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Die Burchardiflut verwüstet große Teile der Nordseeküste. Tausende Menschen kamen dabei ums Leben.

© mauritius images/The Picture Art Collection/ Alamy / Alamy Stock Photos/All mauritius images

Heute vor 389 Jahren: Als die Nordsee die Küste schluckte

Die zweite verheerende Flut in der Nordsee zerstörte ganze Inseln. Dabei spülten die Wellen auch Sagen über verschollene Orte an Land.

Eine Kolumne von Lili Wolf

„Und die Well’n, wutschäumend und bäumend, türmen sich auf, und es wogen lebendig die weißen Wasserberge“, dichtete Heinrich Heine im 19. Jahrhundert über die oft so raue und stürmische Nordsee.

Sie tobt regelmäßig, manchmal sind Sturmfluten so verheerend, dass ganze Orte in den Wellen untergehen. Am 11. Oktober 1634, heute vor 389 Jahren, formte die sogenannte Burchardiflut im nordfriesischen Wattenmeer die Nordseeküsten von Sylt bis hin zur Elbe neu.

An diesem Tag stieg der Meeresspiegel nach zeitgenössischen Aufzeichnungen um vier Meter an. Die Wassermassen überfluteten und zerstörten ganze Siedlungen. Mehrere tausend Menschen und Tiere ertranken in der Sturmflut, die Insel Strand wurde von den Wellen in mehrere Teile zerschlagen.

Die Burchardiflut war schon die zweite Naturkatastrophe, die das nordfriesische Wattenmeer mit solcher Wucht traf und wurde deswegen die zweite „Grote Mandränke“ genannt, was so viel bedeutet wie „großes Ertrinken“. Sie riss alte Wunden auf und weckte Erinnerungen an die verheerende Marcellusflut im Jahr 1362.

Die Flut hatte als erste „Grote Mandränke“ die Küste verwüstet. Die Siedlung Rungholt konnte den Wellen damals nicht standhalten, versank und wurde zum Mythos. Der Pfarrer Anton Heimreich schrieb im Jahr 1666, Rungholt würde tief im Meer fortbestehen und der Kirchturm sich bei klarem Himmel aus dem Wasser recken.

Wer bei Windstille an der Küste steht und horcht, könne noch immer leise die Kirchenglocken der Stadt aus den Meerestiefen läuten hören. Rungholt wurde zu einem sagenumwobenen „Atlantis des Nordens“.

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Auch heute noch sind Küstenregionen Sturmfluten und Hochwassern ausgesetzt. Venedig wird jährlich vom „Acqua alta“ überschwemmt, die Stadt gründete deswegen schon im 16. Jahrhundert ein „Wasserkomitee“.

Seitdem ist viel passiert: Der Meeresspiegel steigt durch den Klimawandel immer schneller und gleichzeitig sinken Küstenstädte wie Jakarta und New York ab, weil sie zu schwer sind und zu viel Grundwasser entnommen wird. Eine unheilvolle Kombination, bei der man nur hoffen kann, dass Rungholts Kirchenglocken für immer die einzigen bleiben, die unter Wasser läuten sollen.

Lesen Sie alle bisher erschienenen Folgen der Tagesrückspiegel-Kolumne hier.

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