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Die BVG wirbt öffentlich für die Rechte von Schwulen und Lesben. Doch intern sieht es ganz anders aus, legen Äußerungen von Mitarbeitern nahe.

© Imago/A. Friedrichs

Homofeindlichkeit bei der BVG?: Vorstandschefin Kreienkamp fühlt sich diskriminiert

Es könnte sein, dass sie ihren Job auch wegen ihrer sexuellen Orientierung aufgeben muss, deutet die BVG-Chefin an. Das Unternehmen habe in Sachen Diversität noch einen langen Weg vor sich.

Die BVG habe ein Problem mit Homophobie – das schreibt die „Süddeutsche Zeitung“. Viele Mitarbeiter reagierten ablehnend, wenn es um die Förderung von Diversität und Toleranz gegenüber Homosexuellen oder trans Menschen geht. Die Vorstandschefin Eva Kreienkamp, die offen lesbisch lebt, deutet in dem Artikel an, möglicherweise selbst Opfer einer homophoben Stimmung bis hinein in Führungsgremien geworden zu sein. Konkret meint sie den Aufsichtsrat, der ihren Vertrag nicht verlängert hat.

„Ich frage mich, wie stark in der Bewertung meiner Arbeit steckt, dass ich selbst eine homosexuelle Person an der Spitze des Unternehmens bin“, lässt sich Kreienkamp zitieren. Aus Kreisen des Aufsichtsrats sei immer wieder der „falsche Vorwurf kolportiert“ worden, „dass ich mich zu sehr um die Queer-Community gekümmert habe und zu wenig um das Unternehmen“.

Ich frage mich, wie stark in der Bewertung meiner Arbeit steckt, dass ich selbst eine homosexuelle Person an der Spitze des Unternehmens bin

Eva Kreienkamp, BVG-Vorstandschefin (laut Süddeutscher Zeitung)

Laut Kreienkamp haben mehrere Mitarbeiter wegen der homophoben Stimmung das Unternehmen wieder verlassen. Sie selbst habe bei Dienstantritt 2020 überrascht festgestellt, dass die BVG in Sachen Diversität „noch einen langen Weg vor sich hat“. Kreienkamp war für den Tagesspiegel am Mittwoch für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

Der Aufsichtsrat wies den Vorwurf, die Entscheidung gegen Kreienkamp habe etwas mit ihrer sexuellen Orientierung zu tun, „mit aller Entschiedenheit“ zurück. Ähnlich äußerte sich Jeremy Arndt, der die Gewerkschaft Verdi in dem Gremium vertritt: „Das ist an den Haaren herbeigezogen.“

Innerhalb des Unternehmens gebe es Gruppen, die den Kurs von Kreienkamp nicht mittragen und die öffentliche Positionierung des Unternehmens für Lesben und Schwule ablehnen, heißt es in dem Artikel. Ein Sprecher der BVG erklärte dagegen, man sei „ein äußerst diverses Unternehmen mit Mitarbeitenden aus über 80 Nationen, in dem es die verschiedensten Lebensentwürfe gibt und auch eine große und sehr präsente queere Community“. Allerdings gebe es noch einiges zu tun. Aktuell werde das „Diversity-Management“ neu aufgebaut und Prozesse für von Diskriminierung Betroffene würden überprüft.

Auch das BVG-interne „Regenbogen-Netzwerk“, in dem sich 450 Mitarbeiter organisieren, darunter auch heterosexuelle, äußerte sich zurückhaltend. „Uns ist bewusst, dass nicht immer alles ‘harmonisch’ ist. Die BVG mit ihren rund 16.000 Mitarbeitenden ist ein Abbild der Gesellschaft.“ Die geschilderten Beispiele würden „sehr ernst“ genommen. Der Vorsitzende des BVG-Gesamtpersonalrats, Lothar Stephan, zeigte sich erstaunt über die SZ-Thesen. „Davon ist uns vom Vorstand nie etwas berichtet worden. Auch nicht von Mitarbeitern.“

Wer möchte, kann seine Sympathien für queere Menschen offen zeigen.
Wer möchte, kann seine Sympathien für queere Menschen offen zeigen.

© IMAGO/Political-Moments

Zwei BVG-Angestellte, die im Regenbogennetzwerk sind, berichteten dem Tagesspiegel übereinstimmend, dass die Vorwürfe „übertrieben“ dargestellt seien, „da werden Einzelfälle hochgezogen“. In der als Quelle herangezogenen Mitarbeiter-App werde nicht systematisch gehetzt oder gemobbt. Wenn es mal eine abwertende Bemerkung gebe, dann von Leuten, die auch „über einen Bericht über unsere Ruderfähren lästern“.

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Dass die Reaktion auf eine BVG-interne Aktion gegen Queerfeindlichkeit und für Toleranz „absolut schockierend“ gewesen sei, wie in dem SZ-Bericht behauptet, stimme nicht. „Wir wurden auf dem Betriebshof Cicerostraße begeistert empfangen“, sagte einer, der dabei war. Allerdings sei die Bemerkung gefallen: „Mal sehen, wie ihr im Osten empfangen werdet.“ Die Situation auf den Betriebshöfen im Ostteil könne man nicht mit der offenen Stimmung in der Unternehmenszentrale gleichsetzen, sagt einer, der dort arbeitet.

In der BVG-Zentrale gebe es eine größere Abteilung, in der mehr als die Hälfte der Mitarbeiter schwul oder lesbisch sei, „das ist dort wohl Einstellungsvoraussetzung“, scherzte der Mann aus dem Regenbogennetzwerk. Die scheidende Vorstandsvorsitzende Eva Kreienkamp sei übrigens nicht aktiv im Netzwerk aufgetreten. Ihr Vertrag läuft im September aus. Schon kurz nach dem Start war Kreienkamp vorgeworfen worden, dass sie „nicht zur BVG passt“.

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