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Eine Anzeigetafel mit ausgefallen Lufthansa-Flügen am Flughafen Berlin Brandenburg wahrend einem Streik der Lufthansa-Mitarbeiter am 07. Februar 2024.

© imago/Manngold/IMAGO/Rainer Keuenhof

Update

„Wir können auch länger“: Warnstreik legt Betrieb der Lufthansa lahm – und könnte nicht der letzte sein

Für insgesamt 27 Stunden rief die Verdi das Bodenpersonal zum Streik auf. Gewerkschafts-Verhandlungsführer Marvin Reschinsky meint: „Wir können auch länger, wenn ihr uns dazu auffordert.“

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Die Gewerkschaft Verdi hat mit längeren Streiks bei der Lufthansa gedroht, falls der Vorstand sein bisheriges Tarifangebot für das Bodenpersonal nicht deutlich nachbessert.

Die Streikbereitschaft am Boden sei in den vergangenen 20 Jahren noch nie so hoch gewesen wie jetzt, sagte Verdi-Verhandlungsführer Marvin Reschinsky am Mittwoch bei einer Protestversammlung mit mehreren hundert Teilnehmern vor der Lufthansa-Verwaltung am Frankfurter Flughafen.

Von dem Warnstreik gehe ein eindeutiges Signal an den Vorstand: „Wir können auch länger, wenn ihr uns dazu auffordert.“ Am größten deutschen Flughafen in Frankfurt herrschte am Vormittag ein deutlich eingeschränkter Betrieb, weil der Hauptkunde Lufthansa bis zu 90 Prozent seiner 600 geplanten Starts und Landungen wegen des 27-stündigen Warnstreiks abgesagt hat.

An den Aktionen hätten im Laufe des Tages rund 7000 Menschen teilgenommen, berichtete Verdi-Verhandlungsführer Reschinsky. Die Beteiligung sei höher gewesen als beim vorangegangenen Warnstreik im Jahr 2022. Noch für den Donnerstagmorgen, an dem der Warnstreik um 07.10 Uhr enden sollte, hat Lufthansa erneut rund 30 Abflüge in München und Frankfurt annulliert. 

Reschinsky hielt dem Management vor, die eigenen Leute respektlos zu behandeln. Er sagte: „Die Zweiklassengesellschaft zwischen fliegendem Personal und Boden muss endlich beendet werden.“ Kundgebungsteilnehmer zeigten sich sehr unzufrieden mit ihren Arbeitsbedingungen.

Eine Gepäckermittlerin berichtete: „Wir haben 50 Prozent weniger Mitarbeiter als vor Corona, aber die Arbeit ist die gleiche geblieben. Eigentlich müsste man noch mehr fordern.“ Ihr Kollege meinte: „Wir brauchen die Erhöhung zum Leben, es ist alles viel teurer geworden.“

Lufthansa-Personalvorstand Michael Niggemann stellte sich vor dem gläsernen Aviation Center in Frankfurt der Kritik der Streikenden, warb um Verständnis, dass der Konzern diese Gewinne dringend für die anstehenden Investitionen in neue Flugzeuge und Technik benötige. 

Auch die Beschäftigten sollten ihren Anteil erhalten, versprach der Manager unter gellenden Pfiffen. Die von Verdi gewählte Eskalation sei nicht notwendig gewesen. Niggemann erinnerte an den Abschluss von vor 18 Monaten mit Gehaltserhöhungen von bis zu 19 Prozent. Das vorgelegte aktuelle Angebot bringe innerhalb von drei Jahren weitere 13 Prozent.

Mehr als 100.000 Passagiere betroffen

Im Tarifstreit mit der Lufthansa ist das Bodenpersonal des Unternehmens am Mittwochmorgen an insgesamt fünf deutschen Flughäfen in den angekündigten Warnstreik getreten. Betroffen sind Frankfurt, München, Berlin, Düsseldorf und Hamburg. Nach Angaben der Fluggesellschaft müssen voraussichtlich mehr als 100.000 Passagiere ihre Reisepläne ändern.

Die Gewerkschaft geht davon aus, dass die Lufthansa voraussichtlich auch den Rumpfflugplan nicht durchführen könne wie geplant. 

Das Drehkreuz in Hessen wird zusammen mit München am härtesten von dem für 27 Stunden geplanten Ausstand getroffen. Die Airline hat vorsorglich für Mittwoch zwischen 80 und 90 Prozent der rund 1000 geplanten Flüge abgesagt.

Hintergrund sind die laufenden Tarifverhandlungen für die Beschäftigten am Boden in den Konzerngesellschaften Deutsche Lufthansa, Lufthansa Technik, Lufthansa Cargo und weiteren. Laut Verdi hat die Lufthansa in den Verhandlungen bisher ein „völlig unzureichendes Angebot“ vorgelegt.

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Bei ausfallenden innerdeutschen Flügen können die Kunden mit ihrem Flugticket auf die Bahn ausweichen. Auf keinen Fall sollten Passagiere abgesagter Flüge zum Flughafen kommen, warnte Lufthansa. Dort könnten sie keine Hilfe erwarten.

„Aufgrund des Streiks sind die Umbuchungsschalter leider nicht besetzt“, stand auf der Webseite der Fluggesellschaft. Kostenlose Umbuchungsmöglichkeiten stünden über lufthansa.com, die Kunden-App und über das Service-Center zur Verfügung.

Nicht oder kaum betroffen sind hingegen die Passagiere der Lufthansa-Töchter und externe Airlines. So plant beispielsweise die Direktflugtochter Eurowings ihr komplettes Programm abzufliegen.

An den Drehkreuzen München und Frankfurt sollen die Rumpfmannschaften die Flüge der ausländischen Lufthansa-Schwestern Swiss, Austrian und Brussels Airlines bevorzugt abfertigen, um deren Netzwerke funktionsfähig zu halten. Auf diese Flüge werden dann auch Lufthansa-Kunden umgebucht.

Enden soll der Ausstand am Donnerstag um 07.10 Uhr. Die Lufthansa rechnet für den Donnerstag noch mit einem ruckeligen Betriebsanlauf mit einigen Ausfällen und Verspätungen. Bis zum Freitag soll sich der Betrieb wieder vollständig normalisiert haben.

Ein Flugzeug der Lufthansa steht hinter einem Flugzeug der Konzerntochter Eurowings auf dem Vorfeld des Hamburger Flughafens.
Ein Flugzeug der Lufthansa steht hinter einem Flugzeug der Konzerntochter Eurowings auf dem Vorfeld des Hamburger Flughafens.

© dpa/Rabea Gruber

Union hat wenig Verständnis für den Streik

Unterdessen hat die Union hat den Streik des Lufthansa-Bodenpersonals scharf kritisiert. „Natürlich ist der Arbeitskampf ein legitimes Mittel in Tarifkonflikten“, sagte Unionsfraktionsvize Ulrich Lange (CSU) der Nachrichtenagentur AFP. „Aber vor Beginn der eigentlichen Verhandlungen zu solch drastischen Maßnahmen zu greifen, ist für mich schwer nachvollziehbar.“

Ein Flugzeug der Lufthansa steht am Flughafen München auf dem Vorfeld.
Ein Flugzeug der Lufthansa steht am Flughafen München auf dem Vorfeld.

© dpa/Sven Hoppe

Erst habe die Zugführergewerkschaft GDL gestreikt und damit den Zugverkehr lahmgelegt, nun streike Verdi und schränke damit den Luftverkehr erheblich ein.

„Auch wenn sich das Verkehrsmittel unterscheidet, so trifft es doch wieder einmal Millionen von Menschen, die auf funktionierende Reiseketten angewiesen sind“, sagte Lange. Er erwarte, „dass sich die Tarifparteien lösungsorientiert verhalten und ernsthafte Gespräche miteinander führen“.

Die nächste Verhandlungsrunde ist für den 12. Februar in Frankfurt am Main geplant. (dpa, AFP)

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