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Timo Bernhard, Earl Bamber und Brendon Hartley (von links) freuen sich über den Besuch der Fans bei der Autogrammstunde.

© Jürgen Tap/Porsche

Sechs-Stunden-Rennen in Fuji: Motorsport: Big in Japan

Nirgendwo ist die Begeisterung für Motorsport größer als in Asien. Ein Besuch in Fuji beim Sechs-Stunden-Rennen der Langstrecken-Weltmeisterschaft.

Von Sabine Beikler

Kein Murren, kein Drängeln, kein Übertreten der Linie, auch nicht um einen einzigen Zentimeter. Schon zwei Stunden vor der Autogrammstunde stehen gut 700 Fans geduldig in einer Menschenschlange an. Sie warten diszipliniert auf ihre Fahrer wie Vorschulkinder auf den ersten Verkehrsunterricht. Von überall her sind die extrem motorsportbegeisterten japanischen Fans zum Sechs-Stunden-Rennen der Langstrecken-Weltmeisterschaft (WEC) am Sonntag nach Fuji angereist. Am heiligen Mount Fuji, mit 3776 Metern der höchste Berg Japans, ist das Wetter seit Tagen miserabel. Doch der Dauerregen schreckt die Fans nicht ab. Die meisten tragen bunte Regenumhänge. Einige wie Naofumi Ushio präsentieren selbstgebastelte Rennautos aus Pappe auf ihrem Kopf. Er lacht, verbeugt sich und zeigt stolz auf seinen Kopfschmuck. Dass statt Porsche „Porshe“ auf dem asiatischen Kegelhut steht, fällt unter den Fans nicht weiter ins Gewicht.

Geschenke für die Idole

Im internationalen Motorsport ist die japanische Fankultur einzigartig. Daran müssen sich auch Rennfahrer gewöhnen. Pilot Frédéric Makowiecki hat längere Zeit in Kyoto gewohnt. Und der dreifache Le-Mans-Sieger André Lotterer lebt seit 2003 in Japan, heute in Tokio. Beide Porsche-Werksfahrer sind in Asien bekannt, da sie in der japanischen Serie Super GT gefahren sind. Lotterer gewann diese Serie 2006 und 2009 sowie 2011 die Super Formula, die frühere Formel Nippon. „Wenn ich durch Tokio laufe, werde ich erkannt“, erzählt der frühere Audi-Pilot, der seit 2017 für Porsche in der Langstrecken-WM fährt. Japanische Fans sind sehr gut informiert über das Renngeschehen. „Sie schätzen dich und heißen dich mit Geschenken auf der Rennstrecke willkommen“, sagt Lotterer.

Als ein Fan Fred Makowiecki einmal ein Geschenk überreichte, war der Franzose baff: Er hatte ein Erfrischungstuch in seiner Hand. „Da habe ich mich gefragt, ob ich schlecht rieche“, sagt der Franzose. Aber der Mann gab ihm dieses Tuch, weil er für den Komfort des Rennfahrers sorgen wollte. Und als er mit seinem kleinen Sohn zu Besuch an einer Rennstrecke war, liefen Fans zu ihm und überreichten ihm einen Kopfhörer für den Sohn als Schutz vor den lauten Motorengeräuschen. Und all die geschenkten Teddybären könne er gar nicht mehr zählen. „Die Fans achten auf dich. Aber sie beobachten auch genau deine Reaktion.“

Während der Autogrammstunden am Wochenende in Fuji halten die Fans Fotos, Fahnen, Magazine, Modellautos oder Cappis in den Händen, auf die sie die Unterschriften wollen. Auch ein Fan in weißem Overall und Integralhelm steht in der Schlange. „I am Mr. Stig“, sagt der Mann, der sich als der geheimnisvolle Testfahrer aus der BBC-Autokult-Sendung „Top Gear“ verkleidet hat. Er sei gekommen, um Mark Webber zu treffen. Als er darüber aufgeklärt wird, dass Webber seine aktive Karriere als zuletzt Porsche-Fahrer in der WEC beendet hat und in Fuji nicht erwartet wird, öffnet „Mr. Stig“ kurz sein Visier und verzieht keine Miene.

Der diesjährige Le-Mans-Sieger und WEC-Weltmeister 2015, Timo Bernhard, hat ebenfalls schon viele Geschenke von Fans erhalten. Neben Bernhard hat jemand eine riesige Manga-Puppe gesetzt und drückt eifrig auf den Auslöser. Timo Bernhard lächelt in die Kamera, und der Manga-Freund freut sich.

Gefahr am Fuji

Der 4,56 Kilometer lange Kurs in Fuji gilt als eine der gefährlichsten Rennstrecken. Die 1,5 Kilometer lange Start-Ziel-Gerade lässt Höchstgeschwindigkeiten von 300 Kilometer in der Stunde zu. Niki Lauda befand die Strecke 1976 im Regen für so gefährlich, dass er seinen Ferrari verließ und damit die Weltmeisterschaft an James Hunt verlor. An diesem Wochenende war die Sicht durch die Gischt und den Bodennebel in Fuji darüber hinaus erheblich eingeschränkt.

Das Rennen am Sonntag musste wegen Regens und Nebels fünfmal durch das Safety Car und zweimal durch die Rote Flagge unterbrochen werden. Nach längerer Unterbrechung entschied Toyota das Rennen mit einem Doppelsieg vor den beiden Porsche-Autos. Die Führenden in der WEC, Timo Bernhard, Earl Bamber und Brendon Hartley mit dem Porsche Nummer 1 landeten auf dem vierten Platz, liegen aber immer noch mit 39 Punkten vor dem Toyota Nummer acht und den Fahrern Anthony Davidson, Sebastien Buemi und Kazuki Nakajima. Entschieden wird die WM in der LMP1-Klasse und in den hart umkämpften GTE-Klassen bei den nächsten beiden Rennen in Schanghai und Bahrain. Einige Fans aus Japan werden den Piloten bis dahin folgen.

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