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Panzerwrack vor russischer Botschaft

© Enno Lenze

Update

„Die Ukraine wird Putins Stalingrad“: Panzerwrack steht nun als Mahnmal gegen den Krieg vor russischer Botschaft in Berlin

Der zerstörte Panzer aus der Ukraine kam nachts in Berlin an. Bald soll er auch in anderen Städten gezeigt werden. Für Botschafter Makeiev ist das Wrack eine Mahnung.

| Update:

Das Kanonenrohr des Panzers weist direkt auf die Botschaft des Landes, aus dem er kam. Es war nicht beabsichtigt, ihn so auf dem Mittelstreifen Unter den Linden zu positionieren. Aber es war nach Darstellung der Initiatoren die einzige Möglichkeit, die die Berliner Behörden ihnen gelassen hätten.

In der Nacht zu Freitag war das Panzerwrack in der Berliner City angekommen. Am Vormittag haben Wieland Giebel und Enno Lenze vom Berlin Story Bunker zu einem Pressetermin geladen, um ihre Geschichte zu erzählen.

„Ein Symbol des Untergangs“: Wieland Giebel (Mitte), Enno Lenze und ihr Anwalt Patrick Heinemann (links) erklären, warum sie den T-72 in Berlin aufgestellt haben.

© imago/Future Image/IMAGO/Jean MW

Journalisten aus ganz Europa sind deshalb vor die russische Botschaft gekommen. Giebel und Lenze sind ebenso wie ihr Anwalt Patrick Heinemann auf den Koloss geklettert, auf dessen rechter Seite nicht nur die Räder in der schlaff hängenden Kette angeschmolzen sind, sondern auch die gepanzerten Stahlplatten der Karosserie. Schwarz und braun sind die Farben, die das Feuer hinterließ, als der Panzer beim Angriff auf Kiew auf eine Mine fuhr.

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Nur bis Montag soll das Mahnmal vor dem Gebäude der Täter in Berlin bleiben. Am Dienstag werde der Schwerlastanhänger, auf dem das Wrack steht, wieder gebraucht, um Hilfsgüter in die Ukraine zu bringen, sagt Lenze. Und abgeladen werden dürfe der 44 Tonnen schwere Panzer nicht: Am vergangenen Freitag hätten die Behörden unter dem Boulevard „plötzlich den 100 Jahre alten S-Bahn-Tunnel entdeckt“ und Bedenken wegen der Statik angemeldet, sagt Lenze. Deshalb könne der Panzer nicht per Kran vom Hänger geladen werden.

Dabei sei man sich tags zuvor bei einem Treffen mit allen Beteiligten schon einig gewesen – nach acht Monaten Planung, während derer das Bezirksamt Mitte mal weltpolitische Bedenken, mal Denkmalschutz und mal Unfallgefahr anmeldete, um die Installation zu verbieten. Am Freitag allerdings bedankte sich der Kreisverband der Grünen, denen auch Bezirksbürgermeisterin Stefanie Remlinger angehört, per Pressemitteilung für die Aktion. Remlinger bezeichnete die Aufstellung des Panzers als „hartes, künstlerisches Zeichen für die schmerzhaft veränderte Realität“.

Ukraines Botschafter besichtigt Panzerwrack

Der ukrainische Botschafter Oleksii Makeiev hat den zerstörten Panzer besichtigt und sich für die Waffenlieferungen aus Deutschland bedankt. Das russische Panzerwrack sei eine Mahnung, die zeige, was nötig sei, um den Krieg zu beenden. „Damit solche Panzer nie mehr in Europa rollen, dafür ist die Ukraine verantwortlich“, sagte Makeiev am Freitag. „Wir werden alles dafür tun, dass die russischen Panzer zurück nach Russland verdrängt werden.“

Man muss klar sagen, wer der Aggressor ist und wer sich verteidigt. Der Frieden muss erkämpft werden.

Ukrainischer Botschafter Oleksii Makeiev

Die Ukraine sei sehr dankbar für die deutschen Waffen für „unsere Jungs und Mädels an der Frontlinie“, sagte Makeiev. „Ohne Waffen werden Kriege nicht gewonnen und die Ukraine wäre überrannt worden und viele tausend Zivilisten wären ermordet worden.“ Er betonte: „Wir werden diesen Krieg gewinnen mit einer tollen deutschen Hilfe.“

Über die Gegner weiterer Waffenlieferungen, die am Samstag in Berlin demonstrieren wollen, sagte Makeiev: „Man muss klar sagen, wer der Aggressor ist und wer sich verteidigt. Der Frieden muss erkämpft werden.“ Er sei auch für Friedensdemonstrationen, aber die sollten an der dortigen Stelle vor der russischen Botschaft stattfinden. Die Demonstranten sollten dann der Botschaft und Russlands Präsidenten Wladimir Putin zurufen: „Stoppt diesen Krieg.“

Oleksij Makejew (M), Botschafter der Ukraine in Deutschland, steht zwischen Enno Lenze (r) und Wieland Giebel (l), beide Koordinatoren von «Berlin Story», vor dem in der Ukraine zerstörten russischen Panzer.

© dpa/Carsten Koall

Makeiev hatte am Freitagmorgen an einer Veranstaltung zum Kriegsbeginn vor einem Jahr von Bundespräsident Frank Walter Steinmeier im Schloss Bellevue teilgenommen. Am Abend wollte er bei einer großen Demonstration zur Unterstützung der Ukraine am Brandenburger Tor sprechen.

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Der Panzer wurde nach Auskunft der Museumschefs Ende März 2022 bei Russlands gescheitertem Angriff auf Kiew am Rande des Dorfs Dmytrivka bei Butscha zerstört. Dmytrivka sei ein Vorort von Kiew, von dem aus man die Skyline der Hauptstadt schon sehen könne.

„Die Ukraine wird Putins Stalingrad“, sagt Giebel vom Berlin Story Verlag. „Das Regime wird untergehen, so wie das Dritte Reich untergegangen ist.“

Dass das Kanonenrohr bei dieser einzigen genehmigten Variante aufs Botschaftsgebäude zeigt, nehmen Giebel und Lenze gern in Kauf. Giebel nennt den Panzer „ein Symbol des Untergangs“.

Um die Panzer-Aktion gab es Streit vor Gericht

Der Plan, den zerstörten Panzer in Berlin als Mahnmal aufzustellen, hat eine lange Vorgeschichte. Nachdem der Berliner Bezirk Mitte eine Genehmigung zunächst abgelehnt hatte, setzten die Initiatoren Giebel und Lenze vom Museum „Berlin Story Bunker“ ihr Projekt per Gericht durch.

Die für die Ausstellung benötigte straßenverkehrsrechtliche Ausnahmegenehmigung hatte der Bezirk den Antragstellern zunächst mit der Begründung versagt, die Aktion berühre „die außenpolitischen Interessen der Bundesrepublik“ und das Erscheinungsbild der Straße Unter den Linden werde „erheblich beeinträchtigt“.

Statt Flaniermeile. Das Panzerwrack zog auf dem Boulevard Unter den Linden am Freitag schon viele Schaulustige an.

© dpa/Carsten Koall

Nachdem Lenze vor das Verwaltungsgericht gezogen war, verurteilte dieses den Bezirk Mitte dazu, den Antrag zu genehmigen. Die vom Bezirk aufgeführten Gründe, warum der Antrag abgelehnt wurde, hätten keinen straßenverkehrsrechtlichen Bezug.

Der Panzer ist nach Auskunft der Museumschefs durch Brand und Explosion völlig zerstört worden, der Turm mit dem Kanonenrohr sei abgesprengt gewesen. „Wir wollen den Terroristen ihren Schrott wieder vor die Tür stellen“, sagt Giebel und deutet aufs Botschaftsgebäude: Dort, hinter den zugezogenen Vorhängen, säßen die Kriegsverbrecher und Staatsterroristen, die auch den Mord im Kleinen Tiergarten veranlasst hätten. 

Einschusslöcher von unterschiedlichen Waffen

Dass der 1985 gebaute Panzer aktiv an den Kämpfen beteiligt war, zeige eine Reihe von Einschusslöchern aus Waffen unterschiedlichen Kalibers. Die Einheit, zu der die Besatzung dieses Panzers gehörte, sei aus Ulan-Ude nahe der Mongolei gekommen, mehr als 6000 Kilometer von Kiew entfernt. In der Ukraine habe sie binnen kurzer Zeit die Hälfte ihrer Soldaten und Fahrzeuge verloren.

Aufsteller neben dem Panzer informieren über die Vorgeschichte des Transports und zeigen den Fundort auf einer Landkarte. Eine Radfahrerin stoppt, betrachtet die Tafeln und das Wrack, hält inne. „Ich habe schon einen Haufen Zeug im Internet gesehen“, sagt sie sichtlich ergriffen. „Aber das hier geht unter die Haut.“ Diese Gewalt, diese Zerstörung.

Ich habe schon einen Haufen Zeug im Internet gesehen. Aber das hier geht unter die Haut.

Eine Passantin beim Anblick des Panzerwracks

Zuvor hatte Lenze gesagt, dass es schwierig sei, das Grauen des Krieges angemessen zu vermitteln. Viele Bilder von der Front, wie er sie auf Reisen durch die Ukraine selbst gesehen habe, seien so unerträglich, dass die Menschen sich mit Grauen abwenden würden.

Dass mit dem Panzer auch der Ort ausgestellt wird, an dem russische Soldaten gestorben sind, hält Lenze für vertretbar. „Es sind Täter darin gestorben“, sagt er und fügt ein politisches Statement hinzu: Selbstverständlich müsse die Ukraine den Krieg gewinnen, ein irgendwie gearteter Kompromiss sei unvorstellbar. Welchen Kompromiss könne man denn mit Terroristen schließen, fragt er rhetorisch.

Während der Tieflader in die Ukraine zurückkehren soll, wird der Panzer nach Auskunft von Lenze nächste Woche umgeladen und voraussichtlich noch in mehreren europäischen Städten gezeigt.

Den Transport aus der Ukraine hätten Giebel und er „vom eigenen Bankkonto“ finanziert. Allerdings hätten sie inzwischen eine Crowdfunding-Kampagne geplant, zumal sie noch weitere Aktionen planten. (mit dpa)

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