zum Hauptinhalt
Läuft nicht beim FC. Die Kölner verloren auch in der Europa League gegen Roter Stern Belgrad.

© Dragan Stankovic/dpa

Probleme in der Außendarstellung: Die Krise beim 1. FC Köln ist nicht nur sportlich

Der 1. FC Köln spielt erfolglos und kommuniziert katastrophal. Den Anfang nahm die Misere 2014 mit einem sinnlosen Markenslogan. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Mike Kleiß

Man kann über Stefan Effenberg sagen, was man will. Vor ein paar Tagen hat er den Nagel aber auf den Kopf getroffen, als er sagte: „Wenn man FC-Fan ist, kann man Angst haben, dass die Kölner wieder zu diesem Karnevals-Klub verkommen. Jetzt besteht die Gefahr, nicht nur sportlich abzustürzen, sondern auch in der Außendarstellung“. Effenberg deckt damit schonungslos die beiden wesentlichen Probleme des 1. FC Köln auf.

Das Management hat es seit 2014 nicht geschafft, die Mannschaft weiterzuentwickeln. So wird spätestens seit der Niederlage am Donnerstag in Belgrad klar: Die Qualität reicht derzeit weder für Europa, noch für die erste Bundesliga. Auf nahezu allen Positionen ist der Verein mit Spielern besetzt, die entweder ihre besten Tage hinter sich haben, oder aber mit Spielern aus der eigenen Jugend, die komplett überfordert sind.

2014 scheint das Schlüsseljahr für die Misere des 1. FC Köln zu sein. Hier entstand das Loch in der Weiterentwicklung, aber auch das Desaster der Außendarstellung hat hier seinen Ursprung. 2014 stellte Geschäftsführer Alexander Wehrle den neuen Vereinsslogan „Spürbar anders“ vor. Entwickelt wurde dieser nicht aus der DNA des Vereins heraus, sondern am Reißbrett. „Wir haben den Markenkern entstaubt. Er ist die DNA des Vereins. Der FC und seine Symbiose mit der Stadt Köln sind einzigartig. Aber man muss das erleben. Das alles steckt in diesem Slogan. Den wollen wir leben“, sagte er damals.

Nur Stöger hatte Verein, Stadt und Fans verstanden

Es gibt Marken, die benötigen keinen Slogan. Starke, große Marken machen sich damit sogar eher lächerlich. So kommen Nivea oder auch VW ohne künstliche Werbesätze aus. Und das gilt auch für den 1. FC Köln. Der neue ungeschickte Umgang mit Kommunikation und der Marke 1. FC Köln schlägt durch bis zur Auswahl des Präsidenten. Ähnlich künstlich wie die Kreation der Werbebotschaft wurde der jetzige Präsident Werner Spinner ausgewählt. Die Personalberatungsagentur Kienbaum brachte Spinner ins Gespräch. Einen Mann, der seine Fähigkeiten als Topmanager in der Wirtschaft stets bewiesen hat, dessen Herz jedoch nie erkennbar für den Verein schlug. Gefühlt hätte es auch jeder andere Bundesligaklub für ihn sein können, so wie der Slogan auch zu jedem anderen Verein gepasst hätte, oder auch zu jeder neuen Damenbinde.

Wo war Werner Spinner in den Wochen des totalen Chaos? Er tauchte ab. Nie zuvor machte sich ein Präsident derart rar, und überließ die Kommunikation seinem Vize. Das war in der Tat spürbar anders. Toni Schumacher lief völlig aus dem Ruder und schaffte es durch einen Alleingang, das Kommunikationsdesaster noch zu verstärken. Er zog über das Management bei Hannover 96 her, und verbockte so den Wechsel von Horst Heldt nach Köln. In der Verlängerung verlor man somit den Wunschkandidaten für den Neuanfang, und muss sich nun mit Armin Veh begnügen.

Einzig und alleine der gefeuerte Trainer Peter Stöger war spürbar anders. Wie kein anderer hat ausgerechnet ein Österreicher die Stadt, den Verein und seine Fans richtig verstanden. Nie zuvor haben sich Menschen mit einem Trainer in dieser Stadt derart identifiziert. Merke: Die stärksten Marken sind die, mit denen sich Menschen identifizieren. Deshalb war Peter Stöger ein Segen für den 1.FC Köln.

Doch anstatt Markenpflege zu betreiben, ging man ausgerechnet mit ihm spürbar anders um. Bereits einige Tage vor dem Entscheidungsspiel auf Schalke feuerte man Stöger. Das Management nahm in Kauf, dass das Herz der Marke vor dem Spiel von der Presse gegrillt wurde, und auch danach. So geht man nicht mit Menschen um, nicht mit einer Marke, nicht mit Kommunikation. Besser nicht, sonst wird es in der Tat spürbar anders.

Die Stimmung schlägt um

Und die Stimmung schlägt um. So schreibt „Ce Do“ auf der Facebook-Seite des Vereins: „Das ist also des Vorstands „Impuls“ gewesen. Vorab: Hört bitte auf davon zu reden, dass der Interims-Coach nicht genug Zeit hatte. Falsch. Hätte es ein Trainerproblem gegeben, wäre heute der Auftritt der Mannschaft ein völlig anderer gewesen. Aus dieser Truppe holt kein Trainer der Welt mehr raus. Die Verletztenmisere tut ihr Übriges. Lieber Vorstand, das war Ihr Eigentor. Was Sie am Sonntag erwarten wird, können Sie sich ausmalen. Treten Sie endlich zurück!“

Der Verein hat verlernt, die Sprache der Fans zu sprechen. Der Verein legt sich mit der Regionalpresse in Köln derart an, dass diese entsprechend reagiert. Und da wird es einfach nur noch persönlich. Auch hier versagt die komplette Außendarstellung. Der Interimstrainer gibt schon vor Stögers Entlassung bekannt, dass er sein Nachfolger wird. Ein kommunikatives Sodom und Gomorra. Ich erinnere mich an ein Treffen mit Jörg Schmadtke, 10 Tage bevor er sich vom 1. FC Köln trennte. Wir sprachen über die Kommunikation des FC. Ihm sagte ich: „Wissen Sie, was Sie unheimlich stark gemacht haben? Als sich Robert Enke das Leben nahm, waren Sie es, der da war. Der die Menschen, den Verein, die Presse, die Fans, ganz Deutschland umarmt hat. Sie waren ein kommunikatives Bindeglied. Sie schafften es mit Ehrlichkeit, Haltung und Klarheit, diese fürchterliche Situation zu meistern. Dafür muss man Ihnen bis heute dankbar sein.“ Damit hatte Jörg Schmadtke nicht gerechnet. Er war berührt. Und er zeigte es. Das war spürbar anders.

Ein Zitat von Lukas Podolski wurde aus diesem Text auf eigenen Wunsch nachträglich entfernt. Der Autor Mike Kleiß leitet eine Kommunikations- und Markenagentur in Köln.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false