zum Hauptinhalt
Léni Chons studiert Bildende Kunst in der Klasse von Prof. Ursula Neugebauer. Ihr Anzug ist wie ein Kokon.

© Titus Scholl

Lehrveranstaltung und neues AStA-Referat: Das Klima kann nicht warten

Zahlreiche Initiativen an der UdK Berlin arbeiten an der klimaneutralen Hochschule. Gerade die Studierenden machen sich stark.

Rundgang 2019 im Medienhaus in der Grunewaldstraße. In vielen Ausstellungsräumen stehen weiße Stelen, auf denen ein Blatt Papier platziert ist: „Couldn't be part of the exhibition, trying to convince governments to act on Climate Emergency“, steht in schlichten Lettern darauf geschrieben. Im Medienhaus ist das Engagement gegen den Klimawandel sehr präsent, scheinen diese Installationen auszusagen, hier kämpfen mehrere Künste, mehrere Menschen gegen die Erderwärmung und die globalen Umwälzungen, die daraus resultieren werden.

Etwa 30 Studierende der Fächer Visuelle Kommunikation und Kunst und Medien hatten die Idee, den Klimawandel in mehreren Klassenausstellungen zu thematisieren. Sie alle wünschen sich an der UdK ein größeres Engagement für das Klima.

„Wir haben gemerkt, wie dringend es ist, uns theoretisch und praktisch mit Themen, die den Klimawandel und Klimagerechtigkeit betreffen, auseinanderzusetzen. Leider haben wir kein Angebot gesehen, das den Austausch darüber fördert oder die Auseinandersetzungen konkret unterstützt“, erinnert sich Julia Rosenstock, Studentin der Visuellen Kommunikation. Sie und ihre Kommilitonin Katharina Brenner sind zwei der Initiatorinnen dieser Gruppe, die in den darauffolgenden Semesterferien gemeinsam mit den künstlerischen Mitarbeitern Constanze Hein und Bernd Grether eine Lehrveranstaltung entwickeln werden: die Klasse Klima.

Zum Start des Wintersemesters 2019/20 ist die Klasse Klima als fakultätsübergreifendes Seminar im UdK-Vorlesungsverzeichnis zu finden. Das Seminar besteht aus Vorträgen von externen Experten über Themen wie Greenwashing oder Postwachstum und einem praktischen Teil für die künstlerische Auseinandersetzung.

Studierende verschiedener Studiengänge, unter anderem der Visuellen Kommunikation, der Bildenden Kunst oder der Architektur, nehmen am Seminar teil; zu den Vorträgen kommen oft auch Studierende der anderen Berliner Unis, Mitbewohner oder Freundinnen von UdK-Studierenden: „Ich finde es schön, dass wir diesen Ort für andere Leute öffnen konnten, die nicht durch die Zugangsprüfungen Teil der Uni geworden sind“, sagt Katharina Brenner.

Vorträge zu Greenwashing oder Postwachstum

Ausgehend von den Vorträgen entstehen im Seminar Diskussionen, die in verschiedene Aktionen münden. So haben Mitglieder der Klasse zum Beispiel eine Plattform geschaffen, um Materialverschwendung vorzubeugen. Die künstlerischen Arbeiten sind oft aktivistisch und machen auf Sachverhalte und Zusammenhänge in Bezug auf den Klimawandel aufmerksam. „Das Thema ist komplex und dringt in alle Lebensbereiche ein. Wir als Künstlerinnen können beispielsweise Sachverhalte visualisieren oder Erfahrungen vermitteln“, sagt Julia Rosenstock.

So hat eine Teilnehmerin orangefarbenes Klebeband mit der Aufschrift „Verantwortlich für die Klimakrise“ im Stadtraum auf Werbeplakate von Fluggesellschaften oder Fast-Food-Ketten geklebt. Andere Arbeiten thematisieren ethische Standards in der Werbung oder unser Kaufverhalten.

Zeitgleich zur Klasse Klima ist an der UdK auch eine andere Klimaschutzbewegung entstanden. Anfang des letzten Sommers gründeten Studierende „UdK for future“. Vorbild waren die Fridays for future- und Students for future-Gruppen anderer Universitäten, die bereits seit einiger Zeit jeden Freitag demonstrierten.

UdK for future präsentierte sich im letzten Jahr erstmals öffentlich beim Sommerfest mit einem Stand. Während der anschließenden vorlesungsfreien Zeit trafen sie sich mit dem damaligen Präsidenten der UdK Berlin, am 20. September demonstrierten sie gemeinsam mit Tausenden anderen Menschen vor dem Brandenburger Tor, im Oktober informierten sie bei der Veranstaltung zur Erstsemesterbegrüßung. Die Studentinnen und Studenten hatten die Klimaschutzbewegung an der UdK Berlin ins Rollen gebracht, und seitdem nimmt sie gut an Fahrt auf.

Die Klasse Klima kooperiert mit UdK for future

Für Julia Rosenstock aus der Klasse Klima sind Kooperationen wichtig, um spürbar zu intervenieren. Deswegen hat sich die Klasse Klima auch mit UdK for future zusammengetan, um gemeinsam 13 klimapolitische Forderungen zu formulieren: Förderung emissionsfreier Mobilität durch mehr Fahrradstellplätze an den Gebäuden und weniger Autoparkplätze, Entwicklung eines Handlungsplans für energieeffiziente Gebäude, Integration des Themas in die Lehre, Umstellung des Speiseangebots der Mensen auf biologische, regionale, saisonale und ausschließlich vegane oder vegetarische Angebote und andere Punkte stehen in dem Dokument.

Katharina Brenner und zwei weitere Studierende aus der Klasse Klima haben das Papier erarbeitet. „Zu dritt haben wir die Forderungen in der Klasse vorgestellt, darüber diskutiert und abgestimmt“, erzählt sie.

Im Februar haben Vertreter der Klasse Klima und UdK for future ihr Papier dem neuen Präsidenten der UdK Berlin, Prof. Dr. Norbert Palz, überreicht und gemeinsam mit ihm die Punkte auf ihre Machbarkeit überprüft. „Die Frage ist nicht, ob die UdK nachhaltig und klimagerecht wird oder nicht“, sagt Katharina Brenner. „Das muss einfach passieren. Wir müssen eher fragen: Welche Wege können wir dafür einschreiten oder wie können wir dafür Geld generieren?“

Seit dem Treffen im Februar hat das Coronavirus die Welt durcheinandergewirbelt, doch das Thema bleibt präsent: Der Allgemeine Studierendenausschuss (AStA) hat ein Referat für Klimagerechtigkeit und Nachhaltigkeit geschaffen. David Pöll hat dieses Amt seit Mai kommissarisch inne.

Der Tonmeister-Student ist seit dem zweiten Treffen von UdK for future dabei. Im letzten Sommer hat er das We4Future-Camp vor dem Kanzleramt mitorganisiert und seit Beginn des laufenden Sommersemesters beteiligt er sich auch in der Klasse Klima.

Man könnte also sagen, das Klima ist sein Herzensprojekt. „Klimagerechtigkeit prägt alles, wirklich jeden Lebensbereich“, sagt er – auch die Künste. Das wird an der UdK aber noch nicht ausreichend thematisiert, kritisiert er: „Was bedeutet es denn eigentlich, als Musikerin international berühmt sein zu wollen, aber dafür dann fliegen zu müssen? Oder warum wird zu wenig danach gefragt, mit was für Materialien gearbeitet wird? Wie kann ich nachhaltig als Künstler arbeiten?“

13 klimapolitische Forderungen wurden aufgestellt

Als AStA-Referent möchte er vor allem mit der Hochschulleitung in Kontakt stehen und versuchen, einige der 13 klimapolitischen Forderungen umzusetzen. Außerdem versucht David Pöll, auf die Klimaschutzvereinbarung einzuwirken, die gerade zwischen der UdK Berlin und der Senatskanzlei ausgearbeitet wird. Hier entwickelt die UdK Berlin Maßnahmen, die sie zum Berliner Klimaschutzprogramm 2030 beisteuern kann.

Das Potenzial der UdK Berlin sieht David Pöll auch in ihrer Position: Als eine der größten Kunstuniversitäten in Europa sollte sie Aufmerksamkeit für das Thema schaffen und ein Vorbild sein. Außerdem könne Kunst komplexe Inhalte ganz anders kommunizieren: „Ein Kunstobjekt zum Thema Klimawandel kann einen viel mehr berühren, als wenn man den Bericht des Weltklimarates liest“, sagt er.

Nun sind seit Kurzem in der von Pöll gegründeten „AG Klima“ alle studentischen Aktivitäten an der UdK, die sich mit dem Thema beschäftigen, gebündelt, darunter auch die Klasse Klima und UdK for future. David Pöll aber will einen wichtigen Schritt weitergehen, denn Klima geht alle an. Er will auch Professoren, Lehrende und Mitarbeiterinnen der UdK mobilisieren, um alle Bereiche der Hochschule nachhaltig und klimagerecht zu gestalten.

Der Rundgang findet in diesem Jahr nicht statt – doch die Klasse Klima und UdK for future arbeiten trotzdem weiter. Im Moment vor allem digital. Wo die Klasse Klima im nächsten Semester angesiedelt sein wird, darüber werden gerade Gespräche geführt.

Der Klasse Klima kann man auf Instagram @klasse.klima und Twitter @klasse_klima folgen. In Kürze wird auf www.udk-berlin.de/klima eine Übersicht über alle Aktivitäten und Forderungen zum Thema Klimaschutz zu finden sein.

Moritz Hartmann

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false