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Problemfall. Einige Häuser am Potsdamer Platz gehören dem Fonds SEB Immoinvest. Anleger würden gerne Anteile zurückgeben – doch der Fonds kann sie nicht auszahlen.

© Doris Spiekermann-Klaas

Offene Immobilienfonds: Angst vor dem Austrocknen

Weil in der Krise mehrere offene Immobilienfonds in Schwierigkeiten gerieten, soll ein neues Gesetz die Anleger schützen. Doch Kritik kommt sowohl aus der Branche als auch von Verbraucherschützern.

Von Carla Neuhaus

„Mir gehört ein Stück vom Potsdamer Platz.“ Welcher Verbraucher würde das nicht gerne von sich behaupten können? Offene Immobilienfonds, die genau das versprachen, hatten lange Zeit Hochkonjunktur. Doch in der Krise geriet einer nach dem anderen in Schwierigkeiten. Deshalb soll es jetzt ein neues Gesetz geben, das die Rechte der Anleger besser schützt. Die Bundesregierung hat dazu einen Entwurf vorgelegt, mit dem sich in der kommenden Woche der Finanzausschuss des Parlaments beschäftigt.

Eigentlich wollte Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) die offenen Immobilienfonds ganz verbieten. Davon ist in dem aktuellen Entwurf jedoch keine Rede mehr. Denn selbst Verbraucherschützer hatten sich zuletzt für den Erhalt der offenen Immobilienfonds eingesetzt. Sie seien „eine sinnvolle Möglichkeit, als Kleinanleger diversifiziert in Immobilien zu investieren“, heißt es in einer aktuellen Stellungnahme vom Bundesverband der Verbraucherzentralen (VZBV), die dem Tagesspiegel am Sonntag vorliegt. Weil die Fonds das Geld der Anleger in mehrere Objekte investierten, seien sie weniger riskant als beispielsweise der Kauf einer einzelnen Immobilie.

Derzeit stecken in Deutschland über 118 Milliarden  Euro in offenen Immobilienfonds – 83 Milliarden Euro entfallen davon auf die Publikumsfonds, in die jeder investieren kann. Diese Fonds sammeln Geld von Anlegern ein, kaufen damit zum Beispiel Bürogebäude und beteiligen die Verbraucher dann an der Wertsteigerung und den Mieteinnahmen.

Das ging lange gut – bis in Folge der Finanzkrise die Anleger in Scharen ihr Geld aus den Fonds abzogen. Weil die Anbieter das Geld aber in Immobilien investiert hatten und sie die nicht so schnell verkaufen konnten, wie die Anleger ihr Geld zurückhaben wollten, mussten sie ihre Fonds erst schließen, später komplett abwickeln. Passiert ist das zum Beispiel beim SEB Immoinvest, der die Gelder der Anleger unter anderem in Gebäudekomplexe am Potsdamer Platz investiert hat und sich seit vergangenem Sommer in der Auflösung befindet. Anleger können jetzt nur noch hoffen, dass der Fonds die Immobilien zu vertretbaren Preisen verkaufen kann und das Geld an die Verbraucher ausschüttet – oder sie verkaufen ihre Anteile mit Abschlägen an der Börse.

Um so etwas in Zukunft zu verhindern, sollen Neuanleger laut Gesetzentwurf in Zukunft nur noch einmal im Jahr ihre Fondsanteile zurückgeben können – und das auch erst nach einer Mindesthaltedauer. Bislang konnten sie Anteile in Höhe von bis 30 000 Euro jederzeit an den Fonds zurückgeben. Dass diese Regelung jetzt gestrichen werden soll, geht Verbraucherschützern zu weit.

So fordert der VZBV, man solle es den Anlegern weiterhin ermöglichen, wenigstens Anteile in Höhe von 5000 Euro pro Halbjahr ohne Mindesthalte- oder Kündigungsfrist zurückgeben zu können. „Auch wenn offene Immobilienfonds grundsätzlich nur als Langfristanlage geeignet sind, können Anleger so trotzdem über gewisse Beträge flexibel verfügen“, sagte Dorothea Mohn vom VZBV dem Tagesspiegel am Sonntag.

Auch die Fondsbranche wehrt sich dagegen, die Rückgabe von Anteilen einzuschränken. Dies könne zur Folge haben, „dass die Abflüsse die Zuflüsse überwiegen“, sagte Thomas Richter, Hauptgeschäftsführer beim Deutschen Fondsverband (BVI). Denn die Regelung könnte Neukunden abschrecken, während Altkunden ihr Geld immer noch schnell abziehen können. „Die Fonds würden mehr oder weniger schnell austrocknen“, warnt er. Die offenen Immobilienfonds würden dann zu einem Nischenprodukt, fürchtet der BVI.

Gleichzeitig sollen die Fondsanbieter künftig nur noch viermal im Jahr neue Anteile an Anleger ausgeben können. „Der Vorschlag ist völlig unverständlich“, kritisierte BVI-Hauptgeschäftsführer Richter, „die Anteile sollten weiter börsentäglich ausgegeben werden.“ Denn diese Entscheidung würde „das Liquiditätsmanagement des Fonds unnötig belasten“, das heißt, man bekomme Schwierigkeiten, sich Geld zu besorgen.

Bis Juli haben die Politiker Zeit, über das neue Gesetz zu entscheiden. Spätestens dann muss es eine Neuregelung geben, so sieht es eine Richtlinie der Europäischen Union vor.

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