zum Hauptinhalt
Containerbrücken im Hamburger Hafen: Vor allem Exporte und Investitionen stützten die deutsche Wirtschaft im ersten Quartal 2023.

© dpa/Christian Charisius

Wirtschaft stagniert: Deutschland entrinnt der Rezession

Europas größte Volkswirtschaft verzeichnet zum Jahresauftakt kein Wachstum. Auch der Arbeitsmarkt verändert sich kaum. Die Inflation bleibt hoch.

Die deutsche Wirtschaft ist nach einem kraftlosen Jahresstart knapp an einer Rezession vorbeigeschrammt. Wie das Statistische Bundesamt am Freitag mitteilte, ist die Wirtschaftsleistung im ersten Quartal weder gewachsen noch geschrumpft. Die Inflation blieb im April mit 7,2 Prozent hoch und dämpfte weiterhin die Konsumlust der Menschen. Auch dem Arbeitsmarkt fehlt laut Bundesagentur für Arbeit aufgrund der mäßigen konjunkturellen Entwicklung der Schwung.

Industrie erholt sich

Nach einer ersten Schätzung des Statistischen Bundesamtes stagnierte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im ersten Quartal 2023 im Vergleich zum Vorquartal. Positive Impulse kamen nach Angaben des Statistikamtes zu Jahresbeginn von den Investitionen und den Exporten.

Zum Jahresende 2022 fiel die Wirtschaftsleistung aktualisierten Daten zufolge noch um 0,5 Prozent. Sinkt das Bruttoinlandsprodukt zwei Quartale in Folge, befindet sich eine Wirtschaft in einer sogenannten technischen Rezession. Diese blieb wohl vor allem dank des milden Winters und gut gefüllter Gasspeicher aus.

Angesichts des adversen wirtschaftlichen Umfelds, großen geopolitischen Unsicherheiten und nur schwachen Impulsen der Weltwirtschaft hat sich die deutsche Konjunktur als recht robust erwiesen.

Jan-Christopher Scherer, Leiter der Deutschlandprognose im DIW Berlin

„Die Industrie erholte sich stärker als angenommen“, schreibt die Deutsche Bundesbank in ihrem aktuellen Monatsbericht. Die energieintensive Produktion profitierte von wieder sinkenden Energiepreisen. Dazu lösten sich Lieferengpässe bei Vorprodukten weiter auf. Auch die Auslandsnachfrage zog merklich an.

„Im laufenden Jahr erwarten wir eine deutliche wirtschaftliche Erholung“, sagte DIW-Ökonom Jan-Christopher Scherer dem Tagesspiegel. Auch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) rechnet für das Gesamtjahr 2023 mit einem BIP-Wachstum von 0,4 Prozent.

Inflation belastet Haushalte

Der private Konsum fiel angesichts der anhaltend hohen Inflation als Konjunkturstütze dagegen aus. Der Preisauftrieb in Deutschland hat sich im April zwar weiter abgeschwächt. Die Verbraucherpreise lagen mit 7,2 Prozent gegenüber dem Niveau des Vorjahresmonats allerdings weiterhin auf einem hohen Niveau. Das teilte das Statistische Bundesamt am Freitag anhand erster Berechnungen mit. Im März hatte die Inflation noch 7,4 Prozent betragen.

„Der private Konsum dürfte erst in der zweiten Jahreshälfte spürbar zum Wachstum beitragen“, glaubt Jan-Christopher Scherer. Erst dann würden die weiter sinkenden Verbraucherpreise die verfügbaren Einkommen der privaten Haushalte weniger belasten.

Höhere Teuerungsraten schmälern die Kaufkraft von Verbraucherinnen und Verbrauchern. Vor allem Lebensmittel wurden zunehmend teurer. Aktuelle Zahlen des Inflationsmonitors der Hans-Böckler-Stiftung zeigen, dass die hohe Inflation – trotz Rückgang – weiterhin vor allem die Konsummöglichkeiten von einkommensschwächeren Haushalten einschränkt.

Arbeitsmarkt stabil

Durch die trübe Konjunkturentwicklung sank auch die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland im April nur leicht um 8000 auf 2,586 Millionen Menschen. „Die Frühjahrsbelebung am Arbeitsmarkt bleibt auch im April schwach“, sagte die Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit (BA), Andrea Nahles, am Freitag in Nürnberg. Die Arbeitslosenquote stagnierte bei 5,7 Prozent; im April vorigen Jahres lag sie noch bei 5,0 Prozent.

Die Bundesagentur führte den Anstieg im Vergleich zum letzten Jahr zum Teil auf die Aufnahme von Ukraine-Geflüchteten zurück. „Auch ohne die Berücksichtigung ukrainischer Geflüchteter wäre die Arbeitslosigkeit im Vorjahresvergleich angestiegen, allerdings weniger stark“, teilte die Behörde weiter mit.

Insgesamt befände sich der Arbeitsmarkt allerdings in einer stabilen Verfassung. Sorgen macht Nahles vor allem die Zahl der Langzeitarbeitslosen. So sind 885.000 Menschen in Deutschland ein Jahr oder länger ohne Job. 59 Prozent davon sogar mehr als zwei Jahre. Zwar sind die Höchststände der Corona-Pandemie inzwischen wieder unterboten, das Niveau liegt jedoch noch deutlich höher als vor Ausbruch des Virus. (mit dpa)

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false