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Ab Anfang Januar will die GDL mehrere Tage am Stück streiken.

© PICTURE ALLIANCE / ASSOCIATED PRESS/Michael Probst

Update

Ab Anfang Januar droht tagelanger Stillstand: GDL-Mitglieder stimmen für unbefristete Streiks bei der Bahn

Die GDL-Mitglieder haben unbefristeten Streiks zugestimmt. 97 Prozent sprachen sich bei der Urabstimmung dafür aus. Beim Bahnkonzern wird das kaum für Gesprächsbereitschaft sorgen.

| Update:

Die Lokführergewerkschaft GDL darf im Tarifkonflikt mit der Deutschen Bahn nun auch zu unbefristeten Streiks aufrufen. In einer Urabstimmung sprachen sich rund 97 Prozent der abstimmenden Mitglieder dafür aus, wie die GDL am Dienstag in Frankfurt am Main mitteilte.

Die Dauerstreiks könnten neben der Deutschen Bahn auch die Regionalbahnbetreiber Transdev, die City-Bahn-Chemnitz sowie acht Personaldienstleister treffen. Bis zum 7. Januar und damit über die Weihnachtszeit und den Jahreswechsel soll es jedoch noch keinen neuen Ausstand geben. Danach müssen sich Reisende aber auf längere Streiks einstellen: „Das, was jetzt kommt, wird kräftiger, wird länger und wird härter für die Kunden“, sagte Weselsky.

Mehrtägige Streiks sind keine Seltenheit

Um diese zu ermöglichen, hat die GDL in den vergangenen Wochen eine Urabstimmung durchgeführt. Für unbefristete Streiks waren 75 Prozent Zustimmung nötig. Laut Weselsky lag die Wahlbeteiligung bei mehr als 70 Prozent.

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Bei vorherigen Tarifrunden waren mehrtägige Streiks keine Seltenheit. 2021 streikte die GDL etwa für fünf Tage, 2015 einmal für sechs Tage. Gut möglich also, dass es in dieser Größenordnung im Januar weitergeht. Bisher hat die GDL im laufenden Tarifkonflikt zu Warnstreiks von maximal 24 Stunden im Personenverkehr aufgerufen. Im Fernverkehr fuhren dabei etwa 20 Prozent der Züge, ähnlich sah es bei der Bahntochter DB Regio aus.

GDL-Mitglieder zählen Stimmzettel der Urabstimmung aus.

© dpa/Lando Hass

Bahn will partout keine Arbeitszeitverkürzung

Diesmal zeichnet sich ein besonders langer Konflikt ab. Denn in der zentralen Streitfrage gibt es weder bei Deutscher Bahn noch GDL Bewegung. Weselsky fordert neben einer Lohnerhöhung und einer Inflationsausgleichsprämie, dass die Arbeitszeit für Schichtarbeiter ohne Gehaltseinbußen von 38 auf 35 Stunden pro Woche reduziert wird.

Die Bahn will sich darauf nicht einlassen. Personalvorstand Martin Seiler befürchtet, dass er die dadurch entstehenden Lücken im Personalplan nicht füllen kann. Zehn Prozent zusätzliches Personal bräuchte man in den betroffenen Bereichen, kalkuliert die Bahn. So viel zusätzliche Beschäftigte seien auf dem angespannten Arbeitsmarkt nicht zu finden.

Die GDL hält das Argument für vorgeschoben und verweist auf den Netineria-Abschluss in der vergangenen Woche. Mit der Konzernmutter des in Berlin und Brandenburg fahrenden Regionalzugbetreibers Odeg hat sich die GDL in der vergangenen Woche auf einen neuen Tarifvertrag geeinigt.

Bei Netinera, einer Tochter der italienischen Staatsbahn Ferrovie dello Stato Italiane, werden die gut 1200 Lokomotivführer und die knapp 1100 Zugbegleiter ab 2025 im Schichtdienst jedes Jahr eine Stunde weniger pro Woche arbeiten. Ab 2028 gilt dort die 35-Stunden-Woche.

Die GDL kann auch leise.

GDL-Chef Claus Weselsky

In zwei Schritten erhalten die Netinera-Beschäftigten 2024 zudem 420 Euro mehr Gehalt pro Monat (bei einer Vertragslaufzeit von zwei Jahren). Hinzu kommt eine Inflationsausgleichsprämie von 1900 Euro. Einen vergleichbaren Abschluss wünscht sich Weselsky auch bei der Deutschen Bahn. „Wir haben die Eisenbahnerberufe mit diesem Abschluss endlich attraktiver gemacht“, sagte er nach der Einigung. Und gab der DB sogleich einen mit: „Die GDL kann auch leise, es hängt eben davon ab, wie sich die jeweilige Arbeitgeberseite uns gegenüber verhält.“

Umstrittenes Gesetz verschärft den Konflikt

Beim Staatskonzern will man sich Netinera allerdings nicht zum Vorbild nehmen. Die Bahn erwartet bei 20.000 beschäftigten Lokführern viel größere Personalprobleme, wenn man der Arbeitszeitverkürzung zustimmt.

Zudem muss die DB darauf achten, dass sie mit der GDL nicht einen deutlich attraktiveren Tarif als mit der konkurrierenden EVG abschließt. Mit der hat sie sich im Sommer nach einer Schlichtung auf 410 Euro mehr und eine Inflationsausgleichsprämie von 2850 Euro geeinigt.

Dass die GDL nun so aggressiv auftritt und zugleich eine Arbeitszeitverkürzung und ein deutliches Lohnplus fordert, hängt auch mit der Konkurrenz mit der größeren EVG zusammen. Durch das umstrittene Tarifeinheitsgesetz kann die GDL nur in jenen DB-Betrieben einen Abschluss aushandeln, in denen sie mehr Beschäftigte als die EVG vertritt. Laut der DB ist das derzeit in 18 Betrieben mit 10.000 Beschäftigten der Fall. Insgesamt hat der DB-Konzern über 200.000 Beschäftigte im Eisenbahngeschäft.

Auch bei ihrer Kernklientel – den Lokführern – verliert die GDL durch das Tarifeinheitsgesetz an Einfluss. Claus Weselsky und die GDL-Führung sehen sich deshalb in einer Art Existenzkampf. Will die Spartengewerkschaft nicht schrittweise zerrieben werden, muss sie dringend zusätzliche Mitglieder gewinnen. Ein deftiger Arbeitskampf ist dafür das beste Mittel. (mit dpa)

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