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Ein Polizist schaltet die Bodycam auf seiner Uniform ein, aufgenommen bei einem Pressetermin zur Ausweitung des Einsatzes von Bodycams bei Berliner Polizei und Feuerwehr.

© dpa/Monika Skolimowska

Update

Das ist der Plan für innere Sicherheit in Berlin: Senat will fünf Millionen Euro allein für Bodycams ausgeben

4000 Bodycams will die schwarz-rote Koalition anschaffen, daneben auch bei Tasern und Fahrzeugkameras aufstocken. Noch im Herbst will der Senat einen Gesetzentwurf vorlegen.

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Unverzüglich sollen die Bodycams für Polizei und Feuerwehr in Berlin eingeführt werden. So steht es im Koalitionsvertrag von CDU und SPD. Nach dem Beschluss des Haushaltsentwurfs im Juli liegt dem Tagesspiegel nun die konkrete Planung von Innensenatorin Iris Spranger (SPD) vor. Noch ist nichts final, der Etat muss noch vom Abgeordnetenhaus verabschiedet werden – doch die vom Regierenden Bürgermeister Kai Wegner (CDU) geführte schwarz-rote Koalition hat sich festgelegt.

Für den Kauf von Bodycams für Polizei und Feuerwehr plant der Senat mit Kosten von rund fünf Millionen Euro. Allein eine Million Euro soll 2024 für Servertechnik und Speicher ausgegeben werden. In den kommenden Jahren soll die Polizei 3083 Bodycams, die Feuerwehr 917 Bodycams bekommen. Das geht aber nicht auf einen Schlag. Ab 2024 sollen bis 2026 pro Jahr rund 1030 Bodycams für die Polizei gekauft werden. Bei der Feuerwehr sind es pro Jahr 305 Geräte.

3083 
Bodycams soll die Berliner Polizei in den kommenden Jahren erhalten. Weitere 917 Bodycams sind für die Feuerwehr geplant.

Für die Feuerwehr kommen auch noch für rund eine halbe Million Euro Fahrzeugkameras, sogenannte Dashcams hinzu. Spranger hatte sich nach den Ausschreitungen zum Jahreswechsel noch in der rot-grün-roten Koalition zu diesem Schritt entschieden. „Das unterstützt auch die Beweisführung gegen die Täter, gerade bei solchen intensiven Angriffen auf Rettungs- und Einsatzkräfte der Feuerwehr, wie wir sie in der Silvesternacht gesehen haben“, hatte die SPD-Politikerin damals gesagt.

Auch bei den sogenannten Tasern, im Fachjargon Distanz-Elektroimpulsgeräte, will der Senat noch in diesem Jahr Entscheidungen treffen. Der Koalitionsvertrag sieht vor, dass Taser als Einsatzmittel breit verfügbar sein sollen – „zur Vermeidung des Schusswaffengebrauches und zur Verhinderung von akuten Suiziden“.

Man kann sich vorstellen, dass man die Einsatzschwelle etwas niedriger ansetzt, damit der Polizeibeamte seine Eskalationsleiter nutzen kann – vom Spray, Schlagstock, Taser bis zur Schusswaffe

Burkhard Dregger, CDU-Innenpolitiker, über die rechtliche Einstufung von sogenannten „Tasern“

Noch in diesem Jahr sollen 125 Taser beschafft werden, dieselbe Zahl noch einmal im nächsten Jahr, insgesamt also 250. Die Finanzierungsrate für diese Taser ist mit 700.000 Euro veranschlagt worden, die erste Rate steht bereits im laufenden Haushalt bereit.

Noch ungeklärt ist laut dem innenpolitischen Sprecher der CDU-Fraktion, Burkard Dregger, ob Taser rechtlich wie eine Schusswaffe zu behandeln seien. „Man kann sich vorstellen, dass man die Einsatzschwelle etwas niedriger ansetzt, damit der Polizeibeamte seine Eskalationsleiter nutzen kann – vom Spray, Schlagstock, Taser bis zur Schusswaffe“, sagte er.

Innensenatorin forderte Bodycams nach Silvester-Krawallen sofort

Spranger kann in der Koalition mit der CDU ein Paket umsetzen, mit dem sie in der rot-grün-roten Vorgängerkoalition nicht weiterkam. Gleich nach der Silvesternacht hatte sie angekündigt, das Ergebnis des bis April 2024 laufenden Probebetriebs mit 300 Bodycams – 250 bei der Polizei, 50 bei der Feuerwehr – nicht abwarten, sondern schnell 4000 Geräte anschaffen zu wollen.

Ihr ging es dabei um bessere Beweise, um Angreifer schneller überführen zu können. Die noch unter Rot-Grün-Rot geplante wissenschaftliche Evaluation sollte bis April 2025 vorliegen.

Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD) wollte schon mit dem rot-grün-roten Vorgängersenat den Einsatz von Bodycams beschließen. Sie stieß damals jedoch auf Gegenwind der Koalitionspartner.
Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD) wollte schon mit dem rot-grün-roten Vorgängersenat den Einsatz von Bodycams beschließen. Sie stieß damals jedoch auf Gegenwind der Koalitionspartner.

© picture alliance/dpa/Bernd von Jutrczenka

Mit den Geräten sollen Polizisten und Retter filmen, wenn sie oder andere angegriffen werden. Aggressive Pöbler und Angreifer sollen zugleich abgeschreckt werden. Die Filme können als Beweise dienen – auch gegen Polizisten. Sie müssen filmen, wenn Bürger das verlangen.

2016 hatten sich SPD, Grüne und Linke auf den Testlauf verständigt. Der begann aber erst im August 2021 mit 30 Bodycams. Bis Herbst 2022 wurden die Geräte 121 Mal ausgelöst. Im Dezember 2022 begann dann der Probelauf mit 300 Geräten.

Einsatz sogar in Wohnungen geplant

Laut Gewerkschaft der Polizei (GdP) zeigte sich, dass allein das Tragen und die Androhung der Verwendung deeskalieren. Das bestätigen auch teils jahrelange Erfahrungen der Bundespolizei und anderer Bundesländer. Selbst die Autoren der Rassismus-Studie der Technischen Universität zur Polizei sprachen sich für Bodycams aus, diese könnten die Transparenz der Polizeiarbeit fördern.

Grüne und Linke hatten in der abgewählten Koalition jedoch auf weitere Tests gepocht und auf widersprüchliche Ergebnisse aus anderen Bundesländern hingewiesen, wonach Bodycams nicht automatisch die Gewaltbereitschaft gegen Polizisten senken. Zudem erinnerten beide Parteien daran, dass bei mehreren für die Betroffenen tödlichen Polizeieinsätzen in anderen Bundesländern die Bodycams von den Beamten nicht eingeschaltet worden waren.

Nach dem Willen von Schwarz-Rot soll im Sicherheitsgesetz der Einsatz von Bodycams sogar in Wohnungen erlaubt werden, wenn es etwa um häusliche Gewalt geht. So hatte es auch die Polizeiführung gefordert. Rot-Grün-Rot hatte das jedoch mit Blick auf das Grundrecht auf die Unverletzlichkeit der Wohnung abgelehnt. Wie genau CDU und SPD diese Hürde per Gesetz nehmen wollen, ist noch unklar. In Bayern etwa ist das Filmen in der Wohnung nur bei dringender Gefahr für Leben, Gesundheit oder Freiheit einer Person erlaubt.

Uneins bei mobiler Kommunikationsüberwachung

Die für den erweiterten Einsatz von Bodycams und die Nutzung von Tasern notwendigen Änderungen im Polizeirecht wollen CDU und SPD nach der Sommerpause im Abgeordnetenhaus angehen. Das betrifft auch die Verlängerung des Präventivgewahrsams. Schwarz-Rot will diesen auf einen Zeitraum von maximal fünf Tagen verlängern – bisher sind es zwei.

Das könne bei mehrtägigen Großereignissen in der Stadt – etwa einem Kirchentag oder einem G20-Gipfel – von großer Bedeutung sein, sagte CDU-Innenexperte Dregger. „Für diese Koalition ist das eine echte Prüfung: Wenn wir hier etwas erreichen, dann hat diese Koalition ihre Existenzberechtigung unter Beweis gestellt.“

Über die Änderungen im Polizeirecht insgesamt sagte der innenpolitische Sprecher der CDU: „Ich bin zuversichtlich, dass wir als Fraktion bis September diskussionsfähige Entwürfe geliefert haben. Und dann werden wir mit dem Koalitionspartner und in den Ausschüssen darüber diskutieren.“

Noch keine Einigung bei den Koalitionsverhandlungen gab es bei der sogenannten Quellen-Telekommunikationsüberwachung. „Wir haben derzeit eine Telefonüberwachungsregelung im Polizeirecht, aber die gilt eben nicht für die mobile Telekommunikation“, sagte Dregger. „Kein terroristischer Gefährder, kein Clanmitglied nutzt Festnetzanschlüsse. Die wissen überhaupt nicht, was ein Festnetzanschluss ist. Das ist völlig antiquiert“, kritisierte er.

Ein Eingriff in die mobile Kommunikation sei aber ein stärkerer Eingriff in die Grundrechte, räumte Dregger ein. „Ich persönlich mache kein Geheimnis daraus, dass ich mich sehr dafür einsetze, dass wir solche Möglichkeiten bekommen. Weil ich feststelle, dass wir im Kampf gegen Terrorverdächtige, aber auch gegen die organisierte Kriminalität etwas zu leichtgewichtig sind.“ (mit dpa)

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