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Der Generalsekretär der Königlich Schwedischen Akademie der Wissenschaften, Hans Ellegren (Mitte), gab die Gewinner des Nobelpreises für Chemie bekannt.

© dpa / CHRISTINE OLSSON

Update

Eine Frau und zwei Männer: Chemie-Nobelpreis für Molekülbau mit „Klick“

Die Amerikanerin Carolyn Bertozzi, ihr Landsmann Barry Sharpless sowie der Däne Morten Meldal werden für die Entwicklung einer chemischen Synthesemethode ausgezeichnet.

Der Nobelpreis für Chemie geht in diesem Jahr an die Forscher:innen Carolyn Bertozzi (USA), Morten Meldal (Dänemark) und Barry Sharpless (USA). Sie haben Methoden zum zielgerichteten Aufbau von Molekülen entwickelt. Das teilte die Königlich-Schwedische Akademie der Wissenschaften am Mittwoch in Stockholm mit.

Bertozzi ist die erste Frau, der in diesem Jahr ein Nobelpreis zugesprochen wurde. Die drei Ausgezeichneten teilen sich den Preis „für die Entwicklung der Klick-Chemie und der bioorthogonalen Chemie“.

Biomoleküle im Bausatz

Sharpless und Meldal haben dem Nobelkomitee zufolge die Grundlagen für die sogenannte Klick-Chemie gelegt. Sharpless begründete das Konzept der Klick-Chemie. Dabei können unterschiedliche Moleküle mit einer Art Schnalle versehen und anschließend gezielt gekoppelt werden - „eine Revolution für die Art, wie wir darüber nachdenken, Moleküle zu verbinden“, sagte Komiteemitglied Olof Ramström bei der Bekanntgabe.

Sharpless und Meldal entwickelten kurz darauf unabhängig voneinander die Synthesemethode der Azid-Alkin-Cycloaddition. Azide und Alkine dienen als die Verbindungsstücke, über die Moleküle zu komplexen Strukturen verknüpft werden können.

Die Methode hat den Vorteil, dass ein gewünschtes Endprodukt wie etwa ein medizinischer Wirkstoff gezielt hergestellt werden kann und dabei kein Stoffgemisch entsteht. Sie benötigt jedoch das Metall Kupfer als Katalysator, der die chemische Reaktion ablaufen lässt, ohne selbst dabei verändert zu werden.

Barry Sharpless ist nach Frederick Sanger der zweite Mensch, der zweimal einen Chemie-Nobelpreis erhielt.

© dpa / Denis Poroy

Für die Anwendung in lebenden Zellen ist Kupfer jedoch problematisch, da es toxisch wirken kann. Carolyn Bertozzi hat die Klick-Chemie mit ihren Arbeiten zellverträglich gemacht. Die von ihr entwickelten bioorthogonalen Reaktionen ermöglichen Klick-Chemie, die den Zellstoffwechsel nicht stört.

In der Pressekonferenz nach der Bekanntgabe benannte sie die für sie vielversprechendsten Anwendungsfelder: Bioorthogonal hergestellte Moleküle könnten als Entdeckungswerkzeug genutzt werden, um unbekannte Biomoleküle aufzuspüren und in der Medizin eingesetzt werden.

„Wirkstoffe können im Organismus an den richtigen Ort gebracht und von falschen Orten ferngehalten werden“, sagte die Wissenschaftlerin. Mithilfe bioorthogonaler Reaktionen haben Forschende etwa die Zielgenauigkeit von Krebsmedikamenten verbessert, die nun in klinischen Versuchen getestet werden.

Die Forschung stehe noch am Anfang und das Feld möglicher Anwendungen sei groß, sagte Bertozzi. Die Reaktionen werden bereits weltweit eingesetzt, um biochemische Vorgänge in Zellen zu erforschen. Klick-Chemie kommt bei der Entwicklung neuer Wirkstoffe von Arzneimitteln, bei der Entschlüsselung der Erbsubstanz DNA und bei der Herstellung von neuen Materialien zum Einsatz.

Drei Wissenschaftspreise vergeben

Sharpless hatte bereits 2001 einen Chemie-Nobelpreis „für seine Arbeit an chiral katalysierten Oxidationsreaktionen“ erhalten. Die renommierteste Auszeichnung für Chemiker ist in diesem Jahr mit insgesamt zehn Millionen Kronen (rund 920.000 Euro) dotiert. Die feierliche Übergabe der Preise findet traditionsgemäß am 10. Dezember statt, dem Todestag des Stifters Alfred Nobel.

Seit 1901 wurde der Chemie-Nobelpreis an 187 verschiedene Forscher vergeben. Einer von ihnen, der Brite Frederick Sanger, erhielt ihn zweimal. Unter den Preisträgern waren bislang sieben Frauen, etwa Marie Curie 1911, die die radioaktiven Elemente Polonium und Radium entdeckte.

2021 ging der Preis an den deutschen Forscher Benjamin List und den gebürtigen Briten David W.C. MacMillan. Sie hatten eine raffinierte Methode zur Beschleunigung chemischer Reaktionen entwickelt.

Am Montag war der Nobelpreis für Medizin und Physiologie dem in Leipzig arbeitenden schwedischen Forscher Svante Pääbo für seine Erkenntnisse zur menschlichen Evolution zugesprochen worden. Am Dienstag wurden der Franzose Alain Aspect, der US-Amerikaner John Clauser und der Österreicher Anton Zeilinger für ihre Erkenntnisse in der Quantenmechanik als Physik-Nobelpreisträger gekürt.

Am Donnerstag und Freitag folgen die Bekanntgaben der diesjährigen Nobelpreisträger für Literatur und für Frieden. Die Reihe endet am kommenden Montag mit dem von der schwedischen Reichsbank gestifteten sogenannten Wirtschafts-Nobelpreis. (mit dpa)

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