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Marco Maier feiert seinen zweiten Platz im Rennen über sechs Kilometer.

© dpa

Marco Maier holt Silber bei den Paralympics: Das Rennen seines Lebens

Bei seinem Paralympics-Debüt sprintet Marco Maier mit Bestzeit zur Silbermedaille und lässt den Favoriten aus Frankreich hinter sich zurück.

An dieser Stelle berichtete das Team der Paralympics Zeitung, ein Projekt von Tagesspiegel und der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung. Alle Texte zu den Spielen rund um Peking finden Sie hier. Aktuelles finden Sie auf den Social Media Kanälen der Paralympics Zeitung auf Twitter, Instagram und Facebook.

Es war fast still im Skigebiet von Zhangjiakou. Und dann hörte man plötzlich, wie klar und deutlich „Medaille!“ vom Seitenrand aus gerufen wurde. Doch bis dahin war bei dem Rennen bei den Paralympics nichts entschieden. Der letzte Hang lag noch vor Marco Maier. Mit langen Schritten lief der 1,93 Meter große Biathlet den Anstieg hoch, sein Oberkörper arbeitete. Er kämpfte an gegen diese Strecke und die Windlotterie, 180 Kilometer nordwestlich von Peking. Wer den Böen trotzt, hier gut läuft und fehlerfrei schießt, der hat die besten Chancen auf die Medaillenränge im Rennen über sechs Kilometer. Marco Maier lief einwandfrei, schoss zehnmal ins Schwarze, hielt nach dem letzten Berg seine Position und sprintete zur Silbermedaille. Er pulverisierte seine Bestzeit, lief das Rennen seines Lebens: „Ich bin überglücklich, unglaublich, mir fehlen dafür noch die Worte“, sagte Maier im Anschluss seines Wettkampfs.

Trotz seiner souveränen Vorstellung bei seinem Paralympics-Debüt musste er zittern. Gegen seine Medaille wurde Protest eingelegt, da sich beim zweiten Schießen seine Feder zu sehr verbogen hatte. Die Jury entschied, ihn lediglich zu verwarnen. Es wäre beinahe ein weiterer Rückschlag in seiner noch jungen Karriere gewesen. 2014 startete er mit 14 Jahren zum ersten Mal bei einem Para-Weltcup-Rennen und wollte auf keinen Fall Letzter werden. Er verlor eindeutig gegen den starken Vladislav Lekomtsev aus Russland. Im Januar 2022 blieb Maier an den Fersen des siebenfachen Weltmeisters, gewann schließlich den Sprint beim Weltcup in Östersund, da Lekomtsev aufgrund einer Zeitstrafe zurückfiel. Es war sein erster Sprung auf ein internationales Podium und ein Zeichen in Richtung der Paralympics. Dass er überhaupt an den Start gehen durfte, war in den letzten Jahren nicht immer sicher. Seine Ausdauer und Kraft entwickelten sich gut, er sei sehr explosiv, sagte Bundestrainer Ralf Rombach über Maier, dem im Dezember 2016 die Starterlaubnis entzogen wurde. 

Wenn der Traum Realität wird

Maier fehlen aufgrund einer angeborenen Symbrachydaktylie die vorderen Glieder an drei Fingern seiner linken Hand. Laut den Klassifizierenden des Internationalen Paralympischen Komitees hätte er seine Behinderung mit einer Schleife ausgleichen und einen zweiten Skistock benutzen können. Das deutsche Team konnte die Entscheidung damals nicht nachvollziehen. Mithilfe eines medizinischen Gutachtens der Freiburger Uniklinik konnte das Urteil durch den deutschen Mannschaftsarzt Dr. Lars Meiworm widerlegt werden. Dazu kamen Rückenprobleme, die er aber mittlerweile im Griff hat. Erst 2018, kurz vor den Paralympics in Pyeongchang, konnte er in das Wettkampfgeschehen zurückkehren. Es blieb keine Zeit mehr, sich zu qualifizieren.

Aber Marco Maier griff weiter nach den Sternen. Schon mit 15 Jahren trainierte er im Freiburger Sportinternat, verließ dafür seine Heimat Blaichach im Allgäu und hat seitdem die „bisher geilste Zeit meines Lebens“. Mittlerweile studiert er in Furtwangen Wirtschaftsingenieurwesen, das Studium ist aber eher hintenangestellt, der Sport steht im Vordergrund. Er hat an seiner Ausdauer gearbeitet, musste technisch besser werden und an seiner Schießleistung arbeiten. Rumpf und Rücken müssen besonders stabil sein, damit es zu keiner Rotation durch die einseitige Belastung kommt, und die Beine arbeiten viel, um die Bewegung des Oberkörpers auszugleichen.

All die Arbeit, das Zurückkämpfen, das Dranbleiben und Durchbeißen, wenn sich immer wieder Hürden in seinen Weg gestellt haben, führten Marco Maier nun zu der verdienten Silbermedaille in seinem ersten paralympischen Rennen überhaupt. „Die Medaille bedeutet mir alles. Ich hätte nie damit gerechnet, dass der Wunsch tatsächlich Realität geworden ist“, sagte Maier. Bevor er sich auf die nächsten Wettkämpfe in Peking fokussiert, sei nun aber noch ein bisschen Zeit zum Feiern.

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