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Kraftwerk Jänschwalde.

© dpa/Patrick Pleul

Öl, Gas und Kohle vor Nachfragehöhepunkt: IEA sieht globales Energiesystem vor „historischer Wende“

Die Nachfrage nach fossilen Brennstoffen erreicht einer Prognose zufolge noch in diesem Jahrzehnt ihren Spitzenwert. Danach werde es ein „spektakuläres Wachstum sauberer Energietechnologien“ geben.

Die Internationale Energie-Agentur (IEA) sieht nach Angaben ihres Vorsitzenden das globale Energiesystem vor einem Wendepunkt. Demnach wird die Nachfrage nach fossilen Brennstoffen noch in diesem Jahrzehnt ihren Höchststand erreichen, dann jedoch zugunsten erneuerbarer Energien sukzessive zurückgehen.

„Das Zeitalter des scheinbar unaufhaltsamen Wachstums wird in diesem Jahrzehnt zu Ende gehen“, schreibt IEA-Chef Fatih Birol in einem Gastbeitrag für die „Financial Times“ mit Blick auf die drei fossilen Brennstoffe Öl, Gas und Kohle.

Im „traditionellen Energiesektor“, wie Birol die fossilen Energieträger zusammenfasst, werde die Nachfrage nach jedem der drei fossilen Brennstoffe in den kommenden Jahren früher als bisher angenommen einen Höchststand erreichen. Dann allerdings werde die Nachfrage nach Kohle, Öl und Gas zeitnah abnehmen.

Bei seinen Angaben verweist Birol auf den „World Energy Outlook“ der IEA, der im Oktober veröffentlicht werden soll. Demnach stehe die Welt „an einem historischen Wendepunkt“, denn die Nachfragespitzenwerte werden „den Höhepunkt der weltweiten Treibhausgasemissionen vorverlegen“.

IEA-Chef Birol bei einem Termin Anfang September.
IEA-Chef Birol bei einem Termin Anfang September.

© AFP/SIMON MAINA

Als Hauptursache für die bevorstehenden Verschiebungen im Energiesektor benennt Birol „das spektakuläre Wachstum sauberer Energietechnologien wie Solarzellen und Elektrofahrzeuge, die strukturellen Veränderungen in der chinesischen Wirtschaft und die Auswirkungen der globalen Energiekrise“.

Das ‚Goldene Zeitalter des Erdöls‘ neigt sich dem Ende zu.

Fatih Birol, IEA-Vorsitzender

Insbesondere die Rolle Chinas und dessen Hinwendung zu erneuerbaren Energien führt der IEA-Chef als maßgeblich für den Wandel an. Demnach weise der größte Kohleverbraucher der Welt ein beeindruckendes Wachstum der erneuerbaren Energien und der Kernenergie auf.

Ebenso verhalte es sich bei der globalen Ölnachfrage. „Das ‚Goldene Zeitalter des Erdöls‘, wie wir es 2011 nannten, neigt sich dem Ende zu“, schreibt Birol.

Jüngste Prognosen der IEA zeigten, dass die Ölnachfrage ihren Höhepunkt noch vor 2030 erreichen wird. Hierzu verweist der Behördenchef auf die Zunahme von Elektrofahrzeugen in der ganzen Welt, vor allem jedoch in China.

Die Energiewelt verändert sich schnell und zum Besseren.

Fatih Birol, IEA-Vorsitzender

Zudem erklärt Birol, dass „erneuerbare Energieträger bei der Stromerzeugung dem Gas zunehmend den Rang ablaufen“. Hierbei spiele auch eine Rolle, dass Wärmepumpen auf dem Vormarsch sind und Europa sich seit Beginn des Krieges in der Ukraine vom Gas abwende.

„Die globalen Trends sind jedoch eindeutig: Emissionsarme Elektrizität und Brennstoffe sowie Verbesserungen der Energieeffizienz decken den steigenden Energiebedarf der Welt zunehmend ab“, schreibt Birol.

Zugleich warnt er vor einem geradlinigen Nachfragerückgang bei fossilen Brennstoffen. Demnach seien Ausschläge, Einbrüche und Plateaus nicht ausgeschlossen. Als Beispiele nennt er Hitzewellen und Dürreperioden, die etwa zu einem vorübergehenden Anstieg der Kohlenachfrage führen könnten.

Forderung nach strikterer Energiepolitik

Auch die erwarteten Rückgänge an sich möchte Birol offenbar nicht als alleinigen Schlüssel zu einer erfolgreichen Bremsung des Klimawandels verstanden wissen. Um die globale Erwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen, seien die prognostizierten Nachfragerückgänge bei weitem nicht stark genug. „Dies erfordert ein deutlich stärkeres und schnelleres politisches Handeln der Regierungen“, erklärt der IEA-Chef.

Demnach könnte sich die Umstellung auf saubere Energie durch eine stärkere Klimapolitik beschleunigen. Doch schon jetzt stellt Birol fest: „Die Energiewelt verändert sich schnell und zum Besseren.“ Die IEA versteht unter „sauberen“ Energien nicht nur erneuerbare Energien wie Wind- und Solarkraft, sondern zum Beispiel auch Biokraftstoffe.

Die Herausforderungen für die Energiesicherheit bleiben Birol zufolge bestehen. „Die Nachfragespitzen, die wir unter den heutigen politischen Rahmenbedingungen sehen, machen Investitionen in die Öl- und Gasversorgung nicht überflüssig, da die natürlichen Rückgänge bei den bestehenden Feldern sehr steil sein können“, schreibt Birol.

Die IEA wurde 1974 angesichts der Ölkrise zur Sicherung einer stabilen Versorgung der Industrieländer gegründet. Sie koordiniert unter anderem die strategische Rohölreserve der Mitgliedsstaaten der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). (cst)

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