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© dpa/Bernd von Jutrczenka

Update

Debatte um Tempelhofer Feld: Berliner Senat plant Bürgerwerkstatt zu möglicher Randbebauung

500 repräsentativ ausgewählte Bürger sollen über das „Wie“ einer Randbebauung des Tempelhofer Feldes debattieren. Anschließend ist ein Ideenwettbewerb geplant.

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Der Berliner Senat treibt die angestrebte Randbebauung des Tempelhofer Feldes weiter voran. In einem ersten Schritt sollen die Berlinerinnen und Berliner in Form einer „Bürgerwerkstatt“ an der Debatte zur Zukunft der Freifläche beteiligt werden.

Bis zu 500 zufällig und repräsentativ ausgewählte Bürgerinnen und Bürger sollen ab dem kommenden Jahr in mehreren Runden zusammenkommen und sich über Ideen einer möglichen Randbebauung der Freifläche austauschen. Das kündigte Stadtentwicklungssenator Christian Gaebler (SPD) am Dienstag im Anschluss an die Senatssitzung an.

Dabei gehe es nicht um das „Ob“, sondern um das „Wie“ einer möglichen Randbebauung, sagte Gaebler. Konkret sollen sich die bis zu 500 Bürgerinnen und Bürger über den Bedarf an Wohnraum und sozialer Infrastruktur in der Stadt austauschen und Ideen entwickeln, wie das Tempelhofer Feld zur Deckung dieses Bedarfs beitragen kann.

Die Bürgerwerkstatt soll Anregungen für einen vom Senat ausgeschriebenen Ideenwettbewerb liefern, der bis zum Februar 2025 abgeschlossen werden soll. Anschließend soll eine „Neubewertung“ aller Berlinerinnen und Berliner erfolgen, inwieweit es eine Randbebauung des Feldes geben soll.

„Es wird nicht die Werkstatt und auch nicht der Ideenwettbewerb entscheiden“, sagte Gaebler. Wie genau diese Neubewertung aussehen wird, werde im Senat noch diskutiert. Aus Gaeblers Sicht wird es am Ende „in irgendeiner Form eine Abstimmung geben“.

Das Abgeordnetenhaus kann das Tempelhof-Gesetz jederzeit ändern

Über die Nutzung des Tempelhofer Felds wird seit der Entscheidung, das rund 300 Hektar große Areal nicht länger als Flughafen zu nutzen, gestritten. Im Mai 2014 stimmten in einem Volksentscheid 64,3 Prozent der Abstimmenden für einen Gesetzentwurf der Bürgerinitiative „100% Tempelhofer Feld“. Das Gesetz, das einen Monat später in Kraft trat, verbietet – bis auf wenige Ausnahmen – die Bebauung des Feldes. Es kann jederzeit vom Abgeordnetenhaus geändert werden.

2016 veränderten CDU und SPD das Gesetz erstmals, um auf dem Gelände befristet Unterkünfte für Geflüchtete zu errichten. Erst kürzlich hatten sich der CDU und SPD sich darauf verständigt, diese Ausnahmeregel nochmal zu verlängern.

Bei dem nun vom Senat angestoßenen Prozess geht es um eine dauerhafte Randbebauung des Feldes, vorrangig mit gemeinwohlorientierten Wohnungen, wie Senator Gaebler betonte. „Es ist richtig, hier eine Debatte zur führen, ob zehn Jahre nach dem Volksentscheid angesichts der vielfachen Anforderungen an Nutzungen im Stadtgebiet eine Neubewertung stattfinden kann“, sagte Gaebler.

Unterstützung für das Vorgehen kommt von der Industrie- und Handelskammer zu Berlin. „Berlin ist eine wachsende Stadt, es fehlt an Wohnraum ebenso wie an Gewerbeflächen“, sagte IHK-Präsident Sebastian Stietzel. „Ein ergebnisoffener Ideenwettbewerb bietet die Chance, die Attraktivität des Standortes für die gesamte Stadtgesellschaft noch zu erhöhen. Um den veränderten Bedürfnissen der Berlinerinnen und Berliner gerecht zu werden, ist es deshalb richtig, eine offene, sachliche und berlinweite Debatte über das Tempelhofer Feld anzustoßen.“

Kritik kommt dagegen von den Grünen. „Berlin braucht keine Ablenkungs-Wettbewerbe für das Tempelhofer Feld“, sagte Grünen-Fraktionsvorsitzende Werner Graf. „Wir haben einen Volksentscheid, der das Tempelhofer Feld freihält.“ Pläne für eine Volksbefragung von oben seien in der Verfassung nicht vorgesehen. „Die Berlinerinnen und Berlin brauchen endlich Gesetze, die die Mieten tatsächlich begrenzen und den bezahlbaren Bestand schützen“, sagte Graf.

Auch der Bund für Umwelt- und Naturschutz sieht die schwarz-roten Pläne kritisch. „In das Verfahren müssen zwingend Befürworter eines freien Feldes als Experten eingebunden werden“, forderte Bund-Landesverbands-Geschäftsführer Tilmann Heuser. „Ansonsten läuft das auf eine gesteuerte Veranstaltung hinaus.“

Im aktuellen Haushaltsentwurf des Senats für die kommenden beiden Jahre sind für den Ideenwettbewerb insgesamt 1,2 Millionen Euro vorgesehen. Laut Gaebler kommen für die Bürgerbeteiligung noch einmal rund eine Million Euro dazu, die aus allgemeinen Mitteln für Bürgerbeteiligungen finanziert wird. (mit dpa)

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