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Holpern üben. Wer sich kleine Ziele setzt, ist beim Schreiben zufriedener.

© dpa

Richtig Hausarbeiten schreiben: Weniger Anspruch, mehr Maloche

Vielen Studierenden fällt es schwer, Hausarbeiten zu schreiben. Dabei kann man es lernen - Tipps gegen das ewige Prokrastinieren und Schreibblockaden.

Im Kopf ist sie bereits geschrieben, die Hausarbeit vom letzten Semester. Die Literatur liegt gelesen auf dem Schreibtisch, man träumt von großen Thesen. Doch sobald die Ideen auf die Tastatur treffen, scheint plötzlich alles banal. Keine Formulierung klingt so gut wie bei anderen Wissenschaftlern. Und überhaupt: Was hat man eigentlich zu sagen?

Seminararbeiten sind oft mit Frust verbunden. Hohe Ansprüche, Orientierungslosigkeit, für Schreibblockaden gibt es viele Gründe. Manche Studierende schieben ihre Arbeiten mehrere Semester auf.

Dabei kann man lernen, Blockaden zu vermeiden – wie etwa bei Schreibwerkstätten, die Unis regelmäßig anbieten. In der „Langen Nacht der aufgeschobenen Hausarbeiten“ an der Freien Universität Berlin etwa holten sich unlängst rund 30 Studierende Tipps von Schreibexperten ab. Unter ihnen Daniel Aldridge, Germanistikstudent im dritten Semester. Seine Arbeiten aus dem ersten und dem zweiten Semester stehen noch aus. Eine davon war fast fertig, als ein Kumpel sie las und meinte, Aldridge müsse noch mal ran. „Plötzlich war meine ganze Motivation weg.“ Bei der anderen Arbeit über „Gender und Diversity“ kriegt er die Fragestellung nicht in den Griff.

Wie Aldridge geht es vielen. Ihre Arbeiten scheitern, bevor sie überhaupt begonnen haben: bei der Themenwahl. „Viele lesen viel zu früh viel zu speziell,“ sagt Edith Püschel von der Zentraleinrichtung Studienberatung und Psychologische Beratung an der FU. „So verzettelt man sich leicht.“ Ihre Kollegin Diana Kühndel rät, sich dem Thema über Schlüsselbegriffe zu nähern und dann per Schneeballsystem einen Überblick zu gewinnen. Dabei wirft man einen Blick ins Literaturverzeichnis anderer und liest interessante Beiträge selbst. Später kann man das Thema stärker eingrenzen.

Wer schon am Text sitzt, kämpft oft mit Schreibblockaden. Ein Blick in den „Schreibraum“ an der FU zeigt die typischen Erscheinungsbilder: Jemand liest Online-Zeitung, andere haben den Kopf auf die Tischplatte gelegt. Unlustgefühle, erklärt Edith Püschel, entstehen oft durch überhöhte Ansprüche an die eigene Arbeit und die dazugehörigen Versagensängste. Den Studierenden sagt sie: „Sie müssen keine Rätsel lösen.“ Den Theorieteil einer geisteswissenschaftlichen Seminararbeit zu schreiben, sei wie eine Talkshow zu moderieren. Man muss wissen, welche Meinungen die einzelnen Teilnehmer vertreten, um das Gespräch vom einen zum nächsten überzuleiten - ohne das Thema aus den Augen zu verlieren.

Studierenden, die sich vor dem Schreiben drücken, fehlt in den wenigsten Fällen die kognitive Fähigkeit. Was sie abhält, ist die Schwierigkeit zu akzeptieren, dass der eigene Stil anfangs noch holprig ist. Sie meinen, alles gelesen haben zu müssen, bevor sie mit dem ersten Satz beginnen. Püschel und Kühndel raten zum abwechselnden Lesen und Verschriftlichen. Wichtig ist jedoch, herauszufinden, wovor man sich genau drückt. Das Unterbewusstsein spielt beim Ablenken eine große Rolle: Mal lässt sich der USB-Stick nicht finden, mal muss unbedingt das Bad geputzt werden. Viele warten auf den genialen Einfall, durch den sich die Arbeit alleine schreibt. Es helfe, sagt Püschel, sich klarzumachen, dass nur ein kleiner Teil der Hausarbeit inspirierend sei. „Der Rest ist Maloche.“

Überhaupt rät Püschel, Wunschdenken zu reduzieren. Die Einstellung „Ich schaff’ das schon irgendwie“, führt selten zu guten Ergebnissen. Ohne realistische Zeitplanung neigt man dazu, die eigentliche Arbeit immer wieder aufzuschieben. Sechs bis acht Wochen kann man in der Regel für eine Hausarbeit einplanen. Ausnahmetalente schaffen es auch schon mal in drei Tagen, andere brauchen mindestens vier Monate. Fast immer dauert es jedoch länger als gedacht.

Um die Motivation zu vergrößern, ist es sinnvoll, sich kleine Ziele zu stecken und in einer begrenzten Zeit zu bearbeiten. Wer nach dem Prinzip schreibt, „Ich fange an und mache weiter, bis ich nicht mehr kann“, ist am folgenden Tag so erschöpft, dass er zu gar nichts mehr kommt. Wer plant, am nächsten Tag entspannt weiterzuarbeiten, sollte daher schon am Abend vorher an den Wiedereinstieg denken. Der Trick: „Manche Leute enden mitten im Satz, damit sie am anderen Tag nicht wieder vor einem ganz neuen Abschnitt stehen.“

- Die FU bietet am 23. April eine weitere Schreibwerkstatt an. Infos unter www.netzwerk-studienabschluss.de

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