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Silber für Union. Grischa Prömel hat vor einem Jahr in Rio gespielt.

© Imago/GEPA pictures

Personalpolitik beim 1. FC Union: Wo sind die Männer für den Aufstieg?

Der 1. FC Union hält sich auf dem Transfermarkt zurück, bis zum Saisonstart sollen aber noch Neue kommen. Denn schließlich soll es ja bald nach oben gehen.

Ein wenig sah Jens Keller aus, als würde er immer noch im Sommerurlaub weilen. Kurze Hosen, rotes Poloshirt, die Haut von der Sonne braun gebrannt. „Hat gut getan“, sagte der Trainer des Berliner Fußball-Zweitligisten 1. FC Union Berlin über die vergangenen vier Wochen Pause. Nun sei er voller Tatendrang und außerdem „ist es schön, die Jungs wiederzusehen“.

Die Jungs, seine Spieler, sind zum Großteil dieselben wie in der vergangenen Saison. Union hat sich bisher zurückgehalten auf dem Transfermarkt. Sechs Spieler sind gegangen, vier gekommen – eine verhältnismäßig geringe Fluktuation. „Wir halten weiter die Augen offen. Die Abgänge wollen wir zahlenmäßig auf jeden Fall ersetzen“, sagte Manager Helmut Schulte, bevor die Mannschaft für drei Tage in das Kurztrainingslager nach Kremmen aufbrach. Am Samstag (15.30 Uhr) folgt dann in der Alten Försterei der offizielle Trainingsauftakt.

Ein Innenverteidiger soll es bitte noch sein, dazu ein rechter Außenverteidiger, ein Mittelfeldspieler vielleicht auch. Welcher Kategorie diese Spieler angehören werden, ließ Helmut Schulte offen. Das können Fußballer für die erste Elf sein oder welche, die den Kader in der Breite verstärken.

Derzeit scheint ausgeschlossen, dass der Berliner Zweitligist noch einmal solch finanzielle Anstrengungen unternimmt wie im Winter, als der Klub viel Geld ausgab, um Sebastian Polter aus England zurückzuholen. Bei den bisherigen Neuzugängen fällt auf, dass sie alle keine Ablöse kosteten und abgesehen von Marc Torrejon (SC Freiburg) über wenig Zweitligaerfahrung verfügen. Marcel Hartel, Peter Kurzweg und der vielversprechende U-Nationalspieler Grischa Prömel kommen zusammen auf 71 Einsätze in dieser Spielklasse. Trotzdem sagt Keller: „Ich glaube, dass wir sehr viel Qualität dazugewonnen haben.“

Nicht alle dürften diese Einschätzung teilen. Immerhin hat Union in Benjamin Kessel (zum 1. FC Kaiserslautern), Roberto Puncec und Maximilian Thiel (1. FC Heidenheim) ehemalige Stammkräfte mit einiger Erfahrung verloren. Der talentierte Eroll Zejnullahu wurde an den Ligakonkurrenten Sandhausen ausgeliehen. Angesichts der Tatsache, dass der Kader vor allem gegen Ende der vergangenen Saison, als der Aufstieg verspielt wurde, einige Defizite offenbarte, mag das defensive Vorgehen auf dem Markt überraschen.

Strategisch möchte der Klub also auf die eingespielte Mannschaft setzen, die den Aufstieg knapp verpasst hat

Als Vierter der vergangenen Spielzeit zählt Union nun zu den großen Aufstiegsfavoriten, was Keller auch nicht verneint. „Die Erwartungshaltung wird höher sein“, sagt Unions Trainer. Mit den Bundesliga-Absteigern Ingolstadt und Darmstadt kommen auch keine Klubs hinzu, die – anders als der VfB Stuttgart und Hannover 96 in der vergangenen Saison – der Konkurrenz wirtschaftlich wie sportlich deutlich voraus sind. Für Klubs wie den 1. FC Union oder Eintracht Braunschweig dürfte der Aufstieg in der neuen Spielzeit sicherlich leichter zu realisieren sein als in den Jahren zuvor. Warum halten sich die Berliner dann bisher so zurück in Sachen Neuzugängen?

Spielen etwa die Pläne der Vereinsführung, das Stadion An der Alten Försterei demnächst massiv auszubauen, dabei eine Rolle? Union hat angekündigt, einen Großteil der für das Projekt veranschlagten Kosten von rund 38 Millionen Euro selbst stemmen zu wollen. „Das sind definitiv zwei verschiedene Töpfe. Das Investitionsvolumen des Vereins hängt nicht mit dem laufenden Etat zusammen“, sagt Manager Schulte.

Strategisch möchte der Klub also auf die eingespielte Mannschaft setzen, die den Aufstieg knapp verpasst hat. „Wir haben außer Puncec alle 18 Spieler an Bord, die in der vergangenen Saison die meiste Spielzeit erhalten haben“, sagt Helmut Schulte. Daran soll sich auch nichts mehr ändern. Union möchte niemanden abgeben. Erst recht nicht Toni Leistner, den Abwehrchef, der mit Bundesligisten in Verbindung gebracht wird. „Toni ist bei uns“, sagt Unions Manager, „und es gibt keine Zeichen, dass er geht. Er besitzt einen gültigen Vertrag und wir sehen die Situation nicht, dass er diesen nicht auch erfüllt.“

Leistners Bleiben wäre von enormer Bedeutung für die Mannschaft. Sollte er Union doch noch verlassen, dürfte Trainer Keller seine im Urlaub erlangte Entspannung womöglich schnell wieder einbüßen. Sebastian Stier

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