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Sebastian Möller und Dorothea Kolossa von der TU (außen) befragen Apples Nachhaltigkeitschefin Lisa Jackson und Hardware-Boss John Ternus (Mitte, v.l.n.r.)

© JONAS HUCKSTORF

Nachhaltige Alltagstechnik: Apple will zu den Guten gehören

Die Studierenden hätten die Zukunft der Welt in ihrer Hand, sagen zwei Apple-Manager:innen bei einer Gesprächsrunde an der TU. Der Konzern sieht sich selbst in einer Vorreiterrolle.

Ein echtes Lagerfeuer gibt es bei dem „Fireside Chat“ an der Technischen Universität Berlin zwar nicht, es wäre bei den sommerlichen Temperaturen auch kein Gewinn gewesen. Der Saal im historischen Teil des Uni-Hauptgebäudes ist trotzdem voll besetzt mit Studierenden der Ingenieurswissenschaften. Die TU-Professor:innen Dorothea Kolossa und Sebastian Möller hatten sie eingeladen und ihre Fragen vorab gesammelt, sortiert und zusammengefasst.

Die TU-Profs fungieren in der von Apple und TU gemeinsam veranstalteten Runde am Donnerstag eher als Stichwortgeber, denn allzu kritische Fragen stellen sie nicht. Neben ihnen nehmen auf dem Podium zwei Mitglieder aus dem Apple-Vorstand Platz: Hardware-Chef John Ternus und Lisa Jackson, die Sozial- und Nachhaltigkeitsprojekte des Konzerns verantwortet.

Tu gutes und rede darüber

Die TU ist nur eine Station auf ihrer Tour durch Berlin. Das Thema: Wie kann Technologie nachhaltiger werden und was tut Apple als weltgrößter Tech-Konzern dafür?

Die Apple-Manager sprechen von der eigenen Verantwortung gegenüber der Umwelt. Die Firma hat allein durch seine Absatzzahlen große Macht auf die Märkte. „Wenn wir ein iPhone nur wenige Prozent nachhaltiger machen, hat das eine ungeheure Wirkung“, sagt Ternus. Er appelliert auch an die Verantwortung des Publikums: „Die meisten Leute können nur relativ wenig für den Umweltschutz tun. Aber ihr seid Ingenieure, ihr baut die Welt von morgen.“

Lisa Jackson belegt Apples Position, Profitstreben und Nachhaltigkeit zu vereinen, mit ausgewählten Beispielen und Zahlen. So arbeite der Konzern seit 2018 an all seinen Standorten kohlenstoffneutral, bis 2030 soll das auch für jedes Produkt gelten. Ein ambitioniertes Ziel, doch Apple sei gern der Erste: „Wir sind Innovatoren; das ist das Wesen unserer Marke“, sagt Jackson.  

Apple ist auch ein Hardware-Konzern

Für den Hardware-Konzern steht und fällt die Nachhaltigkeit mit der Fertigung, Reparierbarkeit und Wiederverwertbarkeit seiner Produkte wie Handys, Laptops, Computer-Uhren oder Tablets. Auf dem Weg dahin müssen nun auch Zulieferer klimaneutral werden, was 80 Prozent der Firmen mindestens schon zugesichert hätten, einige setzen die Vorgaben bereits um. 

Apples Chips gehören zu den energieeffizientesten auf dem Markt. Einige dieser Mikroprozessoren werden in Deutschland designt, in seinen Forschungs- und Entwicklungsstandort München investiert die Firma zwei Milliarden Euro. 

Zweifelsohne dient die Veranstaltung auch dazu, den Studierenden eine künftige Mitarbeit dort schmackhaft zu machen. Und tatsächlich bezogen sich wohl ein großer Teil der eingereichten Fragen auf die notwendigen Voraussetzungen, um bei Apple arbeiten zu können. Die Antwort: Neben Fachkenntnissen auch Kommunikationsfähigkeit und der Wille, Neues zu lernen.

Über allem steht das Apple-Erlebnis

Dem Streben nach Nachhaltigkeit setzt der Konzern allerdings Grenzen: „Wir machen keine Kompromisse bei der Sicherheit, Qualität oder Zuverlässigkeit der Produkte, oder beim Apple-Erlebnis – also dem Gefühl, ein Apple-Produkt zu benutzen“, sagt Ternus. Häufig ließen sich solche Zielkonflikte mit Ingenieurskunst auflösen. So hätten seine Ingenieure eine neue Legierung entwickelt, um recyceltes Aluminium trotz seiner typischen Verunreinigungen für Laptop-Gehäuse mit hervorragenden Oberflächeneigenschaften zu verwenden. 

Apple-Manager bei der Veranstaltung an der TU Berlin: Lisa Jackson verantwortet die Sozial- und Nachhaltigkeitsprojekte des Konzerns, John Ternus ist Hardware-Chef.

© JONAS HUCKSTORF

Aus den eigenen Mobiltelefonen könne Apple die Seltenen Erden zurückgewinnen, weil es Altgeräte mit Robotern zerlege und nicht einfach schreddern und die Metalle ausschmelzen würde, erzählt ein PR-Beauftragter am Rande der Veranstaltung. Das gilt freilich nur für Geräte, die zu Apple zurückgelangen. 

Zur Wahrheit gehört aber auch, dass Reparatur-Organisationen regelmäßig die hochintegrierte Bauweise oder fest verlötete und verklebte Komponenten bemängeln. Bei den drahtlosen Ohrhörern der Firma führt das beispielsweise dazu, dass ein verbrauchter Akku das gesamte Gerät unbrauchbar macht. Bei Laptops kann kein Speicher nachgerüstet werden, sondern muss für horrende Preise beim Neugerät zukauft werden. Freie Werkstätten benötigen zertifizierte Spezialgeräte für viele Reparaturen. Bleibt da die Nachhaltigkeit nicht auf der Strecke? 

Die Entscheidung Apples, etwa den Speicher direkt in die Chips zu integrieren, macht Upgrades zwar unmöglich, antwortet Ternus auf Nachfrage des Tagesspiegels. Es sei aber im Hinblick auf Leistung, Energie- und damit CO₂-Effizienz schwer, darauf zu verzichten. Außerdem seien die Upgrade-Slots früher eine der fehleranfälligsten Stellen der Geräte gewesen. 

Sowieso wolle man einfach Produkte herstellen, die möglichst langlebig sind, sagt Ternus: „Die beste Reparatur ist die, die man nicht braucht.“ Angesichts Telefon-Gehäusen aus gehärtetem Glas – einem Material, das von Natur aus zerbrechlich ist – eine gewagte Aussage. 

Nachfragen aus dem Publikum sind nicht vorgesehen, auch Zwischenrufe bleiben aus. So geht die durchorganisierte Dreiviertelstunde pünktlich zu Ende und die Apple-Manager eilen zu ihrem nächsten Termin.

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