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Kanopenkrug aus Sandstein von Senetnay (c. 1450 v.Chr.); Museum August Kestner, Hannover.

© Museum August Kestner, Hannover; Foto: Christian Tepper

Duft der Ewigkeit: Wie ein ägyptischer Mumifizierungsbalsam vermutlich roch

Ein Forschungsteam hat einen der Düfte nachgebildet, die bei der Mumifizierung einer ägyptischen Frau vor mehr als 3500 Jahren verwendet wurden.

Von Stefan Parsch, dpa

„Duft der Ewigkeit“ nennt ein Forschungsteam des Max-Planck-Instituts (MPI) für Geoanthropologie in Jena ein Parfüm, das einem altägyptischen Mumifizierungsbalsam nachempfunden wurde. Der Duft basiert auf den physikalisch-chemischen Analysen eines fast 3500 Jahre alten Balsams, über die ein Team um Nicole Boivin vom MPI für Geoanthropologie im Fachmagazin „Scientific Reports“ berichtet.

Es war Howard Carter, der berühmte Entdecker des Grabes von Tutanchamun, der im Jahr 1900 das Grab mit der späteren Bezeichnung KV42 fand. Bestattet war hier auch eine adelige Dame namens Senetnay, die früheren Forschungserkenntnissen zufolge die Amme des Sohns von Thutmosis III., dem sechsten Pharao der 18. Dynastie im Neuen Reich, war und ungefähr 1450 vor Christus einbalsamiert wurde.

„Die Anzahl der importierten Inhaltsstoffe für ihren Balsam unterstreicht auch die Bedeutung Senetnays als wichtiges Mitglied des inneren Kreises des Pharaos“, wird Archäologin Boivin in einer Mitteilung ihres Instituts zitiert.

Chemische Untersuchung der Kanopenkrüge

Zur Vorbereitung der Mumifizierung wurden den Verstorbenen viele innere Organe entnommen. Oftmals wurden diese ebenfalls mumifiziert und in speziellen Gefäßen, Kanopenkrüge genannt, aufbewahrt. Die Kanopenkrüge, die ursprünglich die Lunge und die Leber von Senetnay enthielten, befinden sich heute im Hannoveraner Museum August Kestner.

Die Parfümeurin Carole Calvez bildete den historischen Duft nach.

© Barbara Huber, Max-Planck-Institut für Geoanthropologie

Die Forschenden nahmen Proben vom Inneren der Gefäße – von den Wänden wie vom Boden – wo Reste des Mumifizierungsbalsams zu finden waren. Mit drei hoch entwickelten Chromatografie-Massenspektrometrie-Verfahren untersuchten sie die Balsamreste auf ihre Inhaltsstoffe.

Das Forschungsteam fand vielerlei organische Säuren, die überwiegend bestimmten organischen Substanzen zugeordnet werden konnten: Bienenwachs, Pflanzenöl, Fette und Bitumen. Weitere Säuren stammten aus Nadelbaumharz, die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vermuten Lärchenharz.

Weil Nadelbäume in Ägypten nicht vorkommen, muss das Harz importiert worden sein. Zwei organische Säuren – die Dammarenolsäure und Oleanolsäure – kommen sowohl im Harz von Pistazienbäumen als auch im Dammarharz vor; Dammarharz wird aus Flügelfruchtgewächsen gewonnen, die in Indien und auf südostasiatischen Inseln wachsen.

Hinweise über Handelsrouten

Beide Harze sind nachweislich bei anderen Mumien für den Mumifizierungsbalsam verwendet worden. Falls sich die Verwendung von Dammarharz bestätigen sollte, wäre dies ein Hinweis darauf, dass die Ägypter bereits knapp ein Jahrtausend früher als bisher bekannt Zugang zu Handelsrouten aus Südostasien hatten.

Der ‘Duft der Ewigkeit’ verkörpert die reiche kulturelle, historische und spirituelle Bedeutung der altägyptischen Begräbnispraktiken.

Barbara Huber vom Max-Planck-Institut für Geoanthropologie

„Diese komplexen und vielfältigen Inhaltsstoffe, die für diese frühe Zeitperiode einzigartig sind, bieten ein neues Verständnis für die differenzierten Mumifizierungspraktiken der damaligen Zeit“, sagt Mitautor Christian Loeben, Ägyptologe und Kurator am Museum August Kestner.

Unter der Leitung von Barbara Huber vom MPI für Geoanthropologie entwickelte das Forschungsteam zusammen mit der französischen Parfümeurin Carole Calvez und der sensorischen Museologin Sofia Collette Ehrich ein Parfüm auf der Basis der Balsamanalyse, das eine zeitliche Kluft von fast 3500 Jahren überbrücken soll.

Besucher des Moesgaard Museums in der Nähe von Aarhus (Dänemark) werden es demnächst riechen können. Zum Parfüm erklärt Huber: „Der ‘Duft der Ewigkeit’ steht für mehr als nur das Aroma des Mumifizierungsprozesses; er verkörpert die reiche kulturelle, historische und spirituelle Bedeutung der altägyptischen Begräbnispraktiken.“

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