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Wer sich engagiert, will und muss Resonanz haben und tatsächlich etwas bewegen. Das ist das Fundament für eine gestärkte Demokratie.

© AdobeStock/Jacob Ammentorp Lund

Engagement und Beteiligung: Wie Bürgerinnen und Bürger wieder Lust an demokratischer Verantwortung gewinnen

Die Zukunft unserer Demokratie liegt in unseren Händen, schreibt Beate Stoffers von der Stiftung Zukunft Berlin in ihrem Gastbeitrag: Wenn Menschen Freude daran haben, sich einzumischen, eröffnen sich ungeahnte Chancen.

Ein Gastbeitrag von Beate Stoffers

Die Demokratie lebt von der aktiven Beteiligung ihrer Bürger:innen. Mit stolzen 31 Millionen Engagierten in Deutschland, die sich ehrenamtlich für vielfältige Belange einsetzen, könnte man meinen, dass es darum gut bestellt ist. Doch schauen wir genauer hin, sehen wir Politikverdrossenheit und eine oft geringe Wahlbeteiligung. Experten sagen: Es wächst die Entfremdung zwischen Bürger:innen und politischen Institutionen.

Geredet wird darüber schon lange – und Schuldige sind auch schnell gefunden. Handwerklich schlecht erarbeitete Gesetzesentwürfe, Behördenpingpong und fehlende Serviceleistungen: Wer ärgert sich nicht darüber. Bürger:innen fühlen sich bei Entscheidungsprozessen nicht „mitgenommen“ – aber es ist gerade deshalb an der Zeit, selbst etwas dagegen zu tun. Von unten, mit Hartnäckigkeit und eigenem Engagement. Denn es reicht nicht, mit dem Finger auf andere zu zeigen.

Selbstwirksamkeit als Schlüssel

Ein zentraler Begriff dabei: Selbstwirksamkeit. Wer sich engagiert, will und muss Resonanz haben und tatsächlich etwas bewegen. Das ist das Fundament für eine gestärkte Demokratie. Alle unsere Handlungen (und Nicht-Handlungen) haben letztlich einen Einfluss auf Umwelt und Gesellschaft. In einer Zeit, in der viele das Gefühl haben, dass ihre Stimmen nicht gehört werden, ist es entscheidend, die Wahrnehmung der eigenen Wirksamkeit wiederzubeleben. Wirksamkeit nicht als Illusion, sondern in der Realität.

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Unbestritten ist der positive Effekt von Bürgerbeteiligung und -engagement auf das Demokratieempfinden. Insbesondere zeigt sich, dass Menschen, die sich ehrenamtlich engagieren, weniger Zweifel an der Demokratie hegen und seltener die so gefährliche politische Ohnmacht verspüren, die am Ende zu Radikalisierung führen kann. Aber das setzt dann voraus, dass dieses Engagement aufgenommen, dass es gewollt wird. Vor allem: Dass Entscheider ihm auf Augenhöhe begegnen. Das erreicht man nicht alleine. Dazu braucht es gemeinsames Handeln. Und oft werden auch da Fehler gemacht, sind die Mitmachschwellen zu hoch, sind Organisationen viel zu selbstfixiert.

Die Rolle zivilgesellschaftlicher Organisationen

Daraus müssen auch die Engagierten selbst lernen, offener werden, möglichst viele Menschen einbeziehen. Die Stiftung Zukunft Berlin setzt sich leidenschaftlich dafür ein, diese Erkenntnis in die Praxis umzusetzen. Sie hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Stimmen zivilgesellschaftlicher Organisationen zu bündeln und sie konstruktiv an Politik und Verwaltung heranzutragen. Wir glauben an die transformative Kraft von Debatten, aus denen Vorschläge und Forderungen entstehen und zu tatsächlichen Veränderungen führen.

Nur so können wir immer wieder Impulse für demokratische Entwicklungen geben – wie beim kürzlich ins Leben gerufenen ersten Jugendrat der Mediennanstalt Berlin-Brandenburg – ein Ergebnis eines Austauschs innerhalb einer unserer Arbeitsgruppen. Auch das Thema Verwaltungsreform und Bürokratieabbau zeigt, wie wenig sich tut, wenn nichts von unten angestoßen wird – und zwar gut organisiert. In diesen Tagen erleben wir ja schon wieder, wie zäh und langatmig das Projekt Berliner Verwaltungsreform bleibt – während Berlin dringend auf Impulse wartet und alle Lösungsvorschläge längst auf dem Tisch liegen.

Praktische Schritte zur Förderung der Selbstwirksamkeit

Der Schlüssel liegt oft im Kleinen. Zum Beispiel in der Ermutigung, sich aktiv in die politische Gestaltung der Stadt einzubringen, sei es als Elternsprecher:in in der Kita und Schule oder durch viele andere ehrenamtliche Tätigkeiten. Wir müssen Bildung fördern, den Zugang zu Informationen erleichtern und Hindernisse für politische Partizipation abbauen. Um unsere Demokratie lebendig zu halten und zu bewahren, gehört vor allem eine breite Debattenkultur – auch in den Medien.

Es darf nicht passieren, dass wir innerhalb demokratischer Diskurse nur Mainstream-Meinungen zu Wort kommen lassen. Und es darf nicht sein, dass streitbare Bürger:innen abgetan werden als Störenfriede. 

Beate Stoffers, Geschäftsführerin und Vorstandssprecherin der Stiftung Zukunft Berlin

Es gibt viele solche Startpunkte und sie müssen genutzt werden. Heute ist Demokratietag, den wir auch in Berlin zur Diskussion über mehr Beteiligung nutzen sollten. Aber bitte mit Nachdruck, darauf kommt es an. Nicht als einmaligen Demokratie-Feiertag, das reicht nicht. Wir müssen gemeinsam der Politik klarmachen, dass sie alleine nicht mehr weit kommt – wenn die Menschen nicht mitziehen, wenn die Ideen der Menschen nicht aufgegriffen werden. Im Umkehrschluss: Erst die Wirksamkeit der Bürger:innen sorgt für Demokratie!

Richard von Weizsäcker sagte: „Demokratie lebt vom Streit, von der Diskussion um den richtigen Weg. Deshalb gehört zu ihr der Respekt vor der Meinung des anderen.“ Es darf also nicht passieren, dass wir innerhalb demokratischer Diskurse nur Mainstream-Meinungen zu Wort kommen lassen. Und es darf nicht sein, dass streitbare Bürger:innen abgetan werden als Störenfriede.

Die repräsentative Demokratie lässt gewählte Volksvertreter:innen entscheiden. Das ist wichtig, denn vielerorts erstarken autoritäre Systeme. Aber viele dieser demokratischen Entscheidungen sind erst dann nachhaltig, wenn sie aus einem offenen Dialog heraus entstanden sind. Dazu braucht es eine wache Zivilgesellschaft UND eine verlässliche Politik, die ihr zuhört und ihre Impulse aufnimmt. Wir brauchen dabei auch in Berlin eine neue Balance. Lebenswert und überlebenswert werden Städte nur bleiben, wenn Politik und Gesellschaft im Schulterschluss Verantwortung übernehmen.

Die Zukunft unserer Demokratie liegt in unseren eigenen Händen. Wenn es uns gelingt, dass Menschen Lust an der demokratischen Verantwortung gewinnen – also Freude daran haben, sich einzumischen – eröffnen sich ungeahnte Potenziale und Chancen.

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