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Eine Kommission empfiehlt, bei Fachhochschulen Promotionszentren in forschungsstarken Bereichen einzurichten. Es gibt auch Konfliktpotenzial. 

© IMAGO/Silas Stein

Promovieren an der FH: Das lange Warten könnte in Berlin ein Ende haben

Seit langem warten die Fachhochschulen in Berlin darauf, selber promovieren zu dürfen. Eine Kommission empfiehlt jetzt, bei ihnen Promotionszentren einzurichten. Es gibt auch Konfliktpotenzial.

Auf das Recht, junge Forschende promovieren zu dürfen, warten die Hochschulen für angewandte Wissenschaften (HAWen, ehemals Fachhochschulen) in Berlin seit langem. Es ist ein Herzenswunsch dieser Hochschulen, oft erbittert bekämpft von den Universitäten, die das Promotionsrecht bisher exklusiv für sich haben.

Gesetzlich wurden schon 2021 dafür in der Hauptstadt die Voraussetzungen geschaffen – doch das in die Praxis umzusetzen, zog sich zum Ärger der HAWen hin. Nun hat eine Expertenkommission endlich Eckpunkte vorgelegt, wie das Promotionsrecht tatsächlich mit Leben gefüllt werden soll.

Kern sollen „Promotionszentren“ in Bereichen an HAWen werden, die besonders forschungsstark sind. Das Modell lehnt sich an das Vorgehen in Hessen an, wo es ähnliche Zentren an den Hochschulen gibt. In Berlin gibt es vier staatliche Fachhochschulen und zwei in kirchlicher Trägerschaft, wobei die Zentren auch hochschulübergreifend eingerichtet werden könnten.

Eigentlich sind HAWen auf Lehre und Anwendungsbezug fokussiert – Forschung gehörte lange nicht zu ihrer Kernmission. Der Hochschulforscher Stefan Hornbostel, Leiter der Expertenkommission, geht denn auch davon aus, dass das Promotionsrecht ein Stück auf dem Weg zu einem tiefgreifenden Umbau ist: „Mit der stärkeren Forschungsorientierung kommt ein völlig neues Element dazu.“

Keine „Promotion light“

Die Hochschulen müssen daher nachweisen, dass sie in den entsprechenden Bereichen besonders forschungsstark sind. „Es ist extrem wichtig, dass Qualität ganz nach oben geschoben wird. Es sollte nicht passieren, dass die Idee einer ‚Promotion light‘ entsteht“, sagt Hornbostel. Tatsächlich ist auch gesetzlich vorgeschrieben, dass eine HAW anders als eine Universität keineswegs flächendeckend das Promotionsrecht bekommt – sondern nur „in Forschungsumfeldern, in denen sie für einen mehrjährigen Zeitraum eine ausreichende Forschungsstärke nachgewiesen haben“, wie es im Berliner Hochschulgesetz heißt.

Mindestens 12 forschungsstarke Professor:innen in dem identifizierten Gebiet sind dabei die Voraussetzung für ein Promotionszentrum, ebenso eine strategische Forschungsplanung für die gesamte HAW, schlägt die Kommission nun vor. „Die Professorinnen und Professoren müssen nachweisen, dass sie forschungsaktiv sind und dabei ein gewisses Niveau erreichen“, sagt Hornbostel. Die Kommission empfiehlt dabei, an möglichst vielen Stellen der Qualitätsüberprüfung Externe einzubeziehen – auch um das Konfliktpotenzial innerhalb der Hochschulen zu begrenzen. Das sei auch eine Lehre aus den bisherigen Erfahrungen in anderen Bundesländern, insbesondere in Hessen, sagt Hornbostel.

Konfliktpotenzial vorhanden

So sollte eine berlinweite und nach Fachgebieten differenzierte Kommission eingerichtet, die die Begutachtung von HAW-Promotionszentren übernimmt, empfiehlt das Papier. Diese Kommission sollte sich mehrheitlich aus Mitgliedern aus dem Bundesgebiet und aus dem Ausland zusammensetzen. Das Promotionsrecht soll unbefristet verliehen werden, könnte nach einer Evaluation nach sieben Jahren aber wieder entzogen werden.

Nun gibt es in Deutschland bereits zahlreiche Promovierende, die von den Universitäten kommen. Vor diesem Hintergrund empfiehlt Hornbostel den HAWen, ein eigenständiges Promotionsprofil zu entwickeln: „Betonung auf den Stärken der HAWen, Interdisziplinarität, Transfer und Anwendungsbezug.“ Die HAWen müssten das jetzt ausarbeiten.

Die Expertenkommission konstituierte sich im März noch unter der Vorgängerregierung. Alle HAWen seien einmal besucht worden, um sich über die bisherigen Erfahrungen und Erwartungen auszutauschen, sagt Hornbostel: „Das war bewusst als dialogisches Verfahren gedacht.“ Ende des Jahres sollen dann die endgültigen Empfehlungen stehen. 2024 solle die entsprechende Rechtsverordnung fertig werden, sagt Wissenschaftsstaatssekretär Henry Marx (SPD). Wann dann die ersten Promotionszentren entstehen, ist noch offen.

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