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Einziger Höhepunkt. Franziska Hentke gewann die Silbermedaille.

© Jens Büttner/dpa

Update

Schwimm-WM in Budapest: Ein Malheur nach dem anderen

Statt Erfolge feiern zu können, bestimmten bei den deutschen Schwimmern wieder Verwerfungen und Pleiten die WM in Budapest.

Vor einem Jahr war Aliena Schmidtke drauf und dran, nach fünf Jahren in den USA nach Deutschland zurückzukehren. Der Lebensstil dort gefalle ihr momentan einfach besser, begründete die Schwimmerin aus Magdeburg ihren damaligen Entschluss – von dem sie dann jedoch wieder abrückte. Auch dafür gab es natürlich Gründe, und die legte sie gerade bei der WM in Budapest dar. Da ist zum einen ihr Arbeitgeber an der Ohio State University in Columbus, der ihr für die Ausübung ihres Sports alle Freiheiten lässt. „Aber“, sagte Schmidtke, „durch die vielen Veränderungen im deutschen Schwimmsport nach den Spielen in Rio war es auch ein bisschen riskant, nach Deutschland zurückzukehren.“

Die Umstände in der Heimat sind der 24-Jährigen offenkundig zu heikel, ihre beiden deutschen Rekorde über 50 Meter Schmetterling bei der WM legte sie als Dauerabtrünnige in den Pool. Am Ende blieb die Silbermedaille von Franziska Hentke der einzige echte Höhepunkt für die 14 deutschen Beckenschwimmer. Selbst Berufsoptimist und Bundestrainer Henning Lambertz sagte mit Blick auf die Weltspitze: „So richtig rangerückt sind wir noch nicht. Der Abstand ist noch so, wie er war. Aber das ist normal.“

Vergnügungssteuerpflichtig ist der Job des 46-Jährigen schon lange nicht mehr. Nach diversen Querschüssen von Trainerkollegen und der in Ungnade gefallenen Stuttgarter Schwimmerin Vanessa Grimberg, probte in der ungarischen Hauptstadt nun der Heidelberger Philip Heintz den Aufstand. Der 26-Jährige, mit einer Weltklassezeit über 200 Meter Lagen qualifiziert, wurde nur Siebter. In harschem Ton warf er Lambertz anschließend eine falsche und zu spät verkündete Jahresplanung, ständige Systemwechsel und Einmischung in das Training vor Ort vor.

Der Ton ist rauer geworden bei den deutschen Schwimmern

Der Ton ist rauer geworden bei den deutschen Schwimmern – die Strukturreform des DOSB, die konsequent und ausschließlich auf olympische Medaillen abzielt, hinterlässt tiefe Spuren. Diesen Zwängen unterliegt auch Lambertz, der allen Beteiligten für die restlichen drei Jahre bis zu den Olympischen Spielen in Tokio ans Herz legt: „Unsere große Hausaufgabe ist die Wiederholbarkeit von Leistungen.“

Denn die internationale Konkurrenz zeigte ein Jahr nach den Spielen von Rio wieder überragende Leistungen. US-Superstar Katie Ledecky merkte dank der Italienerin Federica Pellegrini zwar erstmals, wie sich ein zweiter Platz bei einer WM anfühlt, zu fünf Goldmedaillen kraulte sie trotzdem. Sogar noch zwei mehr ergatterte bei seiner WM-Premiere Ledeckys Landsmann Caeleb Dressel.

Stars wie die Schwedin Sarah Sjöström oder der Brite Adam Peaty bescherten der WM insgesamt elf Weltrekorde. Beim Deutschen Schwimm-Verband (DSV) musste Lambertz am Freitagabend währenddessen ein, wie es offiziell hieß, „freundschaftliches und konstruktives Gespräch“ mit dem aufsässigen Heintz führen. So standen im deutschen Lager doch wieder Verwerfungen und Pleiten im Vordergrund.

Marco Koch, immerhin als amtierender Weltmeister über 200 Meter Brust angetreten, riss vor seinem Halbfinale das Innenfutter seiner Badehose – und er schied aus. „Ich brauche vom Kopf her jetzt mal ein, zwei Wochen Pause“, sagte Koch. Die Berlinerin Lisa Graf, neben Hentke und Heintz die Einzige, die bei der WM-Qualifikation im Juni die harten Normen in der offenen Klasse erfüllte, sagte nach ihrem klaren Halbfinal-Aus über 200 Meter Rücken: „Dass die da vorne alle so schnell sind! Wahnsinn, was in der Schwimmer-Welt los ist.“ Und sogar der Silbermedaillengewinnerin Franziska Hentke passierte im Moment des größten Glücks ein Malheur: Nach der Siegerehrung knickte sie auf der letzten Stufe um und zog sich eine Bänderdehnung zu.

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