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Der 6. „Antiquity Slam“ des Berliner Antike-Kolleg.

© Berliner Antike-Kolleg

10 Minuten vor dem Ischtar-Tor: Forschende messen sich beim „Antiquity Slam“ im Berliner Pergamonmuseum

Wissenschaftler:innen präsentieren ihre Projekte – das Publikum kürt den Sieger. Der 6. „Antiquity Slam“ fand in diesem Jahr vor besonderer Kulisse statt. Der Gewinner kommt aus Frankfurt.

In Serien und Filmen tragen sie Fell und Lendenschurz, oft erinnern ihre Gewänder an Kartoffelsäcke. Ein Bild von Kelten, Germanen und Wikingern, das nicht der Wirklichkeit entspricht. „Auch die Menschen in der Eisenzeit hatten feine Textilien“, sagt Ronja Lau.

Die Archäologin, die die Überreste von rund 3000 Jahre alter Kleidung analysiert hat, steht neben einer Anziehpuppe, die ein Outfit zeigt, das eine Frau von damals wirklich getragen haben könnte: ein Kleid aus rotem Stoff mit Karomuster, ein breiter Gürtel aus glänzendem Metall. „Und für ein bisschen Bling-Bling Glasperlen als Schmuck“, erklärt Ronja Lau. 

Die Wissenschaftlerin von der Ruhr-Universität Bochum war eine von sieben Teilnehmer:innen des 6. Berliner „Antiquity Slams“. Ein Wettbewerb, bei dem junge Forscher:innen aus den Altertumswissenschaften auf unterhaltsame Art ihre Projekte vorstellen. Jeder von ihnen hat dafür nur zehn Minuten Zeit. Den besten Vortrag bestimmt das Publikum durch Lautstärke und Dauer des Applauses.

In diesem Jahr fanden die humorvollen Vorträge erstmals im Pergamonmuseum auf der Museumsinsel statt, was die Atmosphäre sehr besonders machte. Die Bühne lag gleich unter dem blauen Ischtar-Tor, eines der rekonstruierten Stadttore, durch die man vor rund 2500 Jahren in die herrschaftliche Stadt Babylon gelangte. 

Das Ischtar-Tor war härter als die Tür vom Berghain.

Gösta Ingvar Gabriel, Altorientalist an der FU

Genau darum drehte sich auch der Vortrag von Gösta Ingvar Gabriel, Altorientalist an der Freien Universität Berlin. „Das Ischtar-Tor war härter als die Tür vom Berghain“, sagte er und erklärte, welche Hürden potenzielle Angreifer von Herrscher und Schätzen im Palast abhalten sollten: 15 Meter hohe und vier Meter dicke Mauern aus Backstein und ein hohes Tor aus Zedernholz. Dazu war das Ischtar-Tor trotz seiner Imposanz nur das „niedlichere“ Vortor, auf das der eigentliche Haupteingang folgte: ein noch höheres Doppeltor, Teil einer 40 Meter breiten Stadtmauer um Babylon. 

Abschrecken sollten auch die Figuren, die auf den Mauern zu sehen sind: Stiere und drachenartige Wesen, die als Manifestationen leibhaftiger Götter galten. Außerdem steckt hinter dem Namen des Tores eine furchteinflößende Gestalt: die Göttin Ischtar, die häufig mit Löwen und Schakal dargestellt wird. Sie wurde sowohl als Gottheit des Begehrens als auch des Krieges und Kampfes verehrt.

Sieger des „Antiquity Slams“ wurde Frederic Auth von der Goethe-Universität Frankfurt, der die Geschichte seiner archäologischen Entdeckung besonders unterhaltsam erzählte. Bei Grabungen in der Nähe von Bad Ems in Rheinland-Pfalz fanden er und sein Team mehrere Eichenspieße. Diese entpuppten sich als hölzernes Konstrukt zur Abschreckung von Feinden in einem römischen Lager. Wahrscheinlich hatten sie den gesamten Graben rund um den Bau gespickt. 

Solche Anlagen waren aus der Literatur bekannt – Caesar hat sie erwähnt –, gefunden hatte man sie aber bislang noch nicht, da Holz normalerweise zu schnell verfällt. Im feuchten Boden des Berges „Blöskopf“ hatten sich die hölzernen Spieße jedoch gut erhalten. Durch den Fund einer im Jahr 43 nach Christus geprägten Münze und weiterer Forschung wurde klar: Die Römer hatten das Militärlager im 1. Jahrhundert nach Christus errichtet, um nach Silbererz zu suchen. 

In den weiteren Vorträgen klärte die Althistorikerin Denise Reitzenstein aus München über alternative Liebeskonzepte im spartanischen Königshaus auf. Der Philosoph Benjamin Wilck aus Jerusalem berichtete, wie der Mensch in der Antike über die Zahl Zwei definiert wurde. Die Heidelberger Archäologin Polly Lohmann sprach über neuzeitliche Spannungsfelder zwischen Archäologie und Politik. Und Lisa Wilhelmi von der Freien Universität Berlin erzählte von Mord und Intrigen am hethitischen Königshof.

Der „Antiquity Slam“ ist eine Kooperation des Berliner Antike-Kollegs mit dem Vorderasiatischen Museum der Staatlichen Museen zu Berlin. In den nächsten Jahren wird er allerdings nicht wieder im Pergamonmuseum stattfinden können. Ende Oktober schließt das Museum für mindestens vier Jahre seine Tore. 

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