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Helmut Sandrock (links) und Wolfgang Niersbach geraten weiter in Bedrängnis.

© dpa

Affäre um die WM 2006: DFB: Seilschaft im freien Fall

Die Spitze des Deutschen Fußball-Bundes gerät immer mehr in Bedrängnis. Die WM-Affäre ist zur Schlammschlacht geworden. Ein Kommentar.

Im Bergsport dient eine Seilschaft dazu, mehreren Personen beim Aufstieg zu helfen und sie gegen einen Absturz abzusichern. Ähnlich läuft es auch in anderen Sportarten, in der Wirtschaft und in der Politik. Im Verbund kommt man besser nach oben und kann sich auch länger an der Spitze halten. Gerät allerdings ein Teil der KletterGesellschaft wirklich ins Rutschen – oder sogar in den freien Fall –, kann sich auch der Rest der Seilschaft nicht mehr halten.

Wie so etwas in der Praxis aussieht, kann man gerade beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) beobachten. Der DFB ist in den vergangenen Jahrzehnten zu einem mächtigen Wirtschaftsunternehmen geworden, seine Strukturen sind allerdings nicht mitgewachsen. Auch aus steuerlichen Gründen ist der DFB immer ein Sportverband ohne externe Aufsicht geblieben. Dieses Betriebsklima begünstigte all jene Dinge, die nun ans Licht kommen: Mauscheleien, Schweigegelübde, Geheimabsprachen. Diejenigen, die aus Loyalität und Ehrgeiz lieber keine Fragen stellten, müssen nun selbst Antworten liefern. Und da diese Antworten weder der Öffentlichkeit noch privaten oder staatlichen Ermittlern genügen, verlieren die Spitzenfunktionäre den Halt.

Lange Zeit dachte die Seilschaft um den am Montag zurückgetretenen DFB-Präsidenten Wolfgang Niersbach, sie könne ihre Position auf dem Gipfel halten. Doch Niersbach ist gefallen und scheint nun auch seine engsten Mitarbeiter mitzureißen. Das enge Netzwerk, die Kultur des Mitwissens, Mitschwimmens und Stillhaltens, die beim Aufstieg so nützlich war, wird den Verantwortlichen zum Verhängnis. Bezeichnend ist, dass die DFB-Affäre von Beginn an von verletzten Eitelkeiten bestimmt war, die sich inzwischen zu einer richtigen Schlammschlacht entwickelt haben. Wie es eben läuft, wenn bei der Verteilung von Posten persönliche Beziehungen eine größere Rolle gespielt haben als fachliche Kompetenz.

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