schritte einleiten, um unsere Rechte in Zukunft durchzusetzen“, hatten die Initiatoren gesagt.

Außerdem kündigten sie neue Aktionen an. „Wir sind verpflichtet euch mitteilen zu müssen morgen nicht zum Richardplatz zu kommen.“ Weiter hieß es: „Wir werden uns jedoch nicht zum Schweigen bringen lassen. Wir informieren über kommende Schritte, um Palästina in Berlin auf die Straße zu bringen.“

Bei der Berliner Polizei war die Veranstaltung am Montagmittag angezeigt worden. Der Aufruf wurde auch von der Organisation „Samidoun“ geteilt, die bereits am Wochenende den Überfall islamistischer Terroristen auf Israel in der Sonnenallee feierte. „Samidoun“ gilt als einer der maßgeblichen Treiber israelfeindlicher und antisemitischer Proteste in den vergangenen Jahren in der Hauptstadt.

Eine weitere für Mittwoch geplante Demonstration der palästinensischen Community am Brandenburger Tor wurde unterdessen vom Veranstalter abgesagt, bestätigte die Polizei dem Tagesspiegel.

Israel-solidarische Demo aus Sicherheitsgründen abgesagt

Zwischenzeitlich war bei der Polizei eine weitere Anmeldung für einen Protest in Neukölln eingetroffen. Dabei sollte es sich um einen als Gedenkveranstaltung angezeigten Gegenprotest zur Palästina-Demonstration in Solidarität mit den „Opfern des palästinensischen Überfalls auf Israel“ handeln.

Wie der Tagesspiegel am späten Dienstagnachmittag erfuhr, sagte der Veranstalter die Gegendemonstration aus „Sicherheitsgründen“ ab. Diejenigen Organisationen, die den Aufruf zuvor geteilt hatten, wurden angehalten, die Absage zu kommunizieren.

Am Montagabend hatten Teilnehmer einer Palästina-Demonstration in Duisburg versucht, Israel-solidarische Gegendemonstranten anzugreifen.

Organisator der nun abgesagten Gegendemo in Berlin war das Tikvah Institut, mobilisiert wurde unter anderem vom Jungen Forum der Deutsch-Israelischen Gesellschaft. Die Versammlung sollte um 16 Uhr auf dem Hermannplatz beginnen und hätte damit auch auf der Route des pro-palästinensischen Protests gelegen.

In der Vergangenheit waren zahlreiche Demonstrationen und Kundgebungen pro-palästinensischer Initiativen wegen befürchteter antisemitischer Parolen von der Versammlungsbehörde im Vorfeld verboten worden. Trotz Widerstands gegen die Verbotsverfügungen hielten sich die Anmelder in der Regel an die Auflage und erschienen nicht am Versammlungsort.

Debatte um Verbot von Hamas-treuen Gruppen

Nachdem Dutzende Menschen am Wochenende den Angriff der Hamas auf Israel in Neukölln zelebriert hatten, ist eine öffentliche Debatte darüber entbrannt, Hamas-nahe Organisationen in Deutschland zu verbieten.

„Bei jedem, der das Morden durch die Hamas auf deutschen Straßen bejubelt und aus diesem Anlass Süßigkeiten verteilt, muss geprüft werden, welche Konsequenzen durch den Rechtsstaat gezogen werden“, sagte der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, am Montag in Berlin.

Unter anderem Neuköllns Bezirksbürgermeister Martin Hikel (SPD) befürwortet ein Verbot der Organisation „Samidoun“.

Währenddessen kündigte eine linke Aktivistin und Anmelderin einer palästinensischen Protestveranstaltung am Sonnabend in der Sonnenallee an, die Berliner Polizei wegen Nötigung und Körperverletzung im Amt anzuzeigen.

In einer Pressemitteilung, die dem Tagesspiegel vorliegt, heißt es, die Polizei habe Meinungs- und Versammlungsfreiheit angeblich „massiv eingeschränkt“. Weiter heißt es in dem Schreiben, das „zionistische Besatzungs- und Apartheid-Regime mit dem Namen Israel“ hätte kein Existenzrecht. Bewaffneter Widerstand sei laut der Anmelderin legitim. (mit dpa)

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