zum Hauptinhalt
Phil Taylor tritt noch einmal auf der ganz großen Darts-Bühne auf.

© dpa

Im Finale der Darts-WM: Phil Taylor und das letzte Kapitel einer märchenhaften Karriere

Kaum jemand hat es ihm zugetraut. Doch Phil Taylor hat es noch einmal allen gezeigt. Er steht kurz vor seinem 17. WM-Titel.

Phil Taylor stand wenige Minuten nach dem Halbfinale der Darts-WM auf der Bühne und gab ein Interview.  „Ich habe Glück gehabt“, sagte Taylor nach dem nur von den Zahlen her deutlichen 6:1 gegen Jamie Lewis aus Wales. Und bekannte, dass er zunächst nicht ins Spiel gefunden habe. Taylor sagte noch, dass er keine Energie mehr habe und sich auf den einen Tag Pause freue. Dann verließ er die Bühne im Alexandra Palace. Zum vorletzten Mal. Er wird tatsächlich noch einmal wiederkommen. Neujahr ab 21 Uhr (live bei Sport1) trifft der 57-Jährige in einem rein englischen Finale auf den 30 Jahre jüngeren Rob Cross, der sensationell 6:5 gegen Titelverteidiger Michael van Gerwen gewonnen hatte. 

Viertelfinale ist Endstation für Taylor, sagten viele im Vorfeld. Vielleicht Halbfinale, meinten andere. Er selbst sprach davon, ein bis zwei Runden überstehen zu wollen. Dann gewann er eine Runde nach der anderen, schlug unter anderem den Weltranglistendritten Gary Anderson (Schottland) – und ist nur noch einen Schritt vom märchenhaften Ende einer märchenhaften Karriere entfernt. Nach der WM ist Schluss für den Mann, der großen Anteil daran hatte, dass Darts weit über Großbritannien hinaus einen schier unglaublichen Siegeszug angetreten hat. Taylor will nicht mehr täglich stundenlang trainieren. Die Pfeile komplett weglegen wird er aber nicht, spielt stattdessen 2018 eine stattliche Anzahl von Showturnieren.

Darts, der Kneipensport, betrieben von älteren Herren mit lustigen Hemden im stillen Kämmerlein, beziehungsweise im Hinterzimmer eines Pubs – das war einmal. Darts, das ist vor allem – aber nicht nur – während der WM in London eine bierselige Dauerparty, kombiniert mit nah an die Perfektion heranreichenden sportlichen Leistungen. Der größte Star des Ganzen ist immer noch Taylor, der einer Arbeiterfamilie entstammt und früher in seiner Heimatstadt Stoke-on-Trent Halter für Toilettenrollen zusammenbaute. Das ist mittlerweile Basiswissen für jeden, der sich auch nur entfernt für die Welt der Pfeile und der Dreifach-Felder interessiert.

Zum 21. Mal in einem WM-Finale

16 WM-Titel hat Taylor geholt, hat mit seinem Sport viele Millionen Euro verdient. Er ist Mitbegründer des Verbands Professional Darts Corporation (PDC), steht zum 21. Mal im Finale einer Weltmeisterschaft. 2010 belegte er bei der Wahl zu Großbritanniens Sportler des Jahres den zweiten Platz hinter dem Jockey Tony McCoy. Er hat längst das geschafft, was eines seiner Ziele war: sich und seiner Familie ein besseres Leben ermöglichen.

Ausgangspunkt für die einmalige Karriere waren sein Talent, seine Disziplin und Verbissenheit sowie Eric Bristow. Der mehrfache Weltmeister förderte den Nachwuchsmann Taylor und griff ihm zu Beginn finanziell unter die Arme. 1990 nahm Taylor erstmals an einer WM teil, damals noch unter dem Dach der British Darts Organisation (BDO). Er gewann im Finale deutlich gegen – Eric Bristow. Die Haare sind über die Jahrzehnte weniger geworden, die Figur fülliger. Aber Taylors Dominanz blieb lange. Die Liste seiner Turniersiege umfasst über 200 Einträge. Wer bei Youtube „Phil Taylor“ eingibt, ist danach lange beschäftigt: Es gibt Dokumentationen über ihn und reichlich Videos von seinen Spielen. Manche sind mehrere Millionen Mal angeklickt worden. 

Eine Frage ist offen

Seinen bisher letzten WM-Titel holte er 2013, in den vergangenen Jahren hatte er bei Turnieren immer öfter jüngeren Spielern den Vortritt lassen müssen und rutschte in der Weltrangliste auf Platz sechs ab. Doch jetzt hat „The Power“ noch einmal zurückgeschlagen. Auf der größten Bühne. Auf seiner Bühne im Alexandra Palace, wo sie seit Jahren immer ab Mitte Dezember das Lied vom „Taylor Wonderland“ singen.

Eine Frage war zunächst eher theoretischer Natur: Was passiert mit der Trophäe, wenn Taylor noch einmal Weltmeister wird? Er selbst hatte angedeutet, dass er sie auf der Bühne lassen würde. Aber so richtig vertieft wurde die Sache nicht. War ja nicht wirklich zu erwarten, dass er auch nur in die Nähe des Finals kommt. Nun hat er es erreicht. Noch ein Sieg gegen den WM-Debütanten Rob Cross und er hat die Trophäe. Was auch immer er dann damit macht.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false