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© picture alliance/dpa/Christoph Soeder

Update

Berlins Bürgermeister mit Senatorin liiert: Kai Wegners Stellvertreter sollen bei Konflikten einspringen

Der Senat reagiert auf die Beziehung zwischen Regierungschef und Bildungssenatorin: Bei Interessenkonflikten sollen Wegners Stellvertreter vermitteln. Die SPD-Fraktion ist skeptisch.

| Update:

Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner (CDU) gibt seine Vermittlerrolle bei Konflikten mit der Bildungsverwaltung auf. Damit will der Senatschef nach Bekanntwerden seiner Beziehung mit Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch Interessenskonflikten vorbeugen. Die Vermittlerrolle des Regierenden Bürgermeisters ist in der Geschäftsordnung des Senats vorgesehen.

Finanzsenator Stefan Evers (CDU) soll die Rolle übernehmen, wenn es zu Konflikten zwischen der Bildungsverwaltung und anderen Senatsverwaltungen kommt. Geht es ums Geld und damit um Konflikte zwischen Bildungs- und Finanzverwaltung, soll Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) einspringen. Evers und Giffey sind jeweils Bürgermeister und damit Stellvertreter Wegners.

Die Neuregelung stellte Regierungssprecherin Christine Richter im Anschluss an die Senatssitzung am Dienstag vor. Wegner habe diesen Vorschlag vor Eintritt in die Tagesordnung unterbreitet. Dieser sei „zustimmend zur Kenntnis genommen“ worden. Eine schriftliche Grundlage gab es nicht. Nach Tagesspiegel-Informationen soll zu dem Vorschlag auch keine Debatte stattgefunden haben.

Neue Regelung gilt ab sofort

Die neue Regelung gelte ab sofort, sagte Richter. Evers und Giffey habe Wegner bereits am Montag informiert, ebenso wie die Fraktionsvorsitzenden Raed Saleh (SPD) und Dirk Stettner (CDU).

Wegner habe die Bürgermeister Evers und Giffey sowie den Chef der Senatskanzlei gebeten zu prüfen, inwiefern die Geschäftsordnung des Senats dementsprechend geändert werden muss. Sie gehe davon aus, dass es eine Änderung der Geschäftsordnung geben werde. 

SPD-Fraktion äußert Zweifel

Die SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus hat Zweifel, dass die vorgestellte Neuregelung ausreicht, um den Verdacht möglicher Interessenskonflikte aus dem Weg zu räumen. „Es bleibt abzuwarten, ob die vom Regierenden Bürgermeister heute im Senat vorgeschlagenen organisatorischen Maßnahmen weiterhin stabiles und verlässliches Regieren gewährleisten“, hieß es in einer Mitteilung. „Die Einschätzung des Regierenden Bürgermeisters zur rechtlichen Zulässigkeit haben wir zur Kenntnis genommen.“

Grüne: Wegner kein Vorbild für seine Bediensteten

Die Grünen sehen besonders Regierungschef Wegner durch die Liaison beschädigt. „Nun legalisiert sich der Regierende Bürgermeister ein Verhalten, dass in den landeseigenen Unternehmen nicht erlaubt ist“, teilten die Fraktionschefs Bettina Jarasch und Werner Graf in einem gemeinsamen Statement mit. Auch Landesbeamte dürften sich so nicht verhalten. „Der Regierende Bürgermeister ist als Stadtoberhaupt kein Vorbild für seine Bediensteten. Ob so ein Teilzeitbürgermeister mit beschränkter Entscheidungsgewalt der Rolle eines Regierenden gerecht wird, steht infrage.“

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Die beiden Grünen-Politiker forderten zudem, dass entsprechende Interessenkonflikte durch die Beziehung zwischen Wegner und Günther-Wünsch im Senat in Zukunft öffentlich gemacht werden. „Das ist nichts, was weiter im Geheimen stattfinden darf“, teilten sie mit.

Berlins Verkehrssenatorin Manja Schreiner (CDU) verteidigte das Vorgehen in der Pressekonferenz im Anschluss an die Senatssitzung. Der Senat arbeite sehr gut und hochprofessionell miteinander. „Und ich habe jetzt auch nicht in den letzten drei Monaten oder vier Monaten irgendwie das Gefühl gehabt, dass es irgendwie anders geworden wäre.“ Schreiner stellte sich insbesondere hinter ihre Senatskollegin Günther-Wünsch. Diese sei eine „wirklich extrem versierte Fachfrau“. „Da sitzt an der Stelle genau die richtige“, sagte sie.

Korruptionsexperten sind skeptisch

Unmittelbar vor der Sitzung des Berliner Senats am Dienstagvormittag hatte unter anderem Anna-Maija Mertens, Geschäftsführerin von Transparency Deutschland, auf eine Regel zur Vermeidung von Interessenkonflikten gedrängt. „Die private Beziehung zwischen dem Bürgermeister und einer Senatorin bedeutet in der Praxis viele denkbare Interessenkonflikte.“ Wegner und Günther-Wünsch müssten „sich daher sehr gut überlegen, welche konkreten Vorkehrungen getroffen werden können, um Interessenkonflikten weitestgehend vorzubeugen“.

Dies müsse „transparent kommuniziert werden“, forderte Mertens weiter und stellte fest: „Eine analoge Konstellation in Unternehmen wäre durch entsprechende Compliance-Regelungen ausgeschlossen.“ Der Fall mache den Regelungsbedarf in Berlin wie auch in anderen Bundesländern deutlich, erklärte sie weiter.

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Entsprechende Forderungen waren nach der durch den Medienanwalt Christian Scherz erfolgten Bestätigung der Beziehung zwischen den beiden Senatsmitgliedern mehrfach vertreten worden. Der Umstand, dass entsprechende Compliance-Regelungen in der Politik – anders als etwa in der Wirtschaft – fehlten, gehöre korrigiert, hieß es übereinstimmend.

Am Vorabend der Senatssitzung hatte sich auch die Berliner SPD-Chefin und Wegner-Stellvertreterin Franziska Giffey erstmalig zu den Folgen der Partnerschaft geäußert. Der Regierungschef müsse konkret vorschlagen, wie Konflikte zwischen Privatleben und Amtsgeschäften vermieden werden können, sagte Giffey am Montagabend, einen Tag vor der ersten Sitzung des Senats nach Bekanntgabe der Liaison. Die Wirtschaftssenatorin stellte indirekt die Beteuerungen von Wegner und Günther-Wünsch infrage, sie könnten Privates und Berufliches im Amt trennen.

„Mit der Bekanntmachung dieser Beziehung in der letzten Woche wurde zunächst Transparenz hergestellt. Das war ein erster wichtiger Schritt“, sagte Giffey. „Jetzt geht es darum, Rechtsklarheit zu schaffen und konkrete Vorgehensweisen für die strikte Trennung von privaten und beruflichen Interessen festzulegen – vor allem für den Konfliktfall.“ Dafür im Senat einen Vorschlag zu unterbreiten, sei Aufgabe des Regierenden Bürgermeisters.

Wegner und Günther-Wünsch hatten vergangenen Freitag von einem Anwalt erklären lassen, dass sie sich im Herbst entschieden hätten, eine Beziehung einzugehen. Eine Woche zuvor, Ende 2023, hatte Wegner erklärt, sich im September von der langjährigen Partnerin und Mutter seiner beiden jüngeren Kinder getrennt zu haben.

Zur neuen Liebe ließen der Regierende und die Senatorin verlauten, dass ihre Beziehung keinen rechtlichen Bestimmungen widerspreche und dass es selbstverständlich sei, dass beide „im Zusammenhang mit ihrer Amtsführung Privates und Berufliches strikt trennen“. (mit dbö)

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