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Charlottenhöfe.

© CESA Investment GmbH & Co. KG

Wohnen im neuen Westen: Alter Glanz kehrt zurück

Wohnungen in der City-West sind begehrt wie selten. Und es wird gebaut – auch für Mieter.

Henning Hausmann steht auf einem Balkon des fast fertig gestellten Neubaukomplexes in der Württembergischen Straße nahe Olivaer Platz, genießt die Aussicht auf die Häuser von Wilmersdorf und ist anscheinend mit sich und der Welt sehr zufrieden. „Wir waren von diesem Grundstück von Anfang an überzeugt“, sagt der Investmentleiter der Immobilienfirma Bauwert. „Wo finden Sie 250 Meter vom Kudamm entfernt ein Areal, das so viel Freiraum bietet und auch noch ruhig ist?“

Die Käufer und Mieter des auf den Namen „Rosengärten“ getauften Ensembles dürften das ähnlich sehen. Die 140 Eigentumswohnungen (Durchschnittspreis: 4150 Euro pro Quadratmeter) sind längst verkauft, die 70 Mietwohnungen vergeben. Immer wieder, erzählt der von Bauwert beauftragte Makler, müsse er Interessenten aus der Umgebung mitteilen, dass es leider keine freien Wohnungen mehr gebe – obwohl die „Rosengärten“ erst in diesen Wochen fertig werden und die Durchschnittsmiete von 13,50 Euro pro Quadratmeter nicht wenigen Berlinern astronomisch hoch vorkommen dürfte.

Doch die „Rosengärten“ liegen in der City-West. Und wer in diesen Tagen „City-West“ sagt, zaubert ein Leuchten in die Augen von fast allen Menschen, die ihr Geld mit Bau, Verkauf oder Vermietung von Wohnungen verdienen. „Wir beobachten eine Renaissance des Westens“, sagt Philip C. Hetzer, Mitglied der Geschäftsleitung beim Maklerhaus Engel & Völkers Commercial. „Charlottenburg zählt zu den begehrtesten Wohnlagen Berlins“, schwärmt Thomas Hocke, Berliner Niederlassungsleiter der Project Immobilien GmbH, die im Bezirk gerade den Bau von zwei Eigentumswohnanlagen (den Amalien- Etagen am Volkspark Wilmersdorf und einem Ensemble am Goslarer Ufer am Charlottenburger Verbindungskanal) verantwortet. Auch der auf den Vertrieb von Eigentumswohnungen spezialisierte Makler Nikolaus Ziegert ist begeistert: „Bei Eigentumswohnungen ist Charlottenburg-Wilmersdorf der umsatzstärkste Bezirk und wird es wohl auf absehbare Zeit bleiben.“

Um sich davon zu überzeugen, dass der Wohnungsmarkt in der City-West boomt, genügt ein Spaziergang. Dabei stößt man auf jede Menge Baustellen. Zwei davon befinden sich in unmittelbarer Nähe der „Rosengärten“: In der Pariser Straße 23/24 entstehen 43 Wohnungen zu einem Durchschnittspreis von knapp 5000 Euro pro Quadratmeter. Noch teurer, nämlich im Mittel 5700 Euro pro Quadratmeter, sind die 80 Wohnungen in den „Charlottenhöfen“. Die liegen zwar an der viel befahrenen Lietzenburger Straße, weisen dafür aber ein verlockendes Zusatzangebot auf: Wer einen Kaufvertrag unterzeichnet, kann sofort Dienstleistungen des ehemaligen Adlon-Chefconcierge Raffaele Sorrentino in Anspruch nehmen.

Zwei Mitarbeiter Sorrentinos werden sich auch nach der für Oktober 2014 angekündigten Fertigstellung um das Wohl der Bewohner kümmern. „Die Leistungen“, erläutert Philip von Polheim, Vertriebsleiter beim Projektentwickler Cesa Investment, „reichen vom Hochtragen der Einkaufstüten über die Reservierung von Theaterkarten bis hin zum Organisieren einer Wäscherei.“

Die „Charlottenhöfe“ sind nicht das einzige Projekt, das sich an eine ebenso anspruchsvolle wie zahlungskräftige Kundschaft richtet. Noch deutlich teurer ist das Maison Ouest (Französisch für Haus West): Bis zu 9800 Euro pro Quadratmeter kosten die 22 Wohnungen, die in zwei Gründerzeithäusern hinter dem KaDeWe entstehen. Abschreckend wirkt dieser Preis offenbar nicht: Laut einem Sprecher der Pantera AG, die gemeinsam mit der F&B-Gruppe den Umbau verantwortet, sind bereits 16 Wohnungen verkauft. Einzelne Käufer wollen gar zwei Wohnungen zusammenlegen – dabei sind die weitläufigen Wohnungen schon für sich genommen bis zu 290 Quadratmeter groß.

Investoren werden einfallsreich

Carré Raimar in der Bismarckstraße.
Carré Raimar in der Bismarckstraße.

© Kondor Wessels

Doch die Projektentwickler denken auch an Menschen mit weniger prall gefüllten Brieftaschen. Allerdings muss diese Zielgruppe mit nicht ganz so repräsentativen Lagen vorliebnehmen. Vor drei Wochen haben die CG Gruppe und Kondor Wessels den Grundstein für das Carré Raimar gelegt. Bis 2016 entstehen an der Bismarck- / Ecke Rückertstraße auf einem bisher als Parkplatz und Gewerbeareal genutzten Grundstück rund 220 Wohnungen – und zwar allesamt Mietwohnungen, die laut Jürgen Kutz von der CG Gruppe für zwölf bis 14 Euro pro Quadratmeter vermietet werden.

Dass Privatinvestoren Mietwohnungen errichten, ist mittlerweile kein Einzelfall mehr. Die Sanus AG will in der Seesener Straße in Wilmersdorf 220 Mietwohnungen errichten, die Bauwert in der Charlottenburger Gierkezeile weitere 72. „Zillegärten“ heißt dieses Projekt, das ursprünglich Eigentumswohnungen vorsah. Doch mittlerweile kaufen institutionelle Investoren wie Pensionskassen und Versicherungen gern Neubau-Mietwohnungen im Paket – die jetzt erzielbaren Mieten garantieren ihnen ordentliche Renditen.

Die Begeisterung der Investoren für Wohnungen zeigt sich auch daran, dass verstärkt über die Umnutzung von Büros in Wohnungen nachgedacht wird. Prominentestes Beispiel ist das Kudamm-Karree. Der irische Investor Ballymore will dort, wie er unlängst verkündete, den Büroturm vom fünften Obergeschoss an in Wohnungen umwandeln. Insgesamt sollen dort fast 30 000 Quadratmeter Wohnfläche entstehen; ob als Eigentums- oder als Mietwohnungen, steht laut einem Sprecher von Ballymore noch nicht fest.

Weniger bekannt ist ein anderes Beispiel: Im Herbst 2012 erwarb die SSN- Gruppe aus Düsseldorf das Grundstück Bundesallee/Ecke Nachodstraße, wo derzeit noch ein Jobcenter untergebracht ist. Nach dessen Auszug will der neue Eigentümer 80 Miet- und Eigentumswohnungen errichten. Eine Randbebauung aus Büros soll diese vor Straßenlärm schützen.

Mit der starken Nachfrage wächst auch der Druck auf Freiflächen und weniger dicht bebaute Grundstücke. „Manche Investoren reißen Wohnhäuser aus den 1950er Jahren ab, um an ihrer Stelle hochpreisige Eigentumswohnungen zu errichten“, beobachtet Sibyll Klotz, Bezirksstadträtin für Stadtentwicklung in Tempelhof-Schöneberg (vgl. Interview). So etwa am Barbarossaplatz, wo Hochtief Solutions im Mai mit dem Bau beginnt. 57 der 86 Wohnungen sind bei Preisen zwischen 2900 und 4900 Euro pro Quadratmeter bereits verkauft – viele davon an Menschen aus Schöneberg, sagt eine Hochtief-Sprecherin. Gegen den Abbruch am Barbarossaplatz hatten sich Bewohner gewehrt – und Proteste sind keine Ausnahme.

Auch Bauwert musste mehrere Gerichtsverfahren durchlaufen, ehe es die Bagger auffahren lassen konnte. Kleingärtner, die Jahrzehnte in Kudamm-Nähe ihre Parzellen gepflegt hatten, wollten nicht weichen. Jetzt blickt Bauwert-Vertreter Hausmann zufrieden auf die Stein gewordenen „Rosengärten“.

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