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Die landeseigene Universitätsklinik muss auf Wunsch des Senats sparen.

© dapd

Berliner Unimedizin: Charité im „Rosenkrieg“

Im Abgeordnetenhaus streiten die scheidende Charité-Dekanin und der Vorstandsvorsitzende um die Verantwortung für die fragwürdig verbuchten Forschungsmittel. Ein Abgeordneter wundert sich über die "Dimension des Rosenkriegs".

Seite an Seite saßen Karl Max Einhäupl, der Vorstandsvorsitzende der Charité, und die scheidende Dekanin Annette Grüters-Kieslich am Mittwoch im Wissenschaftsausschuss des Abgeordnetenhauses. Doch das konnte nicht verbergen, wie tief der Riss zwischen den beiden nach den Vorgängen um die fragwürdig verbuchten 34 Millionen Euro Forschungsmittel ist. Grüters-Kieslich äußerte sich erstmals öffentlich zu dem Konflikt – und verband das auch mit scharfer Kritik an Einhäupl.

Als „großes Unrecht“ empfinde sie, dass sie als Dekanin für Bilanzierungsfragen verantwortlich gemacht werde, wofür eigentlich das Finanzressort des Uniklinikums zuständig sei. „Absurd und bodenlos“ seien Unterstellungen, sie habe die Charité schädigen wollen, sagte Grüters-Kieslich, die vor kurzem ihren Rücktritt zum Jahresende angekündigt hatte. Sie habe die Unterstützung der Vorstandskollegen vermisst, als verzerrende Berichte über vermeintlich „schwarze Kassen“ an der Charité erschienen. Ohnehin habe sie im Vorstand „anhaltend unter Druck“ gestanden. Ständig habe sie Zuschüsse für die Forschung gegen Begehrlichkeiten aus der Krankenversorgung verteidigen müssen.

Seit Monaten hält der Konflikt um die Bilanzierung von „Overhead“-Mitteln die Charité in Atem. Die Staatsanwaltschaft ermittelt. Der Streit entzündete sich an 34 Millionen Euro, die die Fakultät unter der Leitung Grüters-Kieslichs angespart hatte. Dass man den „Overhead“ (Mittel zur Finanzierung von Infrastrukturkosten bei Forschungsprojekten) sammeln durfte ist unumstritten –wie es geschah, jedoch nicht. Das Geld war als „Verbindlichkeit“ verbucht waren. Wirtschaftsprüfer bemängelten dies und verweigerten der Charité zunächst die Testierung des Jahresabschlusses. Die Mittel hätten als Gewinn verbucht werden müssen, hieß es. Im Kern geht es bei dem Konflikt um die Frage, inwieweit die Existenz der Reserve dem restlichen Vorstand und dem Aufsichtsrat bekannt gewesen sein konnte.

Wenn sich die Abgeordneten Aufklärung in dieser Frage erhofft hatten, wurden sie jedoch enttäuscht. Grüters-Kieslich bekräftige die Sichtweise, die von ihren Unterstützern in der Fakultät geteilt wird: Es habe keine Nebenbuchhaltung gegeben, die Finanzverwaltung unter der Führung von Klinikumsdirektor Matthias Scheller sei ohnehin für die Bilanzierung zuständig gewesen und nicht die Fakultät. Das Anwachsen der Verbindlichkeiten sei in der Bilanz zu erkennen gewesen. „Wir dachten, es wüssten alle, dass das Geld da war.“ Einhäupl widersprach: „Ich wusste nichts von den 34 Millionen und Herr Scheller auch nicht.“ Weder er noch Scheller hätten bisher ein „Leserecht“ für die maßgebliche Buchungssoftware gehabt, was nun geändert werden solle. Einhäupl versuchte ansonsten zu deeskalieren und vermied es, Grüters-Kieslich im Detail zu widersprechen.

Die Abgeordneten ließ das teils ratlos zurück. Wolfgang Albers (Linke) sagte, ihm sei immer noch nicht ganz klar, worin das Problem bestehe. „Die Dimension des Rosenkriegs überrascht mich.“ Bola Olalowo (Grüne) forderte, die Charité müsse richtig erklären, wie sie ihre Forschungsmittel bewirtschafte: „Wir reden sonst um die Probleme herum.“

Wissenschaftssenatorin Sandra Scheeres (SPD), Vorsitzende des Aufsichtsrats der Charité, stellte erneut klar, dass kein Geld zweckentfremdet worden sei. Der Vorwurf der Intransparenz aber bleibe. Eine detaillierte Projektplanung für die Mittel habe gefehlt, und anders als Grüters-Kieslich suggeriere, seien Verwendungszwecke auch der Fakultät nicht bekannt gewesen. Scheeres verteidigte die Wirtschaftsprüfer, die Grüters-Kieslich als „einseitig und gefärbt“ kritisierte: „Die sind nicht irgendwer, sie sind akzeptiert vom Rechnungshof.“ Staatssekretär Knut Nevermann begründete den Schnitt im Vorstand auch mit der fehlenden Kooperation in der Charité-Führung.

Dass der Rücktritt der Dekanin die Probleme löst, wurde von den Abgeordneten bezweifelt. Für Anja Schillhaneck (Grüne) stellte sich die Frage, ob die Kompetenzen in der Führung neu geordnet werden müssen. Hans-Christian Hausmann (CDU) sagte, womöglich sei die Wissenschaft in den maßgeblichen Gremien der Charité nicht „ausreichend exponiert“ vertreten.

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