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Karstadt in der Steglitzer Schloßstraße. Diese Filiale ist – anders als die in der Wilmersdorfer Straße – offenbar nicht von Schließung bedroht.

© pa/dpa/Schoening

Trotz Karstadt-Filialschließung in Berlin: SPD und CDU halten am Pakt mit Investor Signa fest

In Berlin zweifeln viele daran, dass der Mutterkonzern die Karstadt-Filialen in Berlin wirklich erhalten will. Die Ankündigung, die Charlottenburger Filiale zu schließen, verschärft die Debatte.

Die Karstadtfiliale in der Wilmersdorfer Straße soll schließen – was folgt daraus für das Land Berlin? Für die Zusicherungen, die das Land, der Warenhausbetreiber Galeria Karstadt Kaufhof und der österreichische Mutterkonzern Signa 2020 sich in einer Absichtserklärung namens „Letter of Intent“ (LOI) gegenseitig gegeben hatten? Damals wurde vereinbart, vier damals bedrohte Karstadt-Filialen für mindestens drei bis fünf Jahre zu erhalten. Für den Standort Wilmersdorfer Straße werde darüber hinaus ein Erhalt „für mindestens zehn Jahre angestrebt“.

Im Gegenzug hatte das Land versprochen, die Bauprojekte von Signa am Kurfürstendamm, am Hermannplatz und am Alexanderplatz zu erleichtern. Abgeordnete von Grünen und Linkspartei hatten bereits vergangene Woche gefordert, die Zusammenarbeit mit Signa aufzukündigen – es gebe keine weitere Geschäftsgrundlage für die Zusammenarbeit des Landes mit dem Unternehmen. Die Linken-Abgeordnete Katalin Gennburg bestätigte dies am Montag nochmals in der Sitzung des Stadtentwicklungsausschusses: Sie sei der Meinung, dass von Signa „der LOI eben nicht mehr eingehalten wurde und wir hier den Auftrag haben, Schaden von der Stadt Berlin abzuwenden“.

Sehr großes Zukunftspotenzial?

Die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe unter Stephan Schwarz (parteilos, für SPD) will die Aufregung nicht teilen: „Aus unserer Sicht hat der LOI weiterhin Bestand und das Unternehmen steht hier in der Verantwortung, die Zusagen aus dem LOI einzuhalten.“ In Gesprächen mit der Wirtschaftsverwaltung habe Signa Real Estate signalisiert, dass das Unternehmen an den Berliner Standorten und ihrer Entwicklung festhalten wolle. Der Warenhausstandort Berlin habe „sehr wohl ein großes Zukunftspotenzial“. Die Bedeutung der Kaufhäuser sei größer als das jeweilige Haus allein: „Sie sind Anker für die Attraktivität des örtlichen Geschäftsraumes, tragen zur Nahversorgung der Menschen bei und sichern so die Wirtschaftskraft in den Bezirken.“

Stefan Evers, Generalsekretär der Berliner CDU, teilt die Ansicht, bis jetzt halte sich Signa an die Zusagen. Allerdings: „Wenn es dabei bleibt, dass der Eigentümer des Karstadt-Standorts in der Wilmersdorfer Straße den Mietvertrag für das Haus nicht verlängert, dann erwarte ich von Signa, dass den Mitarbeitern eine Perspektive an anderen Standorten angeboten wird.“ Die Beschäftigten dürften nicht länger im Ungewissen bleiben. Wie vergangene Woche berichtet plant Galeria Karstadt allerdings laut dem Betriebsratsvorsitzenden „keine Übernahme“ des Personals aus der Wilmersdorfer Straße in anderen Filialen.

Insolvenzverfahren läuft

Während die Filiale in Charlottenburg deswegen von der Schließung bedroht ist, weil der Vermieter den Mietvertrag nicht verlängern will, stehen aus einem anderen Grund noch weitere Filialen auf der Kippe: Galeria Karstadt Kaufhof befindet sich gerade in einem Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung, das eine Reihe von weiteren Schließungen zur Folge haben könnte. Um zu bewerten, „ob und welche Auswirkungen sich aus dem noch laufenden Insolvenzverfahren für die Berliner Standorte ergeben“, sei es aber aktuell noch zu früh, meint die Wirtschaftsverwaltung.

Die Spitzenkandidatin der Berliner Grünen, Bettina Jarasch, findet hingegen: „Das Engagement für neue, innovative Konzepte ist vonseiten des Insolvenzverwalters wenig ausgeprägt.“ Für die Zukunft der Kaufhausstandorte müssten Einzelhandel und Politik gemeinsam Konzepte entwickeln. Allerdings werde es aktuell „immer deutlicher, dass es Signa nicht um die Kaufhäuser geht, sondern um die Immobilienverwertung“.

Wertvolle Immobilien in bester Lage

Signas Interesse gilt nur den Immobilien, der Warenhausbetrieb ist dem Unternehmen egal? Dieser Vorwurf steht schon länger im Raum. Dass das Insolvenzverfahren für Galeria nun von einem Generalbevollmächtigten durchgeführt wird, den der Signa-Chef René Benko selbst eingesetzt hat und der bereits das Insolvenzverfahren vor zwei Jahren durchgeführt hat, nährt die Vermutung, dass es nicht um eine nachhaltige Sanierung durch einen unabhängigen Blick von außen geht. Die Immobiliensparte von Signa hingegen läuft gut, denn der Wert der Warenhausimmobilien in bester Innenstadtlage hat sich in den letzten Jahren deutlich gesteigert. Und die Bauprojekte in Berlin könnten dazu beitragen, dass diese Wertsteigerung sich fortsetzt.

„Wir haben ein großes Interesse daran, dass wir kein unfertiges Gebäude am Alexanderplatz zurückbehalten.“

Andreas Geisel (SPD), Senator für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen

Am Alexanderplatz baut Signa bereits an seinem Hochhaus. Und Bausenator Andreas Geisel (SPD) machte am Montag im Stadtentwicklungsausschuss klar: „Wir haben ein großes Interesse daran, dass diese Bauarbeiten abgeschlossen werden, damit wir kein unfertiges Gebäude am Alexanderplatz zurückbehalten.“

Für die Entwicklung des Hermannplatzes zwischen Kreuzberg und Neukölln hat die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung vor wenigen Wochen den Ergebnisbericht zur Grundlagenermittlung des Beteiligungsverfahrens veröffentlicht. Julian Schwarze, stadtentwicklungspolitischer Sprecher der Grünen, fürchtet, dass die Senatsverwaltung „versucht, die Pläne von Signa für den Hermannplatz durchzudrücken. Wir haben bisher große Zweifel, dass die Signa-Planungen in die Umgebung passen, und lehnen die bisherigen Planungen ab.“

Im Koalitionsvertrag sei festgehalten, die Karstadt-Areale aus dem Bestand heraus weiterzuentwickeln. In den öffentlichen Bürgerveranstaltungen sei eine sich in die Umgebung integrierende Planung gefordert worden, ebenso wie eine Prüfung der Baumasse. „Das ist bisher nicht erfüllt worden“, sagte Schwarze.

Laut Senator Geisel ist das Werkstattverfahren aber inzwischen „so weit vorbereitet, dass wir beim Hermannplatz im Laufe des März dieses Jahres in die Beteiligung der Träger öffentlicher Belange und den Start des Masterplans Verfahrens gehen können“. Stefan Evers von der CDU geht das nicht schnell genug: „Völlig unabhängig von der Eigentümerschaft erwarte ich vonseiten des Senats mehr Anstrengungen für ein erfolgreiches Vorankommen.“ Die Entwicklung der Projekte am Hermannplatz, am Alexanderplatz und in der City West sei über die jeweiligen Galeria-Standorte hinaus von großer städtebaulicher Bedeutung. Der Senat erfülle die von ihm gegebenen Zusagen aber bestenfalls schleppend. 

Ku’damm: Entscheidung verschoben

Für Signas Pläne am Ku’damm verzögert sich die weitere Planung auf jeden Fall: Die für den 20. Januar geplante Abschlusssitzung des Werkstattverfahrens, in dem ein Entwurf für die Hochhauswünsche von Signa ausgewählt werden soll, wurde auf einen Termin nach der Wahl in den März verschoben. Der Öffentlichkeit wird das Ergebnis wohl am 27. März vorgestellt.

Laut Senatsverwaltung habe es im ersten Werkstatttermin umfangreiche Hinweise an die Planungsteams gegeben: „Um den Teams die Möglichkeit zu geben, alle Hinweise adäquat umsetzen zu können, war es die Entscheidung der Jury, die zweite Bearbeitungsphase zu verlängern und einen neuen Termin für die zweite Planungswerkstatt zu vereinbaren.“ Dass die Stadtentwicklungsverwaltung Signa erlauben will, dort Hochhäuser mit Höhen bis zu 120 Metern zu bauen, hatte in der Vergangenheit für heftige Diskussionen gesorgt.

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