zum Hauptinhalt
Viele Menschen wollen die Zukunft Berlins mitgestalten.

© dpa/Christoph Soeder

Berlins Stadtpolitik und Zivilgesellschaft: Beteiligung und Dialog sind möglich, wenn der Wille da ist

Berlin hat eine hoch kompetente Zivilgesellschaft. Der nächste Senat muss konsequenter vorangehen und die Zusammenarbeit mit der Stadtgesellschaft weiter ausbauen.

Ein Gastbeitrag von

Nach einem schwierigen Jahr 2022 berichten die Demoskopen von fehlender Zuversicht in der Bevölkerung, von Unzufriedenheit gegenüber Politik und Verwaltung. In dieser Situation wird in Berlin die Wahl wiederholt, nach nur einem Regierungsjahr.

Es war für alle ein Jahr voller Herausforderungen, die durch Krisen von außen verschärft wurden. Energiepreise und Inflation, immer noch Corona, die Großthemen Mieten, Verkehr, Bürgerämter und Verwaltungsservice, Investitionsstau bei öffentlichen Gebäuden, BER und Fachkräftemangel – das sind Schlagworte, zu denen alle Berlinerinnen und Berliner ihre Erfahrungen beisteuern können, wahrlich nicht nur positive.

Die Wahrheit ist aber auch: Nach dem Beginn des russischen Angriffskriegs hat sich Berlin in bemerkenswerter Schnelligkeit und mit viel Hilfsbereitschaft organisiert, um die Flüchtenden aufzunehmen. Gleichzeitig hat sich gezeigt, dass eine effizientere Betreuung und eine schnelle gesellschaftliche Integration oft an unabgestimmten Arbeitsprozessen in den betroffenen Behörden scheitern. 

In Berlin-Forum treffen Politik und Zivilgesellschaft aufeinander

Dieser Befund wurde Ende des vergangenen Jahres von Bürgerinnen und Bürgern in einem Diskussionsforum vorgestellt, in dem Stadtpolitik und Zivilgesellschaft regelmäßig aufeinandertreffen: dem Berlin-Forum, einem sehr besonderen Diskussions- und Verhandlungsraum, organisiert von der Stiftung Zukunft Berlin.

Zum einen werden dort Vorstellungen und Strategien für die weitere Entwicklung der Stadt entworfen. Zum anderen treffen sich Politik und Verwaltung mit Stadtgesellschaft und zivilen Initiativen in einer neuen Form, in der nicht primär Ressortdenken und Einzelinteressen dominieren, sondern Kooperationsbereitschaft und Gemeinwohlorientierung. Deutschlandweit ist dieser partizipative Ansatz ein einzigartiges Demokratieprojekt.

Beteiligung und Dialog sind möglich

Dieses Forum zeigt immer wieder: Beteiligung und Dialog sind möglich, wenn der Wille dazu da ist. So gesehen sind wir alle im zurückliegenden Jahr einen Schritt weitergekommen. Aber wenn es um Beteiligung und Demokratie in der Stadt geht, gibt es eben auch weiterhin Licht und Schatten. Der nächste Senat muss konsequenter vorangehen.

Die Parteien sollten ihre immer noch spürbare Scheu vor modernen, verbindlichen Partizipationsformaten ablegen. In der komplizierten, engagierten, vielfältigen Metropole Berlin müssen gerade jetzt die Dialogmöglichkeiten weiter ausgebaut werden. Gesamtstädtisch, aber auch innerhalb der Kieze. Und themenbezogen, dort wo neue Impulse nötig sind.

Berlin hat eine hoch kompetente Zivilgesellschaft

Berlin hat, was es dazu braucht: eine hoch kompetente Zivilgesellschaft. Am 12. Februar werden die Abgeordneten neu gewählt. Keine und keiner von ihnen kann in jedem Bereich fachkompetent sein. Und selbst die klassische Erwartungshaltung, dass jedes Problem durch Fachpolitiker:innen alleine behebbar wäre, ist in einer komplexen Gesellschaft unrealistisch. Gleiches gilt für Verwaltungsmitarbeitende, auch wenn sie viel Kompetenz für ihre Themen aufgebaut haben.  

Wir nennen es das Bottom-up-Prinzip, die zivilgesellschaftliche Mitverantwortung. Neue Schritte machen Mut: Im Bildungsbereich haben Qualitätskommissionen und Hygienebeirat die Stadtpolitik begleitet, zum Thema Mieten gab es den Runden Tisch. Jetzt hat die Regierende Bürgermeisterin nach einem eskalierenden Silvester einen Jugendgipfel einberufen. Das ist im Prinzip der richtige Weg. Besser aber noch, wenn die Mitverantwortung der Bürger:innen verbindlich vereinbart und nachhaltig organisiert wird. 

Hier ist Luft nach oben. Die Zusammenarbeit von Politik und Verwaltung mit der Stadtgesellschaft muss weiter ausgebaut werden. Menschen, die sich von der Politik nicht vertreten oder sogar von ihr betrogen fühlen, müssen von den zivilgesellschaftlichen Organisationen noch konsequenter und offener angesprochen werden. Unsere freiheitliche Demokratie bleibt stark und wehrhaft gegen populistische Gefährdungen, wenn die Bürgerinnen und Bürger verbindlicher in die Sachfragen der Politik einbezogen werden.

Ein Wahltag ist immer nur ein Zwischenschritt. Für alle, weit über die Gewählten hinaus, die in der Stadt etwas bewegen und verändern wollen, beginnt die eigentliche Arbeit erst danach. Diese Arbeit muss eine ZUSAMMEN-Arbeit werden mit den Menschen unserer Stadt. Denn sie sind die größte Ressource, die Berlin hat.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false