zum Hauptinhalt
Der Schaufelradbagger 1571 im Tagebau Nochten.

© picture alliance / dpa/Arno Burgi

Verpasste Gelegenheiten in der Lausitz: Bevölkerung beim Kohleausstieg zu wenig einbezogen

Der Kohleausstieg ist beschlossene Sache. Doch dabei werden die Bedürfnisse lokaler Gemeinschaften in den Plänen allzu sehr ignoriert, belegt nun eine neue Studie.

2038 soll alles vorbei sein, empfahl die Kohlekommission 2015. Spätestens dann sollen die Bagger in den Tagebauen stillstehen, auch in der Lausitz, wo ein Drittel der deutschen Braunkohle gefördert wird. Unter dem Schlagwort „Strukturwandel“ fließen Milliardenbeträge in die Region, um sie von ihrem fossilen Erbe zu lösen.

Die Bedürfnisse der lokalen Bevölkerung sind von der Kommission und bei den Strukturwandelmaßnahmen nicht ausreichend berücksichtigt worden, so eine Studie von Jörg Radtke vom Forschungsinstitut für Nachhaltigkeit (RIFS) in Potsdam. Zusammen mit Kollegen der Universität Lüneburg hat er die Lausitz und das Rheinischen Kohlerevier verglichen. Wie sie im Fachblatt „Energy, Sustainability and Society“ beschreiben, empfänden die Menschen, dass Außenstehende über ihre Zukunft entscheiden.

Radtke führt dies unter anderem auf Mängel bei der Bürgerbeteiligung und „verpasste Gelegenheiten zur Schaffung eines fairen und offenen Prozesses zurück“, zitiert ihn eine Meldung des RIFS. „Weil die Präferenzen der lokalen Gemeinschaften nicht hinreichend in den Prozess einflossen, hatten sie auch kaum Einfluss auf die anschließende Politikgestaltung.“

Die Lausitz blickt pessimistischer in die Zukunft

Die Bevölkerung in der Lausitz denkt beim Kohleausstieg vor allem an Verlust, glaubt nicht an die Neuansiedlung von Hightech-Unternehmen und befürchtet eine weitere Abwanderung, unter der die Region seit Jahrzehnten leidet. Seit der Wende, die auch einen massiven Strukturbruch für die dortige Kohleindustrie bedeutete, hat die Lausitz fast ein Fünftel ihrer Bevölkerung eingebüßt.

Wir kommen zu dem Schluss, dass der erste Ausstiegsprozess eine verpasste Gelegenheit war, einen nachhaltigen Übergangsprozess einzuleiten, der die Gesellschaft einbezieht. 

Autoren der Studie zur Verfahrensgerechtigkeit

Diese „herausfordernden historischen Erfahrungen“ der Lausitzer seien laut Studienautoren ein Grund, weshalb man negativer in die Zukunft blicke als im Rheinland. Im Rheinischen Revier sei man vor allem über die sinnvolle Umsetzung der Energiewende besorgt. Außerdem seien zivilgesellschaftliche Interessen besser berücksichtigt worden: „Hier gab es ein regionales Leitbild, langfristige Strategien, einen Tourismusplan für wirtschaftliches Wachstum und insgesamt mehr Raum für Vernetzung, Kreativität und Experimentierfreude als in der Lausitz, der eine Beteiligungsstrategie fehlte“, sagt Radtke.

Die Autoren werteten für ihre Untersuchung mehrere Studien aus und führten Interviews mit der Politik, mit Wirtschaftsvertretern, der Zivilgesellschaft und den Medien in den betroffenen Regionen. Sie mahnen „weitere Anstrengungen und neue Strategien“ an, da der Ausstiegsprozess noch nicht abgeschlossen ist.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false