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Der Notfall-Fahrplan soll insgesamt mit 140 statt 700 Zügen weniger als 20 Prozent der planmäßigen Zugverbindungen vorsehen.

© Imago/Imago Stock/Marius Schwarz

Bahn hat bereits Streik-Notfallplan erarbeitet: Wissing pocht auf „Weihnachtsfrieden“ im Lokführer-Tarifstreit

Parallel zu den Tarifgesprächen mit der GDL bereitet sich die Bahn offenbar ein Streikszenario vor – mit weniger als 20 Prozent der üblichen Verbindungen. Der Verkehrsminister ruft derweil zur Besonnenheit auf.

| Update:

Im Tarifstreit zwischen der Lokführergewerkschaft GDL und der Deutschen Bahn stehen harte Verhandlungen bevor. Verkehrsminister Volker Wissing hat nun vor Streiks in der Weihnachtszeit gewarnt. „Weihnachten gilt als die Zeit des Friedens - darüber sollten sich alle Tarifparteien Gedanken machen“, sagte der FDP-Politiker den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Montag).

Gerade über die Weihnachtstage wollten die Menschen Verwandte und Freunde besuchen, so Wissing. Daher könne er nur „an alle Tarifparteien appellieren, sich ihrer besonderen Verantwortung bewusst zu sein und mögliche Maßnahmen so zu gestalten, dass Menschen nicht darunter leiden müssen“.

Die Tarifverhandlungen hatten am Donnerstag begonnen und sollen kommende Woche fortgesetzt werden. Fahrgästen der DB drohen damit auch wieder Einschränkungen des Reiseverkehrs durch Streiks.

Angesichts der GDL-Drohungen arbeitet die Deutsche Bahn einem Medienbericht zufolge an einem stark reduzierten Notfall-Fahrplan für die Weihnachtsfeiertage. Wie die „Bild am Sonntag“ („Bams“) schreibt, sollen unter anderem möglichst lange ICE-Züge eingesetzt werden.

Bei einem Streik zu Weihnachten solle zum Beispiel ein 376 Meter langer XXL-ICE mit 918 Sitzplätzen (normal: ca. 200 Meter, 400–450 Plätze) auf besonders stark nachgefragten Verbindungen fahren, etwa von Hamburg über Köln, Frankfurt und Stuttgart nach München.

Von unseren Mitgliedern höre ich immer wieder nur eines: Sage uns nicht, dass es mit Streiks losgeht, sondern wann es losgeht.

Claus Weselsky, GDL-Chef

Wie die „Bams“ weiter schreibt, sähe der Notfall-Fahrplan insgesamt mit 140 statt 700 Zügen weniger als 20 Prozent der planmäßigen Verbindungen vor. Nicht möglich wäre demnach indes der Einsatz von Bussen, hierfür seien weder Fahrzeuge noch Fahrer in ausreichender Zahl vorhanden. Grenzüberschreitende Verbindungen sollen durch den Einsatz von ausländischen Lokführern nach Möglichkeit erhalten werden.

2022 waren in der Weihnachtswoche (22. bis 28. Dezember) 3,2 Millionen Fahrgäste mit den Fernverkehrszügen der Bahn unterwegs – so viele wie nie zuvor, wie das Blatt betont.

Die Tarifgespräche zwischen Bahn und GdL hatten am Donnerstag begonnen und sollen kommende Woche fortgesetzt werden. Die Bahn legte ein Angebot über elf Prozent mehr Lohn sowie eine Inflationsprämie von bis zu 2850 Euro bei einer Laufzeit von 32 Monaten vor. Die von der Gewerkschaftsseite geforderte Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich bezeichnete sie hingegen als nicht umsetzbar.

GDL-Chef Claus Weselsky betonte die 35-Stunden-Arbeitszeit bei einer Vier-Tage-Woche als wichtigen Schritt zur Steigerung der Attraktivität des Unternehmens. Schon heute fehle bei der Bahn Personal, was zur Ausdünnung des Verkehrs führe, sagte er. Beschäftigte wünschten „mehr Lebensqualität“, zugleich sei Schichtarbeit bei der Bahn „systemimmanent“. Eine Absenkung bei vollem Lohnausgleich wäre deshalb „ein klares Signal“.

Die Bahn hingegen verwies auf den dadurch entstehenden zusätzlichen Personalbedarf. Personalvorstand Martin Seiler zufolge müssten zehn Prozent mehr Beschäftigte eingestellt werden, was bei dem derzeitigen Arbeitsmarktumfeld nicht praktikabel sei.

Um den GDL-Forderungen Nachdruck zu verleihen, hat Weselsky Gewerkschaftschef mehrfach Streiks in Aussicht gestellt. In einem Interview mit dem ARD-„Morgenmagazin“ deutete er zuletzt aber auch an, dass die Weihnachtstage von Arbeitsniederlegungen ausgenommen sein könnten.

Menschen sollten in „die Historie“ schauen, wann die GdL zuletzt an Weihnachten gestreikt habe. „Sie werden nicht fündig werden.“

Kubicki kritisiert Weselsky und die Streikdrohungen

Am vergangenen Montag hatte Weselsky der „Augsburger Allgemeinen“ gesagt, er glaube nicht, dass in dieser Tarifrunde Streiks ausbleiben würden. „Von unseren Mitgliedern höre ich immer wieder nur eines: Sage uns nicht, dass es mit Streiks losgeht, sondern wann es losgeht“, sagte Weselsky

Die Beschäftigten der Bahn „haben die Messer schon gewetzt und wollen die Auseinandersetzung. Die Bahn-Basis kocht.“ 

Kritik an Weselskys Äußerungen gibt es von Bundestags-Vizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP): „Ich finde es angesichts der Situation in Israel und Gaza sowie der Ukraine unangemessen, eine solche Sprache zu gebrauchen“, sagte er der „BamS“. „Den Menschen in Deutschland wird ohnehin viel abverlangt und deshalb appelliere ich an die GDL, ihnen nicht auch noch das Weihnachtsfest zu verhageln.“ Es solle nicht „die halbe Republik in Haftung genommen werden“.

Auch Thomas Bareiß (CDU), verkehrspolitischer Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, kritisierte den GDL-Chef: „Ein Streik vor Weihnachten, der alles lahmlegt, wäre der Super-GAU. Es liegt auch im Interesse der Beschäftigten, dies zu vermeiden.“ (lem mit dpa)

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