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Maksym Yarovyi trug die Fahne der Ukraine.

© dpa

Eröffnungsfeier der Paralympics: Kaum Protest gegen den Krieg

Die Sportler aus der Ukraine laufen als Vierte ein. Und das tun sie sehr stoisch. IPC-Präsident Parsons erwähnt den Krieg in seiner Rede nicht.

An dieser Stelle berichtete das Team der Paralympics Zeitung, ein Projekt von Tagesspiegel und der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung. Alle Texte zu den Spielen rund um Peking finden Sie hier. Aktuelles finden Sie auf den Social Media Kanälen der Paralympics Zeitung auf Twitter, Instagram und Facebook.

Das Paralympische Feuer in Peking wird entzündet, kurz nachdem in der Ukraine der Brand an einem Kernkraftwerk gelöscht wurde. Das ist die Lage an diesem vermutlich seltsamsten Paralympics-Eröffnungstag seit Langem: Corona, Spiele in einer Ein-Parteien-Diktatur und der russische Angriffskrieg in Osteuropa. Auch wenn das Internationale Paralympische Komitee (IPC) von sich sagt, politisch neutral zu sein, finden diese Paralympics nun in einem sehr aufgeladenen Umfeld statt. Und das lässt sich an vielleicht keinem Ort besser beobachten als bei der Eröffnung am Freitag.

Es ist schon Nacht in Peking, als die ersten Athleten einlaufen, und das Stadion hell erleuchtet in der sonst dunklen Stadt strahlt. Die Sportlerinnen und Sportler betreten das Stadion nach der jeweiligen chinesischen Bezeichnung ihrer Nation, die Anzahl und die Reihenfolge der Striche im ersten Schriftzeichen sind entscheidend für die Position.

Dieser Logik entsprechend laufen die Ukrainerinnen und Ukrainer – nach Belgien, Japan und Dänemark – als Vierte ein. Und das tun sie sehr stoisch. Kein Winken, keine Freudesgesten, kein Überschwung. Stattdessen strecken einzelne Athleten ihre Faust gen Himmel. Wie sonst sollte man auch einlaufen, wenn das Heimatland gerade unter einer russischen Invasion leidet? Die seltsam stille Prozession führt Maksym Yarovi an, der auch schon bei den Paralympics in Sotschi dabei war.

Die Ukraine erwähnt Parsons mit keinem Wort

Im Vorfeld der Eröffnungszeremonie sagte Nataliia Harach, Pressesprecherin des ukrainischen Nationalen Paralympischen Komitees: „Es ist unsere Mission hier, für den Frieden in unserem Land einzustehen. Für den Frieden auf der Welt. Unsere Sportlerinnen und Sportler werden für den Frieden kämpfen wie die Soldaten daheim in der Ukraine." Der ukrainische NPC-Präsident, Valerii Sushkevych, sagte: „Die Ukraine ist am Leben. Wir sind Teil der paralympischen Familie.“

Chancen auf einen guten Platz im Medaillenspiegel – und damit auf internationale Sichtbarkeit – haben die Ukrainer. Bereits bei den vergangenen beiden Winter-Paralympics waren sie unter den sechs besten Nationen. Und jetzt, da weder die Teams der Russen noch der Belarussen an den Spielen teilnehmen dürfen, sind die Erfolgschancen der Ukrainer noch besser.

Dem Ausschluss der beiden Nationen ist ein Schlenkern des IPC vorausgegangen: Am Mittwoch dieser Woche hieß es noch, beide Nationen dürften unter neutraler Flagge antreten. Doch nach massiver Kritik und vereinzelten Boykottanküdigungen durch Sportlerinnen und Sportlern, Athletenverbänden und mehreren NPCs schloss das IPC die beiden Nationen am Donnerstag von den Spielen aus.

Anzeichen von Protest gegen den Krieg sind bei der Parade nur wenige zu sehen. Die Tschechen formen mit ihren Fingern das Peace-Zeichen. Die Deutschen tun es ihnen gleich und nehmen zudem aus Solidarität mit der Ukraine vor dem Einlauf in das Stadion ihre Mützen ab. Beides ist allerdings nicht in den Fernsehbildern zu sehen. Nach der Parade verkündet der IPC-Präsident eine selbsterklärte Friedensbotschaft: Man solle sich doch an den paralympischen Frieden halten, das 21. Jahrhundert sei eine Ära von Frieden und Diplomatie, nicht von Krieg. Russland, Belarus oder gar die Ukraine erwähnt Parsons mit keinem Wort.

Max Fluder

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