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Boccia ist zwar nicht olympisch, wird aber bei den Paralympics gespielt und ist seit 1991 Teil der Special Olympics-Wettbewerbe.

© imago images/AFLOSPORT/Michael Steinebach via www.imago-images.de

Vom Kanu zum Boccia: Die Frauenbeauftragte, die Kugeln wirft

Michaela Arndt repariert Faltboote bei den Lichtenberger Werkstätten und ist dort auch Frauenbeauftragte. Nun tritt sie bei den Special Olympics World Games im Boccia an.

Von Daniel Goldstein

Michaela Arndt hat in ihrem Büro bei den Lichtenberger Werkstätten (LWB) gerade den Infozettel fertig gemacht und an ihrer Tür angebracht. „Die Sprechstunden der Frauenbeauftragten müssen in den kommenden Tagen leider entfallen“, ist darauf zu lesen. Arndt und ihre Kollegin Silvia Dill sind zwar in Berlin, aber eben nicht an ihrem Arbeitsplatz, sondern etwas weiter westlich unterwegs. Die gerade erst 40 Jahre jung gewordene ist für die Special Olympics World Games nominiert. Sportart? Boccia! Ihre Kollegin Dill, 58 Jahre, ist ebenfalls dabei und zwar im Badminton.

Aber Moment, Boccia? Genau, das ist die italienische Variante des Boule. Die Sportart ist zwar nicht olympisch, wird aber immerhin auch bei den Paralympics gespielt. Seit 1991 ist Boccia Teil der Special Olympics-Wettbewerbe. Michaela Arndt erklärt das Spiel so: „Man hat so einen kleinen weißen Ball, Pallino nennt man den, oder auch Schweinchen. Der wird als erstes geworfen. Dann nimmt man die rote oder die grüne Kugel und muss die ganz nah ans Pallino ranwerfen. Wer dann ganz nah dran ist, hat gewonnen.“

Michaela Arndt ist für die Special Olympics nominiert und gewann bereits zahlreiche Medaillen im Kanu und Boccia.

© privat

Klingt einfach, aber es gibt auch ein paar Vorgaben einzuhalten. Die wichtigste Regel: „Man darf nicht von oben werfen“, sagt Arndt. „Man muss von unten und ganz locker aus dem Handgelenk werfen. Vier Kugeln hat man.“ Die 40-Jährige tritt im Einzel, Doppel und Teamwettbewerb an. Nach einer bestimmten Zeit werden in einem Spiel die Punkte zusammengezählt. Wer die meisten hat, gewinnt. Auch hier gibt es, wie bei den Special Olympics üblich, am Anfang die Klassifizierungs-Wettbewerbe, bei denen die Athlet*innen in Leistungsklassen eingeteilt werden. Danach geht es dann innerhalb dieser Wettbewerbe um die Medaillen.

Nach dem Kanu brauchte Arndt eine neue Herausforderung

Mit Edelmetall kennt sich Michaela Arndt aus. Stolz zeigt sie ein Foto der Medaillen-Wand in ihrer Wohnung in Ahrensfelde. Fünfzehn Stück hängen dort schon. Zwei davon holte sie im Boccia. 2021 wurde sie Berliner Vizemeisterin, 2022 holte sie Bronze bei den nationalen Special Olympics. Die schicksten Medaillen in ihrer Sammlung sind allerdings eine goldene und eine silberne von den World Games 2015 in Los Angeles. Damals trat Arndt noch im Kanu an. Von 2008 bis 2018 war sie auf dem Wasser in Grünau und in der Rummelsburger Bucht unterwegs. Irgendwann hatte sie im Kanu alles erreicht und brauchte eine „neue Herausforderung“.

Allerdings gab es auch andere Gründe für ihren Wechsel zum Boccia. Zum Beispiel führt sie an: „Ich leb jetzt ruhiger.“ Dennoch steht für sie die Abwechslung zur Arbeit im Vordergrund. „Die Herausforderung beim Boccia finde ich interessant, weil es immer was Neues ist und man immer etwas findet, was man noch verbessern kann. Für mich macht es einfach Spaß, auch andere Gesichter kennenzulernen.“ Ihre Übungseinheiten direkt neben dem Königin-Elisabeth-Krankenhaus in Herzberge werden von Trainerin Julia Figaschewsky betreut.

Wir machen Kurse für die Selbstbehauptung der Frauen.

Michaela Arndt, Athletin bei den Special Olympics und Frauenbeauftragte

Überdies hat sie auch ein großes Ziel für die Weltspiele. „Eine Medaille wäre schon schön, aber wenn das nicht klappt, ist das auch nicht so schlimm“, sagt Arndt und man sieht schon in ihrem Gesicht, dass der zweite Halbsatz weniger ernst gemeint ist als der erste. Sie wird alles für ein weiteres Edelmetall tun.

Nach den World Games wird sie sich dann wieder ihrer Arbeit und dem Posten als Frauenbeauftragte widmen. Da hat sie auch nicht wenig zu tun: „Wir machen Kurse für die Selbstbehauptung der Frauen, wir starten nach den Weltspielen mit unserer Frauenrunde und es kommen auch viele zu uns in die Sprechstunde wg. Beziehungsproblemen, Belästigung am Arbeitsplatz oder einfach nur zum Quatschen.“

Arndt hofft, dass ihre Kollegin im Büro der Frauenbeauftragten dann ebenfalls eine Medaille vorzuweisen hat. Vielleicht können sie diese auch zur Motivation anderer Frauen nutzen.

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