zum Hauptinhalt
Moor mit Schlenken und trockeneren Baendern am Saeytsjaervi im finnischen Lappland.

© imago/blickwinkel/M. Woike

Moore für den Klimaschutz: Potsdamer Geologen vermessen Kohlenstoffspeicher aus dem All

Wie viele Moore es noch auf der Welt gibt und wo sie wieder hergestellt werden könnten, erkundeten Potsdamer Forschende per Satellit. Die Daten können dem Klimaschutz dienen, denn die Moore speichern eine Menge Kohlenstoff.

Bei Mooren denken viele an nebelige Gruselmärchen, in denen Menschen im dunklen Grund versinken. In Wahrheit können Moore für den Menschen äußerst hilfreich sein. Sie speichern riesige Mengen an CO₂ und verhindern so, dass die Treibhausgase in die Atmosphäre gelangen. Ein wichtiger Faktor im Umgang mit der Klimakrise.

Wissenschaftler der Universität Potsdam haben nun eine Methode vorgestellt, mit deren Hilfe man auch in schwer zugänglichen Regionen noch intakte Moore erkennen und beobachten kann. „Wir haben uns angeschaut, wie man mit fernerkundlichen Methoden zum Beispiel in Gebieten mit dichter Vegetation Moore finden kann“, sagt Bodo Bookhagen, Professor für Angewandte Fernerkundung an der Universität Potsdam.

Sein Team nutzte dafür Messungen von luft- und weltraumgestützten Lidar-Systemen. Dabei werden von Satelliten und Flugzeugen Laserstrahlen auf die Erdoberfläche ausgesendet. Mit den daraus entstehenden Daten lassen sich dreidimensionale Geländemodelle erzeugen. „Mithilfe dieser Laserstrahlen können wir zuzusagen durch die Vegetation hindurchschauen“, sagt Bookhagen.

Datengrundlage, um Moore wiederherzustellen

Auch Geologen und Archäologen nutzten diese noch relativ junge Technik, um zum Beispiel im Wald Ruinen zu finden, ohne zunächst einen Spaten ansetzen zu müssen.

Die Potsdamer Wissenschaftler haben Hochmoore von Alaska über die Tropen bis nach Neuseeland vermessen. Die Ergebnisse, die kürzlich im Fachjournal „Nature“ veröffentlicht wurden, können als Planungsgrundlage für natürliche Klimalösungen dienen – zum Beispiel, indem man die weitere Trockenlegung von noch intakten Mooren stoppt oder bereits geschädigte Moore wiedervernässt.

Riesige bewaldete Moorlandschaften gibt es zum Beispiel in Südostasien oder im südamerikanischen Amazonas-Becken. Und erst vor einigen Jahren entdeckten Forscher das größte tropische Torfmoor der Erde in der Cuvette Centrale im Kongobecken. Versteckt unter Regenwald befindet sich hier auf einer Fläche von 145.500 Quadratkilometern ein riesiger Kohlenstoffspeicher.

In den letzten zwei Jahrzehnten wurden Moorwälder in tropischen Regionen jedoch zunehmend gerodet und entwässert, um die Fläche für landwirtschaftliche Produktion zu nutzen. Vor allem in Indonesien wurden Moorwälder legal als auch illegal in Palmöl- und Akazienplantagen umgewandelt. Solange der Torf, der aus den Resten abgestorbener Pflanzen besteht, nass ist, bleibt der Kohlenstoff darin gespeichert. Wird das Moor entwässert, wird er nach und nach als CO₂ in die Atmosphäre freigesetzt.

„Mit der von uns vorgestellten Methode ist ein Monitoring möglich, also ein kontinuierliches Beobachten, wie sich Moore verändern“, sagt Bookhagen. So ließe sich die Trockenlegung in manchen Regionen womöglich stoppen.

Im Mittelalter begann hier die Trockenlegung

Die Trockenlegung von Mooren ist mit mehr als zwei Milliarden Tonnen Kohlendioxid für rund vier Prozent aller menschengemachten Emissionen verantwortlich, heißt es im „Mooratlas 2023“ der Heinrich-Böll-Stiftung, des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und der Greifswalder Michael-Succow-Stiftung.

Was in den Tropen passiert, haben die Europäer schon vor einigen Jahrhunderten vollzogen. Auch in Deutschland waren einmal große Gebiete von Mooren bedeckt, die nach der letzten Eiszeit entstanden sind. Weite Teile Nord- und Ostdeutschlands sowie das Alpenvorland im Süden waren ursprünglich Moorlandschaften. Im Laufe des Mittelalters und bis heute wurden mehr als 90 Prozent trockengelegt, um Acker- und Weideflächen zu schaffen. Gräben wurden angelegt, die das Wasser abfließen lassen. Zahlen des Umweltbundesamtes zufolge setzten in Deutschland trockengelegte Moore jährlich 53 Millionen Tonnen Treibhausgase frei – das sind 7,5 Prozent aller deutschen Emissionen.

Im November 2022 hat die Bundesregierung die Nationale Moorschutzstrategie auf den Weg gebracht. Bis zum Jahr 2030 sollen die Treibhausgasemissionen aus Moorböden um jährlich fünf Millionen Tonnen CO2-Äquivalent reduziert werden. Wichtigste Maßnahme ist die Wiedervernässung von zuvor trockengelegten Moorböden. 

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false