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Nominiert für den Preis „Nachhaltiges Bauen“ 2015 war der Wohnpavillon Cubity in Frankfurt am Main.

© Deutsche Fertighaus Holding

Energieeffizienz: Gut für die Geldbörse, gut für die Umwelt

Nachhaltige Bauten haben eigene Standards, auch wenn sie noch nicht Standard sind. Ein Berliner Projekt hat jetzt Platin für seine vorbildliche Planung bekommen, eine Pforzheimer Generalsanierung wurde preisgekrönt.

„Nachhaltig“ bedeutet heute alles und nichts, der Begriff ist zum Modewort verkommen. Nachhaltig bauen kann man in Deutschland aber nach Standards. Nahe der Yorckstraße bekommt Berlin demnächst ein Gebäudeensemble, das den seltenen Platinstandard der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) erfüllt.

300 neue Mietwohnungen sollen im Quartier an der Bautzener Straße entstehen. Das Büro CollignonArchitektur hat kleine, kompakte und altersgerechte Einheiten mit bis zu 55 Quadratmetern Grundfläche entworfen, 15 Prozent davon sollen Sozialwohnungen werden. Der Energieverbrauch ist gering durch großflächige Solarpaneele auf den Dächern, die Nutzung von Abwärme und ein effizientes Blockheizkraftwerk, das Strom und Wärme liefert.

„Ein nachhaltiges Gebäude muss aber auch eine gute Aufenthaltsqualität bieten“, erklärt Martin Haas, Architekt und DGNB-Vizepräsident und meint damit viel Tageslicht, gute Frischluftversorgung und die Nutzung natürlicher Ressourcen beim Bau, beispielsweise Holz.

Entlang der Bautzener Straße, nahe dem S-Bahnhof Yorckstraße, wird ab 2016 ein nachhaltiges Wohnquartier entstehen.

©  CollignonArchitektur/Architekturvisualisierung Nadine Kuhn

Unter diesem Aspekt überzeugte das Quartier an der Bautzener Straße auch deshalb, weil die Grünflächen auf dem Gelände der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden sollen. „Wir wollen eine Schöneberger Insel schaffen, die das Leben vor Ort bereichert: Mit mehr zugänglichem Grün, mehr kleinen Läden, mehr öffentlichen Plätzen und mehr sozialverträglichem Wohnraum“, sagt Reinhold Semer, Gesellschafter der Grundstückseigentümerin, Dr. Wolfgang Schroeder Immobilien.

„Betrachtet wird in einem nachhaltigen Gebäude auch der gesamte Lebenszyklus der verwendeten Materialien und die darin eingebettete Energie“, erklärt Martin Haas weiter. Außerdem gehört ein Monitoring zum Konzept, also ob die Gebäude tatsächlich halten, was sie versprechen.

Absorber für Sonnenenergie sind unsichtbar in die Fassade integriert

1200 Mitgliedsorganisationen der DGNB haben sich diesen Standards freiwilligen unterworfen. Sie gehen über das hinaus, was das Erneuerbare-Energie-Wärmegesetz und die Energieeinsparverordnung ohnehin vorschreiben. „Die schöne Hoffnung ist, über Leuchttürme Impulse zu geben“, sagt Haas. Jedes Jahr zeichnet die DGNB solche Leuchttürme aus. Ein generalsaniertes Wohnhochhaus in Pforzheim erhielt kürzlich den ersten Preis des Wettbewerbs „Nachhaltiges Bauen“. Das Gebäude zeige beispielhaft, wie der energetische Umbau von Bestandsbauten erfolgreich funktionieren könne, heißt es zur Begründung.

Mit Kleinwindanlage auf dem Dach: Wie das schlichte Pforzheimer Hochhaus aus den 70er Jahren aufgewertet wurde, beeindruckte die Jury des Preises "Nachhaltiges Bauen" am meisten.

© Dietmar Strauß

Das Haus wurde vom Büro Freivogel-Architekten aus Ludwigsburg um zwei Dachgeschoss-Loftwohnungen aufgestockt – ein unter Renditegesichtspunkten übliches Vorgehen bei energetischer Sanierung. Die kleinen Balkone wurden durch große Loggien ersetzt, die wiederum aus sehr großen Betonteilen vorgefertigt waren. Das sparte Kosten.

Nach der Sanierung verbraucht das Gebäude 90 Prozent weniger Energie. Das liegt unter anderem an der Kleinwindanlage auf dem Dach und den Absorbern, die unsichtbar in die Fassade integriert sind. Sie sammeln Energie für Heizung und Warmwasser.

Angetan war die Jury auch von der sozialen Komponente. Ökologie, Ökonomie und Soziales definieren ja die drei Säulen der Nachhaltigkeit. Der Besitzer des Hochhauses, die Pforzheimer Bau und Grund, wollte die langjährigen Mieter gern halten und erhöhte die Miete deshalb nur moderat.

Mehrkosten bei der Herstellung werden später wieder reingeholt

Nominiert waren für den Nachhaltigkeitspreis auch das Plusenergiehaus Cubity in Frankfurt am Main und der Energiebunker in Hamburg-Wilhelmsburg. Cubity, ein Studentenwohnheim im Plusenergiestandard, kann für weitere Nutzungsformen wie Flüchtlingswohnen oder Wohnen im Alter angepasst werden. Das Wohnen in kleinen Zimmern bei gleichzeitig großen Kommunikationszonen ist das Besondere an dem Projekt.

Der ehemalige Flakbunker in Hamburg-Wilhelmsburg wurde im Rahmen der Internationalen Bauausstellung saniert und zu einem nachhaltigen Energiespeicher mit riesigen Warmwassertanks im Inneren umfunktioniert.

Doch wie steht es mit der dritten Säule, der Ökonomie? Rechnen sich nachhaltiges Bauen? „Ein paar Studien haben bei der Erkenntnis geholfen, dass nachhaltige Gebäude auch wirtschaftlich gut abschneiden“, sagt Martin Haas. Vor allem wegen der guten Vermietungsstruktur und weniger Leerstand.

Die Studie „Green Building: Immobilienökonomie der Zukunft oder kurzlebiger Ökotrend?“ der Analysten von FondsMedia ergab 2010, dass nachhaltige Gebäude bei Mehrkosten von 11 Prozent eine um 13 Prozent höhere Miete und eine 11 Prozent höhere Auslastung haben. Die Verkaufserlöse lägen um 10 Prozent höher.

Laut einer Studie der Hochschule Zittau/Görlitz halten sich die Mehrkosten beim Bauen die Waage mit den Einsparungen durch geringere Betriebskosten, längere Nutzbarkeit sowie höhere Verkaufserlöse und Mieteinnahmen. Die Immobiliendienstleister der CB Richard Ellis Group bestätigen diese Ergebnisse im Wesentlichen, monieren aber eine schlechte Vergleichbarkeit aufgrund schwieriger Datenlage.

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