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Wie viele sich in jungen Jahren wohl für Eisenbahnen interessieren?

© Imago/photothek/Thomas Trutschel

Deutsche Bahn rekrutiert Azubis im Klassenzimmer: Bildungssenatorin besucht Berliner Kooperationsschule

Die Deutsche Bahn hat Nachwuchssorgen und will mit Schulkooperationen mehr junge Menschen in Ausbildung bringen. In Berlin und Brandenburg machen etwa 90 Schulen mit.

In Berlin fährt dieser Tage kaum eine S-Bahn, weil in ganz Deutschland die Lokführer:innen streiken. Währenddessen stellen Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) und DB-Personalchef Martin Seiler an einer Schule in Tempelhof vor, wie die Bahn versucht, Jugendliche im Klassenzimmer für sich zu begeistern.

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Es war sicher Zufall, dass der Termin am Mittwoch mit dem Streik der Gewerkschaft der Lokführer (GDL) in eins fiel. Das machte es trotzdem symbolträchtig: Denn wollte die DB alle Forderungen der GDL umsetzen, müsste der Konzern laut eigener Aussage rund 10.000 neue Beschäftigte einstellen.

Auch ohne die geforderte Arbeitszeitverkürzung ist die Personalsituation angespannt, die Bahn muss jedes Jahr rund 15.000 Mitarbeiter:innen in die Rente oder aus anderen Gründen gehen lassen. Für dieses Jahr hat sich der Konzern deshalb eine Rekordmarke an Neuanstellungen vorgenommen. Ziel ist, allein 6000 Nachwuchskräfte einzustellen. Warum also nicht die potenziellen Arbeitskräfte von morgen an Schulen gewinnen?

6000
Nachwuchskräfte will die Deutsche Bahn 2024 einstellen.

„Der Arbeitsmarkt ist so eng wie nie, auf der anderen Seite gibt es bei jungen Menschen sehr oft die Situation, dass sie nicht wissen, was sie tun sollen“, sagte Seiler im Auditorium der Tempelhofer Johanna-Eck-Schule. Die Schule ist seit 2022 eine von mittlerweile 570 Kooperationsschulen der DB. In Berlin und Brandenburg gibt es insgesamt 90 davon.

Engin Çatik, Schulleiter der Johanna-Eck-Schule, mit Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) und Martin Seiler, Personalvorstand bei der Deutschen Bahn.
Engin Çatik, Schulleiter der Johanna-Eck-Schule, mit Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch (CDU) und Martin Seiler, Personalvorstand bei der Deutschen Bahn.

© dpa/Sebastian Gollnow

„Es ist wichtig, dass die Betriebe an die Schulen gehen“, sagte Günther-Wünsch. Sie wies auf rund zehn Prozent Schulabgänger:innen in Berlin hin, die nach der Schule entweder ohne Abschluss dastünden oder keine Ahnung hätten, was sie mit ihrem Leben beruflich anstellen wollten.

Deutsche Bahn bildet nicht nur Lokführer aus

„Wir halten an unserer Schule eine Öffnung der Betriebe für unbedingt notwendig“, sagte auch Schulleiter Engin Çatik. Mehr als 100 junge Leute verließen jedes Jahr seine Schule, einige davon ohne Abschluss. Gerade an Schulen mit „herausforderndem Standort“, also dort, wo wie an der Johanna-Eck-Schule viele Kinder aus armen Verhältnissen stammen, seien Programme wie das der DB wichtig, sagte Günther-Wünsch.

An jeder Kooperationsschule stehen sogenannte Schulpat:innen als Ansprechpersonen zur Verfügung. Sie führen mehrmals im Jahr Infoveranstaltungen in interessierten Klassen durch. Weil sie selbst im Bahn-Konzern arbeiten, können sie den Schüler:innen aus erster Hand von ihrem Berufsalltag berichten.

Zusätzlich dazu gibt es „Community Recruiter:innen“, wie die DB ihre Mitarbeitenden nennt, die die Schulpat:innen hauptberuflich begleiten und die Kooperationsschulen betreuen. Claudia Haussmann ist eine von ihnen. „Am häufigsten werde ich von den Jugendlichen gefragt, warum die Deutsche Bahn immer zu spät kommt“, sagte sie. An zweiter Stelle stehe schon die Frage, ob die DB nur Lokführer:innen ausbilde. Sie erzähle dann, dass die Bahn 50 verschiedene Ausbildungsberufe und 25 duale Studiengänge im Angebot habe. Das Programm komme gut bei den Jugendlichen an.

Schulbesuch statt GDL-Streik befrieden

Bei der Vorstellung am Mittwoch war mehr Presse anwesend, als bei einem solchen Termin zu erwarten gewesen wäre. Ohne Zweifel, das hohe Interesse lag auch am aktuellen Streik der GDL.

Als Personalchef ist Seiler dafür verantwortlich, den Tarifkonflikt zu lösen. Er hätte bestimmt lieber mit GDL-Chef Claus Weselsky am Verhandlungstisch gesessen. Doch sein Kontrahent Weselsky sagte der „Frankfurter Rundschau“, er werde ohne ein neues Angebot nicht weiterverhandeln. Der Gewerkschaftsführer drohte am Morgen sogar damit, in den nächsten Arbeitskampf zu gehen, sollte die DB bis Freitag nichts Neues vorlegen.

Seiler ließ sich zu keiner Aussage zum GDL-Streik hinreißen. Er blieb beim Thema und verwies auf die aus seiner Sicht guten Tarifbedingungen: „Die Deutsche Bahn ist attraktiv, das sehen auch die jungen Leute so.“

Stattdessen löste er am Ende der Veranstaltung mit einem Teil der anwesenden Schüler:innen Matheaufgaben. Die Kinder sollten ausrechnen, wie viel Schotter man bestellen muss, um einen etwa einen Kilometer langen Gleisabschnitt zu erneuern. Solche Rechenaufgaben kommen hier auch im Unterricht vor.

Mit den anderen Schülern knobelte Günther-Wünsch. Ihre Gruppe stellte sich besser an als die von Seiler, aber die Senatorin hatte auch einen Vorteil: Vor ihrer Politkarriere hatte sie ein paar Jahre als Lehrerin gearbeitet.

Damit die Jugendlichen bis nachmittags in der Schule bleiben, hatte die DB sie mit Ladegeräten für ihre Smartphones als Geschenk bestochen. Eine Sprecherin teilte später mit, dass die Schüler:innen laut Schulleiter Çatik freiwillig dageblieben wären. Außerdem hätten sie vorher nicht gewusst, dass die DB Geschenke verteile.

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