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Dubai

© David Rodrigo

Weltklimakonferenz in Dubai: Warum findet die COP28 ausgerechnet in einem Öl-Land statt?

Die Vereinigten Arabischen Emiraten sind Gastgeber der diesjährigen Weltklimakonferenz, die am Donnerstag beginnt. Das Emirat ist der viertgrößte Ölförderer der Welt – und plant gigantische neue Bohrungen. 

Die diesjährige Weltklimakonferenz (COP28) findet in den Vereinigten Arabischen Emiraten statt. Das klingt gar nicht klimafreundlich. Sondern nach Wüste, hoch klimatisierten Gebäuden, Ölmultis – kurz, nach Klimaschutz-Heuchelei. Die COP28 steht von vornherein unter keinem guten Stern, scheint es.

Warum also ausgerechnet in einem arabischen Emirat? Ganz einfach: Die Präsidentschaft über die Weltklimakonferenzen rotiert unter den fünf großen Weltregionen der UN. Vergangenes Jahr war Ägypten in Afrika dran, dieses Jahr die Vereinigten Arabischen Emirate für Asien, kommendes Jahr ist Osteuropa an der Reihe.

Das diesjährige Gastgeberland ist nicht nur ein großer Ölförderer, sondern hat ausgerechnet seinen Industrieminister Sultan Ahmed Al Jaber zum Präsidenten der Klimakonferenz ernannt.

Das ist so, als würde man den Vorstandsvorsitzenden eines Zigarettenkonzerns zum Leiter einer Konferenz zur Krebsbekämpfung machen.

Zeina Khalil Hajj von der Umweltorganisation 350.org über die Ernennung von Konferenzpräsident Ahmed Al Jaber

Al Jaber ist nebenbei noch Vorsitzender des staatlichen Ölkonzerns ADNOC (Abu Dhabi National Oil Company ). Das Unternehmen ist der zwölftgrößte Ölkonzern der Welt und förderte diesen Oktober drei Millionen Barrel Erdöl täglich. „Das ist so, als würde man den Vorstandsvorsitzenden eines Zigarettenkonzerns zum Leiter einer Konferenz zur Krebsbekämpfung machen", schimpfte Zeina Khalil Hajj von der Umweltorganisation 350.org.

Die Emirate wollen 150 Milliarden US-Dollar in Öl und Gas investieren

Glaubhaft können die Vereinigten Arabischen Emirate in Sachen Klimaschutz auf keinen Fall sein, denn sie leben vom Öl und Gasgeschäft. Es macht rund ein Drittel ihres BIP aus. Auch weltweit wächst das Geschäft mit Öl und Gas noch immer kräftig, wie ein jüngst erschienener Bericht des Umweltprogramms der Vereinten Nationen zeigt. „Die Regierungen verdoppeln buchstäblich die Produktion fossiler Brennstoffe“, sagte UN-Generalsekretär António Guterres.

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Weltweit planen Regierungen, im Jahr 2030 mehr als die doppelte Menge an fossilen Brennstoffen zu produzieren, als mit einer Begrenzung der Erwärmung auf 1,5 Grad vereinbar wäre. Dabei müssten sie eigentlich ihre Öl- und Gasproduktion bis 2050 um mindestens drei Viertel herunterfahren im Vergleich zum Jahr 2020.

Und auch der Konzern des COP-Präsidenten mischt fleißig mit. Vergangenen November kündigte ADNOC Investitionen von 150 Milliarden Dollar in weitere Öl- und Gasproduktion und den Bau dutzender neuer Bohrplattformen im Meer an. Davon profitiert auch Deutschland: Vergangenen September vereinbarte Bundeskanzler Olaf Scholz mit den Vereinigten Arabischen Emiraten den mehrjährigen Einkauf von Flüssiggas durch das Unternehmen RWE.

Emissionen statt Brennstoffe reduzieren

Da ist es kaum verwunderlich, dass der COP-Präsident in einer unangenehmen Lage ist. Auf der einen Seite muss er der Welt glaubhaft machen, dass sein Land das Pariser Klimaabkommen einhalten und auch andere dazu motivieren möchte. Das betont Ahmed Al Jaber auch bei jeder Gelegenheit mit blumigen Worten. Die COP28 müsse „ein historischer Wendepunkt in diesem kritischen Jahrzehnt sein“.

Vorsitzender der COP28 in Dubai: Sultan Ahmed Al Jaber.
Vorsitzender der COP28 in Dubai: Sultan Ahmed Al Jaber.

© AFP/Getty Images/Bryan Bedder

Nur, wie lässt sich das mit den Plänen seines Landes zusammenbringen? Indem Al Jaber keine Versprechen abgibt, die Förderung von Öl und Gas einzustellen. Stattdessen spricht er von einem Ende der Emissionen, statt der fossilen Brennstoffe. Oder von einem Ende „ungeminderter fossiler Brennstoffe“. Damit gemeint ist die technische Abscheidung und Speicherung von CO₂, genannt CCS (engl. CO₂ capture and storage).

Passend dazu haben die Vereinigten Emirate auch prompt große CCS-Vorhaben angekündigt. Das Projekt Habshan beispielsweise soll jährlich 1,5 Millionen Tonnen CO₂ in unterirdischen Höhlen speichern. Insgesamt hat ADNOC angekündigt, 15 Milliarden Dollar in sogenannte CO₂-arme Technologien investieren zu wollen. Dagegen stehen allerdings die Pläne, weitere 150 Milliarden Dollar in die Öl- und Gasförderung zu stecken.

Weltweit keine rentable CO₂-Speicheranlage

Außerdem ist CCS laut Experten bei Weitem nicht die Wunderlösung, als die manch einer sie verkaufen möchte. Weltweit gibt es derzeit 51 große CCS-Projekte, von denen allerdings nur 19 in Betrieb sind. Die meisten von ihnen sind reine Pilotanlagen, meist im Bereich der Industrie. Tatsächlich wird CCS bei einigen Industrieprozessen mit zwangsläufig anfallenden CO₂–Emissionen unvermeidbar sein. Anders sieht es allerdings im Energiebereich aus. Denn die Kosten, um das CO₂ aus der Verbrennung von Öl und Gas abzufangen, sind viel zu hoch und die erneuerbaren Energien im Vergleich viel zu günstig. Bislang sind 90 Prozent der weltweit geplanten CCS-Anlagen im Energiebereich noch in der Umsetzungsphase gescheitert.

Dazu kommt, dass gewaltige CCS-Kapazitäten nötig würden, um die Emissionen der Öl- und Gasbranche aufzufangen. Selbst mit den angekündigten Projekten, welche die derzeitige CO₂-Speicherkapazität um das 200-fache steigern würden, ließe sich gerade einmal ein Prozent der globalen Emissionen einfangen.

Das diesjährige Gastgeberland der Weltklimakonferenz wird sich nach Kräften dafür einsetzen, CCS in die Zwischenzeilen der Abschlußerklärung der Weltklimakonferenz zu bringen. Am Ende könnte daher wieder um einzelne Worte gerungen werden – doch sie machen einen himmelweiten Unterschied.

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