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Hält sich schon ganz gut. Markus Eisenbichler landete als bester Deutscher in der Gesamtwertung auf Rang sieben.

© imago/GEPA pictures

Nach der Vierschanzentournee: Die neue Hierarchie der deutschen Skispringer

Bei der Vierschanzentournee herrschte im deutschen Team ein leichtes Durcheinander: Der Beste stieg aus, dafür schlüpften zwei jüngere in neue Rollen.

Von Johannes Nedo

Zu zahlreichen Erfolgen hat Werner Schuster die deutschen Skispringer schon geführt. Bei den Olympischen Winterspielen 2014 in Sotschi gewann die Mannschaft Gold. Ein Jahr später wurde sie Team-Weltmeister. Außerdem holte Severin Freund den WM-Titel und den Gesamtweltcup. Ein Erfolg fehlt Schuster aber noch: In seiner achtjährigen Amtszeit beim Deutschen Skiverband (DSV) kann der Österreicher noch keinen Vierschanzentournee-Sieger vorweisen.

Im vergangenen Winter war Schuster mit Severin Freund ganz nah dran, Freund landete am Ende auf Platz zwei. Dieses Mal, bei der 65. Auflage der Serie, war Schuster mit den deutschen Skispringern wieder sehr weit weg vom Gesamtsieg, den am Freitagabend in Bischofshofen der Pole Kamil Stoch feierte.

Auf das Podest bei den vier Stationen schaffte es in dieser Saison kein Deutscher. Die beste Einzelplatzierung gelang Markus Eisenbichler in Garmisch-Partenkirchen mit Platz vier. Ein sehr ordentliches Ergebnis, ebenso wie der siebte Rang in der Tournee-Wertung, der den 25-Jährigen auch in dieser Kategorie zum besten Deutschen machte. Aber eben nicht der ganz große Wurf, auf den die DSV-Verantwortlichen bei der Tournee nun schon seit 15 Jahren und Sven Hannawalds Vierfach-Triumph warten.

So tat sich Schuster denn auch schwer mit seiner Bilanz. Jeder aus der Mannschaft hatte mindestens einen guten Wettkampf. Aber bei acht Sprüngen innerhalb von acht Tagen ist das eben zu wenig. Einen Springer für ganz vorne haben die Deutschen derzeit einfach nicht. „Das ist unbefriedigend“, sagt Schuster.

In den vergangenen Jahren war Freund stets der Garant für Erfolge. Doch der amtierende Doppel-Weltmeister erlebte die bitterste Tournee seiner Karriere. Nach zwei Springen stieg der 28-Jährige wegen eines grippalen Infekts aus, zuvor hatte er sich völlig außer Form gezeigt. So schlecht wie bei seinem 20. Platz in Oberstdorf und dem 21. Rang in Garmisch-Partenkirchen war er zuletzt vor fünf Jahren im Weltcup. Je nachdem wie sich Freund wieder erholt, will Schuster entscheiden, ob der Bayer vielleicht nach den Springen im polnischen Wisla am nächsten Wochenende wieder einsteigt.

Mit der Faust gegen die Bandentür im Auslauf

Die Lücke, die Freund gerissen hat, konnten seine Teamkollegen noch nicht schließen. „Wir sind in einer Umbruchphase“, betont Schuster. „Mal schauen, ob sich in der Mannschaft eine neue Hierarchie bildet.“ Eisenbichler und auch Stefan Leyhe rückten während der Tournee in neue Rollen. Beide zeigten mehr als gute Ansätze, und beide standen deshalb im Fokus wie nie zuvor. Aber um in der absoluten Spitzengruppe zu bleiben, fehlte dem überraschend starken Eisenbichler noch Konstanz und dem überraschend starken Leyhe noch Leichtigkeit.

„Markus hat das gut bewältigt“, sagt Schuster zu Eisenbichlers Gesamtleistung. „Am Ende war er nicht mehr so fit, wollte unbedingt alles probieren und agierte dann nicht mehr so selbstverständlich.“ Eisenbichler ärgerte sich am Freitagabend sehr über seine missglückten Sprünge und zeigte dies auch: Er schlug mit der Faust gegen die Bandentür im Auslauf. „Die Emotion muss bei ihm kurz raus, aber er muss aufpassen, dass er sich nicht verläuft“, sagt Schuster. „Er hat viel erreicht.“

Auch Leyhe kann mit der Tournee sehr zufrieden sein. Der 25-Jährige kam zweimal unter die besten zehn und wurde Achter der Gesamtwertung, der größte Erfolg seiner Karriere. „Stefan hat sich freigesprungen und bekommt mehr Selbstvertrauen“, sagt Schuster. „Aber er muss in der Luft noch mehr vom Handwerklichen ins Künstlerische übergehen. Es geht noch vorwärts bei ihm, er kann noch einiges leisten, muss dazu den Schub aber nutzen.“

Stagniert haben hingegen Andreas Wellinger und Richard Freitag. Dabei waren sie die beiden Athleten, von denen sich Schuster noch am ehesten erhofft hatte, dass sie Freund vertreten könnten. Freitag gelang in Bischofshofen sein bestes Tournee-Resultat mit Platz sechs, insgesamt wurde er Elfter. Für einen, der vor zwei Jahren bereits in Innsbruck gewonnen hatte, passt dies mit dem eigentlichen Potenzial aber nicht zusammen. Gleiches gilt für Wellinger. Der 21-Jährige gilt als größtes deutsches Talent, wurde schließlich aber nur 22. der Gesamtwertung. „Andreas musste eine harte Lektion lernen“, sagt Schuster.

Dennoch ist er davon überzeugt, dass Wellinger und Freitag wieder zu alter Stärke zurückfinden werden. „Sie werden noch zu sich springen und auf das Podest kommen“, sagt der 47-Jährige und setzt dabei auf die WM im Februar in Lahti. „Da hoffe ich, dass wir mindestens drei Athleten in Topform haben und nicht nur sechs in mittelmäßiger Form.“ Denn dann geht es um die nächsten großen Titel.

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