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Tauben fliegen am S-Bahnhof Friedrichstraße am Dorothea-Schlegel Platz.

© dpa/Lisa Ducret

Update

Mann quält und verspeist Tauben an öffentlichen Orten: Berlins Tierschutzbeauftragte wirft Behörden Untätigkeit vor

Mehrmals soll ein Mann Tauben bei lebendigem Leib und vollem Bewusstsein die Federn ausrupft oder mit einem Messer den Hals durchtrennt haben. Die Tierschutzbeauftragte kritisiert die Behörden.

| Update:

Berlins Landestierschutzbeauftragte Kathrin Herrmann kritisiert Veterinärbehörden, Polizei und Staatsanwaltschaft scharf. Grund ist ein Mann, der an öffentlichen Plätzen in Berlin regelmäßig Tauben bei lebendigem Leib und vollem Bewusstsein die Federn ausrupfen oder mit einem Obstmesser den Hals durchtrennen soll, um sie anschließend zu verzehren. Der Mann soll etwa am Kottbusser Tor, am Halleschen Tor und in Baumschulenweg gesehen worden sein. Die Staatsanwaltschaft weiß hingegen bislang nur von zwei Verfahren in diesem Zusammenhang.

Die zuständigen Behörden würden nichts gegen den Mann unternehmen, kritisiert Herrmann in einer Mitteilung. Es sei „nicht nachvollziehbar, weshalb die Staatsanwaltschaft ein Strafverfahren zu den Vorfällen eingestellt hat, auch angesichts der erheblichen Qualen, die den Tieren vor der Tötung zugefügt werden“, so die Tierschutzbeauftragte.

Zur Beseitigung von Verstößen gegen das Tierschutzgesetz sei das Veterinäramt zuständig, in dem der Mann seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Dies sei mutmaßlich im Bezirk Mitte, sagte Herrmann auf Nachfrage dem Tagesspiegel. Diesem ist der Fall zwar bekannt, teilt das Amt auf Nachfrage mit, Personalien und Anschrift jedoch nicht. „Die Tötung eines Tieres mit dem Ziel es zu verzehren – ohne dem Tier besondere Qualen zu bereiten – verstößt gegen kein geltendes Recht. Aus diesem Grund sind dem Veterinäramt hier die Hände gebunden“, heißt es von der Behörde.

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Die Landestierschutzbeauftragte fordert hingegen ein entschlossenes Eingreifen gegen den Mann. Es liege nun an den zuständigen Behörden, „weitere Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung abzuwenden, notfalls auch durch Zwang“. Der Anblick der Tierquälereien und liegen gelassener Kadaver seien als Störung der öffentlichen Ordnung nicht länger hinzunehmen.

Bürger berichten von „verstörenden Szenen“

Herrmann berichtet von „zahlreichen grausamen Übergriffen auf Tauben und Taubenküken“. Die genaue Zahl der Fälle sei ihr nicht bekannt. Es lägen jedoch detaillierte Zeugenaussagen zu vier Vorfällen sowie Bilder der Überreste unzähliger Tauben neben einem Schlafplatz vor, teilte Herrmann auf Nachfrage mit.

„Bürgerinnen und Bürger berichten uns von verstörenden Szenen, in denen ein Mann mit geköpften Tauben hantiert und, wenn er darauf angesprochen wird, mit einem Messer droht“, so Herrmann. Die Praktik des Mannes verstoße gegen das deutsche und europäische Tierschutzrecht. Laut Zeugenaussagen soll der Mann angegeben haben, dass sein Vorgehen in seiner Heimat so üblich sei, sagte Herrmann dem Tagesspiegel.

Ein solcher Umgang mit fühlenden Lebewesen sei inakzeptabel und der Anblick solcher Tiermisshandlungen wirke verstörend, insbesondere auf Kinder. Zunehmend würden sich auch Passanten von dem uneinsichtigen, mit einem Messer bewaffneten Mann bedroht fühlen.

Verfahren zum Essen von Taubeneiern zunächst eingestellt

Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft sieht jedoch keine Möglichkeit, in der Sache tätig zu werden. Verfahren zu den von der Landestierschutzbeauftragten geschilderten Tötungen seien in seiner Behörde nicht anhängig. Bislang hätte es ein Verfahren gegen einen namentlich bekannten Mann gegeben, der Taubeneier gegessen habe, teilte die Staatsanwaltschaft auf Nachfrage mit.

Das Verfahren sei Ende September eingestellt worden, so der Sprecher. Es sei keine strafbare Handlung nach dem Tierschutzgesetz zu erkennen gewesen. Gegen die Einstellung hatte die Erstatterin der Anzeige Beschwerde eingelegt. Deshalb sei das Verfahren Ende Oktober wieder aufgenommen worden. Eine zuständige Behörde würde den Vorgang nun als etwaige Ordnungswidrigkeit verfolgen.

Staatsanwaltschaft: Tötung zwecks Verzehr wäre nicht strafbar

In einem weiteren Verfahren wurde die Staatsanwaltschaft tätig, weil ein Unbekannter eine Taube getötet haben soll, um sie zu essen. „Dieses Verfahren wurde eingestellt, da ein Tatverdächtiger nicht ermittelt wurde“, so der Sprecher. Außerdem setze eine strafbare Handlung entweder eine Quälerei oder eine Tötung „ohne vernünftigen Grund“ voraus.

Allerdings wäre die Tötung von Tieren zum Verzehr „unter Heranziehung des Gesamtbestandes der gesetzlichen und gesellschaftlich anerkannten Normen“ ein vernünftiger Tötungsgrund. § 17 des Tierschutzgesetzes, der hier gelten könnte, greife in dem Fall nicht, denn von der Regelung sind nur Primaten, Katzen und Hunde ausgenommen.

Zudem sei das Tier mit einer gezielten Messerbewegung getötet worden. „Dass das Tier hierdurch erhebliche Schmerzen oder Leiden im Sinne des § 17 Nr. 2b Tierschutzgesetzes erlitt, ist nicht ersichtlich“, erklärt der Sprecher. Auch würden das Jagdrecht und der Vorwurf der Wilderei nach § 292 StGB nicht gelten, denn die verwilderte Stadttaube gehöre zwar zu den Tauben, sei aber keine Wildtaube.

Die Staatsanwaltschaft Berlin wartet nun, ob und dass bei ihr Verfahren im Zusammenhang mit den Vorwürfen der Landestierschutzbeauftragten ankommen. Erst dann könne ermittelt werden, ob die Vorwürfe mit dem anhängigen Taubentötungsfall zu tun hätten, ob es sich um denselben Beschuldigten handele – und ob die Rechtslage dann anders bewertet werde, hieß es.

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