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Jürgen Dusel ist der Beauftragte der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen.

© picture alliance/dpa

Weniger Vorurteile oder:: Mehr Leichte Sprache, bitte!

Ein Gastbeitrag des Behindertenbeauftragten der Bundesregierung zum Internationalen Tag für Menschen mit Behinderungen.

Von Jürgen Dusel

20-jähriges Jubiläum bei den Spielen in Paris: Die „Paralympics Zeitung“ ist seit 2004 ein Gemeinschaftsprojekt von Tagesspiegel und DGUV. Im Rahmen dieser Zusammenarbeit entstand auch folgender Gastbeitrag anlässlich des Internationalen Tages für Menschen mit Behinderungen.


Im Juni 2023 finden die Special Olympics World Games in Berlin statt. Ein Ereignis, auf das ich mich sehr freue. Vielleicht lesen Sie gerade zum ersten Mal davon. Es wäre nicht verwunderlich – auch die nationalen Spiele 2022 haben wenig Aufmerksamkeit gefunden. Das ist mehr als schade. Die Special Olympics sind ein großartiges Sportereignis, und ich empfehle Ihnen wärmstens hinzugehen.

Es ist nicht selten, dass die Belange von Menschen mit so genannten intellektuellen Einschränkungen kaum Aufmerksamkeit erhalten. Sie haben keine große Lobby und es gibt nur wenige unter ihnen, die eine große Reichweite haben.

Wie viele Schauspieler*innen mit Lernschwierigkeiten kennen Sie? Auch hier brauchen wir mehr Vorbilder.

Jürgen Dusel

Das liegt daran, dass wir als Gesellschaft zu exklusiv sind – und das im wahrsten Sinne des Wortes: das Gegenteil von inklusiv.

Es gibt zu wenige Informationen in Leichter Sprache, von Seiten der Behörden und Verwaltungen in Deutschland, aus dem politischen Betrieb oder auch von Seiten der Medien. Information ist jedoch die Währung der Demokratie – dieses Zitat, das dem dritten US-Präsidenten Jefferson nachgesagt wird, hat auch hier Gültigkeit. Erst die Information ermächtigt das Individuum, an der Gesellschaft teilzuhaben. Fehlt sie, ist der oder die Einzelne ausgeschlossen.

Und das hat weitreichende Folgen: Menschen mit Lernschwierigkeiten haben Probleme, einen Schulabschluss zu erreichen und finden selten einen Job auf dem ersten Arbeitsmarkt. Hier braucht es mehr Anstrengungen im Bildungssystem.

Auch in der digitalen Welt sind viele abgehängt – eine finanzierte Digitalassistenz wäre ein Ansatz. Außerdem gibt es erhebliche Defizite bei der gesundheitlichen Versorgung. Unser Gesundheitssystem ist alles andere als barrierefrei.

Und wie viele Schauspieler*innen mit Lernschwierigkeiten kennen Sie? Hier hat sich in den vergangenen Jahren zwar schon einiges verbessert, so gibt es immer mehr professionelle Schauspielerinnen wie Luisa Wöllisch oder Julia Häusermann. Aber auch hier brauchen wir mehr Vorbilder

Luisa Wöllisch (links) und Birgit Minichmayr bei der Weltpremiere des Kinofilms „Die Goldfische“.

© imago images / Future Image

Denn das ist der Punkt: Wir müssen endlich wegkommen von einem defizitorientierten Blick auf Menschen mit Behinderungen. Die Athlet*innen der Special Olympics verkörpern Werte wie Solidarität, Empathie, Rücksichtnahme und Fairness und sind Vorbilder für uns, gerade in diesen schwierigen Zeiten.

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