zum Hauptinhalt
Der Pokal war für Hertha in dieser Saison ein Quell großer Freude. Hier feiern die Spieler ihren Sieg gegen den Hamburger SV.

© IMAGO/Jan Huebner

Pokal-Viertelfinale gegen Kaiserslautern: Hertha BSC und der große Traum

So groß waren die Chancen für Hertha BSC im DFB-Pokal lange nicht. Doch der zuletzt kriselnde 1. FC Kaiserslautern hat sich rechtzeitig vor dem Viertelfinale wieder gefangen.

Nüchtern betrachtet ist es das Duell des Tabellenzehnten der Zweiten Liga (Hertha BSC) gegen den Tabellenvierzehnten (1. FC Kaiserslautern). Aber wer kann schon nüchtern bleiben, wenn es um den Einzug ins Halbfinale des DFB-Pokals geht?

Das Olympiastadion ist an diesem Mittwoch (20.45 Uhr, live bei Sky) ausverkauft. „Es ist eine große Vorfreude da, auch dieses gewisse Kribbeln“, sagt Herthas Sportdirektor Benjamin Weber.

Im Halbfinale des DFB-Pokals standen die Berliner zuletzt vor knapp acht Jahren. Der Gegner im Olympiastadion hieß Borussia Dortmund. Favorit war Hertha damals nicht – und das Spiel selbst auch eine eher freudlose Angelegenheit. 3:0 hieß es am Ende für den BVB, die Berliner, ungewohnt zaghaft im Angesicht der großen Aufgabe, hatten nicht den Hauch einer Chance.

Und trotzdem denkt Benjamin Weber, seit dreißig Jahren Hertha-Fan und seit exakt einem Jahr Sportdirektor des Klubs, mit einem wohligen Gefühl an das Halbfinale im April 2016 zurück. „Die Atmosphäre allein war schon Wahnsinn“, sagt er. Und das werde sie auch an diesem Mittwoch sein, wenn die Berliner den Ligakonkurrenten Kaiserslautern empfangen.

„Man muss momentan nur durch die Stadt gehen“, hat Herthas Offensivspieler Florian Niederlechner dem „Kicker“ erzählt. „Es ist unglaublich, jeder spricht dich aufs Pokalspiel an.“ Das Duell mit seinem atmosphärischen Rahmen und seiner Bedeutung ist für die Berliner ohne Zweifel eines der wichtigeren der jüngeren Vereinsgeschichte.

6
Mal stand Hertha BSC im Halbfinale des DFB-Pokals, zuletzt in der Saison 2015/16

Auch, aber nicht nur finanziell. Für das Erreichen des Halbfinales gäbe es immerhin 3,44 Millionen Euro. Für die klamme Hertha wäre das ein ordentlicher Batzen Geld. Vor allem aber geht es darum, den Traum am Leben zu erhalten, der den Klub seit Jahren, ach was seit Jahrzehnten umtreibt: Einmal dabei sein, wenn im Frühjahr das Finale im Olympiastadion, im eigenen Wohnzimmer, ausgetragen wird.

Zum sechsten Mal in diesem Jahrtausend steht Hertha im Viertelfinale des Wettbewerbs. Nur einmal konnten sich die Berliner durchsetzen: in der Saison 2015/16 eben, als sie 3:2 beim damaligen Zweitligisten 1. FC Heidenheim gewannen und sich dadurch zum insgesamt sechsten Mal für das Halbfinale im DFB-Pokal qualifizierten.

In diesem Jahr erscheinen die Voraussetzungen günstig wie nie. Die üblichen Verdächtigen für den Pokalsieg (Dortmund, Bayern und Titelverteidiger Leipzig) sind schon ausgeschieden, und unter den letzten acht stehen nur drei Klubs aus der Bundesliga. Zu Hause gegen Kaiserslautern: Das ist – da ein Heimspiel gegen den Drittligisten Saarbrücken nicht möglich war – zudem das nominell leichteste Los, das Hertha hätte erwischen können.

Bis zum Wochenende schienen die Aussichten für die Berliner sogar noch ein bisschen rosiger zu sein. Sie waren seit zehn Pflichtspielen ungeschlagen.

Beim FCK hingegen rumorte es nach einer Serie von acht Niederlagen in der Liga gewaltig. Trainer Dimitrios Grammozis, erst seit Anfang Dezember im Amt, sah sich mit anonymen Gerüchten über eine angebliche Spielerrevolte und seine bevorstehende Entlassung konfrontiert.

Doch dann verlor Hertha am vergangenen Samstag beim Aufsteiger Wehen Wiesbaden 1:3, während die Pfälzer durch ein 4:1 gegen Schalke 04 einen weiteren Absturz verhinderten. „Lautern hat durch den Sieg ein bisschen Blut geleckt. Dieses Selbstvertrauen ändert halt alles“, sagte Herthas Co-Trainer Tamas Bodog, der bei der Pressekonferenz am Montag seinen erkrankten Chef Pal Dardai vertrat. „Die haben Wucht, die haben Körperlichkeit, die haben Schnelligkeit. Die sind schon gefährlich. Aber wir sind da.“

Der FCK hat sich personell neu aufgestellt

Das Aufeinandertreffen beider Mannschaften Anfang Dezember auf dem Betzenberg taugt dabei nur bedingt als Referenzgröße. Es war das erste Ligaspiel des FCK mit Grammozis als Trainer. Sein Team ging vor der Pause 1:0 in Führung – und verlor am Ende, in Unterzahl, mit 1:2.

Personell haben sich die Lauterer inzwischen neu aufgestellt. Sechs Spieler haben sie in diesem Winter verpflichtet, vier von ihnen kamen gegen Schalke zum Einsatz.

Zudem steht Mittelstürmer Ragnar Ache, der im Dezember gegen Hertha verletzt fehlte, wieder zur Verfügung. Acht Tore hat er inzwischen erzielt – in gerade 13 Einsätzen. Damit ist Ache deutlich gefährlicher als etwas Robert Glatzel vom HSV oder auch Herthas Haris Tabakovic.

Dank des Sieges gegen Schalke könne man „mit einer breiteren Brust nach Berlin“ fahren, sagt Grammozis. Zumal Hertha „einen Tick mehr Druck“ habe. Aber auch bei den Berlinern hat sich die Personalsituation entspannt.

Florian Niederlechner, der in der Liga gesperrt war, kehrt wohl ins Team zurück. Und auch Fabian Reese soll – wenngleich nur als Einwechselspieler – nach sechswöchiger Pause sein Comeback geben. Zuletzt ist er Anfang Dezember zum Einsatz gekommen: gegen den 1. FC Kaiserslautern.

„Wir erwarten nicht viel von diesem Spiel. Nur eine Sache: dass wir weiterkommen“, hat Herthas Co-Trainer Bodog vor dem Viertelfinale gesagt. „Mit den Fans zusammen kriegen wir das hin. Davon bin ich überzeugt.“

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false