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Geld schießt Tore. Bruno Guimaraes, blond gefärbtes Haar, war teuer und zahlt mit Treffern zurück. 

© IMAGO/Pro Sports Images

Kolumne zur Premier League: Wie Newcastle zum Spitzenklub aufgemotzt wurde

Newcastle United ist einer der spannendsten Klubs der Premier League. Unser Autor sieht den Erfolg des Teams kritisch, würdigt aber den Trainer.

Gleich fünf der sechs aktuell besten Teams der Premier League sind an diesem Sonntag gefordert. Dabei wurde die Begegnung zwischen Liverpool und Manchester City an der Anfield Road zu Beginn der Saison als einer der Höhepunkte des Jahres angesehen. Eine vorzeitige Entscheidung um den Titel, wie es viele erwartet hatten, wird es aber nicht geben.

Das Gastspiel des Tabellensechsten Newcastle bei Manchester United, das derzeit mit einem Punkt Vorsprung auf dem fünften Platz liegt, dürfte dem neutralen Zuschauer besonders viel bieten. Newcastle ist seit der Länderspielpause in besonders starker Form und hat bei zwei Siegen in Folge neun Tore erzielt. Sie sind zudem eine von nur zwei Mannschaften, die City in der Liga bisher Punkte abnehmen konnte.

Wie City werden auch sie auf geradezu ungeheuerliche Weise von einem staatlich gelenkten Investor finanziert. In dieser Woche jährt sich die Übernahme durch das Konsortium, das hauptsächlich dem Public Investment Fund, dem Staatsfonds Saudi-Arabiens, untersteht. Mit einem geschätzten Vermögen von 620 Milliarden US-Dollar wurde der PIF, der von Yasir Al-Rumayyan geleitet wird, auf Anhieb zum größten Fußballinvestor der Welt.

Trotz aller politischen Verstrickungen sind die Fanlager seltsam unpolitisch geblieben. Spannung und Unterhaltung stehen im Vordergrund. Und es besteht kein Zweifel daran, dass Newcastle dabei ist, eine der aufregendsten Mannschaften des Landes aufzubauen. Kein Vergleich mehr zur Situation von vor einem Jahr, als der hochgelobte Eddie Howe das Traineramt von Steve Bruce übernahm. Unter Bruce, der in dieser Woche bei West Brom entlassen wurde, waren die Magpies ohne einen einzigen Sieg abgeschlagen Tabellenletzter.

Die eigentliche Trendwende aber begann mit dem Januar-Transferfenster. Erster Neuzugang war damals Kieran Trippier, der für 14 Millionen Euro von Atlético Madrid kam. Als dritter Engländer überhaupt hatte er ein Tor in einem WM-Halbfinale geschossen. Sein Wechsel war schon deshalb ein starkes Signal, weil auch Manchester United Interesse an einer Verpflichtung hatte. Mit Bruno Guimarães, der für 50 Millionen Euro aus Lyon kam, konnte man sich zudem ein großes Talent sichern. Er ist einer der Stars der Mannschaft. Um ihn herum soll das ambitionierte Projekt aufgebaut werden. Mit 12 Siegen aus 18 Spielen führte Trainer Howe Newcastle in der vergangenen Saison noch auf einen elften Platz.

Im Sommer wurden dann weitere Verstärkungen geholt. Mit dem günstigen Kauf von Torhüter Nick Pope, der jüngst für das Länderspiel England gegen Deutschland in der Nations League nominiert wurde, und der 40 Millionen Euro teuren Investition in den niederländischen Nationalverteidiger Sven Botman verfügt Newcastle derzeit über die zweitbeste Defensive der Liga. Für das andere Ende des Spielfelds wurde Ende August der frühere Dortmunder Alexander Isak für stolze 70 Millionen Euro von Real Sociedad geholt.

Newcastles jüngster Erfolg ist jedoch nicht nur auf teure Transfers zurückzuführen. Mit Howe haben sie einen der beeindruckendsten jungen Manager der Premier League, dessen taktisches Gespür sich am besten im Fall des ehemaligen Hoffenheimer Stürmers Joelinton zeigt. Der Brasilianer, der 2019 eine der wenigen hochkarätigen Neuverpflichtungen war, hatte in seinen ersten beiden Spielzeiten nur sechs Tore erzielt und blieb dabei 2130 Minuten lang in allen Wettbewerben ohne Torerfolg. Seit Howe im November vergangenen Jahres das Ruder übernommen hat, wird der angeschlagene Stürmer als kämpferischer Box-to-Box-Mittelfeldspieler eingesetzt. Seine Anpassung an eine völlig neue Position war bemerkenswert und seine Leistungen haben ihn zu einem neuen Helden im St. James’ Park gemacht.

Nach einem Jahr unter dem neuen Besitzer und in Howes erster kompletter Saison scheint alles wie am Schnürchen zu laufen. Unter einem der besten Trainer Englands sieht Newcastle allmählich wie ein ernstzunehmender Herausforderer in der Premier League aus und wird sicherlich mindestens die Europa League anstreben. Eine hochkarätige Begegnung mit einer der unberechenbarsten Mannschaften der Liga, Manchester United, wird für beste Unterhaltung sorgen, da beide Teams versuchen werden, den so wichtigen vier Spitzenplätzen näher zu kommen.

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